Aus der Welt der Wikis: Siemens „korrigiert“ Wikipedia

Mittlerweile ist es nur noch ein Kleinmeldung wert, wenn Chefs ihre Mitarbeiter den sie betreffenden Eintrag in Wikipedia korrigieren lassen (beispielsweise Abgeordnete des US-Kongresses). Neuster Fall: Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, Klaus Kleinfeld. Immerhin geben sich die Siemens-Mitarbeiter beim Versuch, die Firmenversion durchzudrücken – will sagen, zu editieren – als Angestellte der Firma zu erkennen. Was auf den ersten Blick etwas gar naiv-ehrlich erscheint, ist doch ein Hinweis darauf, dass auch das „Big Business“ den Image-Wert eines Wikipedia-Eintrages erkannt hat. Zuerst kommen die offen agierenden Mitarbeiter, später vermutlich von Spin-Doctors eingesetzte „Freiwillige“ – irgendwann wird eine Firma versuchen, sich das Editionsrecht zu Artikeln, die sie betreffen, vor Gericht zu erstreiten. Das klingt jetzt zynisch und plutokratisch-kulturpessimistisch – doch immerhin ist die Wikipedia-Community noch in der Lage, sich diesen Beeinflussungsversuchen zu widersetzen.

Schliesslich ist die Geschichte auch ein schöner Beleg für ein Argument, das in der Besprechung meines Referates an der hist06 Erwähnung fand.

Genau diese minutiöse Buchführung der Wiki-Systeme über sämtliche Veränderungen könnte ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz von Kollektiv-Autorschaften in den Geisteswissenschaften werden. Wenn der Anteil eines jeden Autors an einem Text stets transparent ist, fällt vielleicht auch der Verzicht auf die alleinige Autorschaft nicht mehr so schwer. (Daniel Burckhardt)

Zwar geht es beim Beispiel von Siemens-Chef Kleinfeld weniger darum, dass die Autoren ihre Ansprüche auf die Autorschaft abtreten. Doch die Transparenz des Schