Über die teilweise haarsträubende Qualität von Powerpoint-Präsentationen an Tagungen habe ich mich hier ja auch schon (mehrfach) ausgelassen; ebenso wie über die einzige sinnvolle Reaktion darauf. Über den Einsatz von Powerpoint in der Lehre hingegen haben wir hier noch kein Wort verloren. Ich möchte ja glauben, dass an der Universität noch mit Kreide und Wandtafel hantiert wird – ich selber liebe ja Wandtafeln (die Studierenden hingegen scheinen mit meiner Schrift nicht ganz so glücklich zu sein). Seit es in dem Raum, in dem ich an der PH unterrichte, keine Wandtafel mehr gibt, muss ich mich wohl der Realität stellen, dass Powerpoint zum Standard-Lehrmittel geworden ist.
Hierzu passt der Eintrag „Slides and Chalks“ von Timothy Burke in seinem Weblog mit dem passenden Namen „easily distracted„. Er stellt, ausgehend von einer Klage einer Kollegin, die den überbordendenund zumeist missratenen Einsatz von Powerpoint in der Lehre beklagt, nur zwei Fragen: Wie oft wird eigentlich Powerpoint der Lehre eingesetzt, und ist es der Software anzulasten, wenn der Unterricht mit Powerpoint schlecht ist? Daran knüpft sich eine ungemein interessante Diskussion in den Kommentaren an, die vor allem darauf abzielt, dass man schlicht gewisse Grundregeln bei der Verwendung von Powerpoint beherzigen sollte, und eine Chance darin sieht, dass katastrophale Powerpoint-Präsentationen unausweichlich dazu zu zwingen würden, sich grundsätzlich über die Qualität der Lehre Gedanken zu machen – gerade auch in Grossveranstaltungen des Grundstudiums. Rhetorische Frage eines Kommentators:
Since when was Stanford (or any other big research uni) noted for the quality of its undergraduate teaching?
Die meiner Ansicht nach gelungenste Art der Powerpoint-Präsentation pflegt übrigens Kollega Haber: Er zeigt konsequent nur Überschriften und passende Bilder zu seinem Vortrag. Anhand zahlreicher Reaktionen von Tagungsteilnehmer/innen kann ich sage, dass das sehr gut ankommt.
Ich kenne viele Kollegen, die Powerpoint gar nicht verwenden, sondern einfach nur eine Gliederung oder ein paar Zitate in ein Word-Dokument packen und dann so durch den Beamer schicken. Inklusive Rechtschreibprüfungsmarkierungen.
Danke für die Blumen! Gerne verweise ich darauf, dass wir diese Art der Powerpoint-Präsentation vor Jahren gemeinsam entwickelt haben und ich einfach noch viel radikaler geworden bin in den letzten Jahren und mittlerweile nur noch Bilder und nur noch einen Begriff zur Gliederung zeige (das sieht dann zum Beispiel so aus). Das ist auch der Grund, weshalb ich meine Folien nach einem Vortrag grundätzlich nicht zum Download anbiete: Sie machen ohne meinen gesprochenen Text gar keinen Sinn.
P.S.: Bei Situationen wie in dem Bild, das Kollega Hodel ausgewählt (und selber gemacht?) hat, packt mich als Zuhörer übrigens regelmässig die Lust, einfach aufzustehen und den blöden Referenten, der mir seine miesen Folien so abliest, dass er nicht einmal zu mir schaut, mit seinen Folien alleine zu lassen. Ein Zumutung!
Also im Historischen Seminar der Uni Hannover haben wir sowohl Beamer als auch Tafeln in jedem Raum. Während bei den Studenten eher die exklusive Nutzung der Beamer eingefordert wird, werden sie bei den Lehrenden eher selten verwendet (so zumindest meine Erfahrung). Bilder und Dokumente werden meistens ausgeteilt oder müssen selbst kopiert werden, was sowohl Vorteile als auch Nachteile hat, aber um diese geht es ja hier nicht.
Was aber wirklich fehlt ist ein gewisser grundsätzlicher Aufbau, Tipps und Rahmenbedingungen, die beachtet werden sollten. Wie im Bild zu sehen ist, neigen die Folien oft dazu überladene Notizzettel zu sein und keine Unterstützung des Vortrags. Entweder lenkt man sich vom Referenten ab und ließt genau, was projiziert wird oder man ignoriert die Folie völlig.
Die Vorträge sind oft keine Synthese aus verbaler und visueller Kommunikation, sondern konkurieren miteinander. Sie dienen nicht als Leitfaden, sondern lenken ab oder langweilen.
Ich habe auch schon nach Powerpoint-losen Stunden die Reaktion erhalten, das sei eine Zumutung, einfach nur zu hören zu müssen – aber das war an einer Fachhochschule; ich habe immer mehr den Eindruck, dass dort schon ziemlich andere Verhältnisse herrschen als an den Universitäten und in der wissenschaftlichen Praxis, sprich an Tagungen.
Ich finde, dass wir als Lehrende einfach nicht auf jede Schnick-Schnack-Mode eingehen müssen. Wenn die Studierenden nicht mehr in der Lage sind, 45 Minuten zuzuhören, dann müssen nicht wir das Niveau entsprechend anpassen, sondern sollen die sich überlegen, ob sie hier am richtigen Platz sind.
Etwas anderes ist es, wie wir mit der Möglichkeit umgehen, dank Powerpoint und anderen Technologien neue performative Formen zu entwickeln. Wenn ich in meinen Vorträgen mit Hilfe von Powerpoint nur stichwortartig die Struktur meines Vortrages und auf einer visuell-assoziativen Ebene Bilder an die Wand projiziere, dann versuche ich eine neue Form zu entwickeln, die ohne Powerpoint nur sehr aufwändig zu realisieren gewesen wäre.
Was die beiden Typen da oben im Bild machen, ist die perfekte Demonstration der vollständigen Medieninkompetenz: a) ist es unabdingbar, bei einem Vortrag das Publikum anzuschauen (und weder das Manuskript noch wie hier die eigenen Folien) und b) ist es die völlig falsche Nutzung des Mediums Powerpoint, wenn man meint, dort den gesamten Text hinein kopieren zu müssen.
Man kann es, wie man am Vergleich von Fachhochschule und Universitäten sieht, nie allen recht machen. Genauso wenig, wie man jede neue Technik nutzen muss, nur weil sie neu ist. Aber es zeichnen sich ja gewisse Schnittmengen der sinnvollen Anwendung ab. Ich finde, es hilft vor allem Thesen, über die diskutiert werden soll, immer sichtbar zu haben. So entfernt man sich nicht weiter vom Ursprung als es gewünscht ist.
Andererseits ist zumindest bei uns seit der Einführung der Bachelorstudiengänge das exzessive Mitschreiben wieder ausgebrochen ist. Je mehr auf die eine oder andere Art projiziert wird, desto mehr wird erst einmal abgeschrieben. Dazu macht man sich im besten Fall dann noch Notizen zu dem was der Dozent sagt und schon ist die Zeit rum. Das führt dazu, dass oft gar nicht richtig verstanden wird, was der Dozent sagt und vor allem, dass keine Diskussion mehr zustande kommt, weil alle mit Schreiben beschäftigt sind. So dass die vielleicht gut gemeinte Menge an Text eher das Lernen blockiert, als es zu unterstützen.
Noch ein Bericht aus Hannover, aber diesmal aus der Sicht eines Lehrenden: Ich arbeite gern mit Beamer, aber selten mit Powerpoint (bzw. Keynote oder vorher OOImpress, und zwar fast nur in Vorlesungen). Für Seminare finde ich Freemind gar nicht schlecht, weil damit auch eine Art Tafelanschrieb realisiert werden kann. Gerade in Projektseminaren ist das kein schlechtes Instrument, zumal Freemind freie Software ist und plattformunabhängig eingesetzt werden kann. Und sonst reicht vielleicht ein schlichter Bildbetrachter wie Irfanview, um Bilder anzuzeigen und zu vergrößern, PP und Co. sind dafür gar nicht notwendig.
Übrigens finde ich die meiste Software nicht wirklich geeignet für Präsentationen: dieser leicht verschämte und verspannte Blick über die rechte Schulter auf die Leinwand könnte irgendwann zu einer Berufskrankheit werden. Im Ernst: wenn ich sehe, wie hoffnungslos orientierungslos Mauszeiger über den Bildschirm wandern, weil der Vortragende erst seine Dateien suchen und aufrufen muss (und zwischendurch Windows meldet, es sei gerade ein Update vorhanden, ein WLAN gefunden oder ähnlicher Quatsch),dann kommen mir Zweifel, ob das schon die Lösung sein kann. Mir geht es übrigens auch ab und an mal so …
Wobei man hier feststellen muss, dass Deine elektronische Unterstützung der Seminare aus der Masse herausragt 😉
Zum Thema Freemind: Ich hab auch schon gemerkt, dass das ein Seminar sehr gut unterstützen kann, wenn man Art visuelles Resumé innerhalb des Seminares zusammen erstellt. Dann muss die Bedienung aber auch gelernt sein, so dass man nicht, wie in deinem Beispiel, zu viel Zeit mit Suchen verbringen muss. (Mir ging das auch so, als ich den Laptop wechseln musste, da meiner und der Beamer sich gerade nicht einig wurden).
Sehr einverstanden mit diesen Bemerkungen. Ich finde es vor allem sehr sinnvoll, dass man zwischen Vortrag (Vorlesung) und Seminar (Workshop) unterscheidet. In einem Vortrag will ich 45 (heute meistens eher nur 20 oder 30) Minuten im Rahmen eines linearen Narrativs etwas erzählen. Das mache ich mit Sprache und die wird alleine durch meine Stimme vermittelt. Ergänzend setze ich Bilder ein, die bestimmte Zusammenhänge visualisieren etc. Die Stichworte, die ebenfalls im Powerpoint enthalten sind, sind eher für mich …
Ganz anders ist die Situation in einem Workshop/Seminar: Da geht es um eine Diskussion und da arbeite ich oft mit unserem Wiki, wo ich versuche, die Essenz der Diskussionen gleich festzuhalten, Fragen zu notieren etc. Freemind kenne ich nicht, aber das tönt nach etwas Vergleichbarem.
Und noch ein Satz zur Mensch-Maschinen-Kommunikation bei Vorträgen. Es ist eine Risikoabwägung: Nehme ich meinen Rechner mit, den ich kenne und riskiere ich, dass er sich mit dem Beamer nicht versteht? Oder nehme ich den vorhandenen Rechner und riskiere ich, dass ich mit ihm nicht klarkomme? In der Regel entscheide ich mich für die erste Variante. Aber nie und nimmer mit einer Windows-Maschine. Obwohl ich kein Freund von Mac und OS X bin – bei Präsentationen unterwegs ist das die einzig sichere Variante!
Freemind ist eigentlich nur ein Programm, um sehr einfach Mindmaps zu erstellen. Ich habe es noch nicht sehr oft in Seminaren gesehen. Vor ein paar Tagen haben wir damit während einer Diskussion eine Grafik zur Qualitätskontrolle bei der Internetrecherche gemacht. Das hat die Studenten dazu bewogen die Aspekte wirklich auf den Punkt zu bringen. Außerdem konnte man Anhand der Mindmap direkt Prioritäten gut darstellen. Ansonsten gehöre ich aber eher zu den Mindmap-Skeptikern, weil es in der Lehre teilweise als Allheilmittel angepriesen wurde, ohne eine gewisse Qualitätskontrolle (wie bei Powerpoint).
http://de.wikipedia.org/wiki/FreeMind
Und was die Mensch-Maschine-Kommunikation angeht: Mit meinem Windows XP Laptop hatte ich auch ab und zu Probleme, mit Vista hat aber alles immer geklappt. Aber ich bin vor ein paar Tagen auf ein MacBook Pro umgestiegen und damit gleich das erste mal auf die Nase gefallen. Das war aber meine Schuld, in dem Moment als ich das MacBook anschließen wollte, fiel mir auf, dass es keinen VGA Anschluß hat, sondern eine DVI. Hätte ich doch nur den Adapter mitgenommen…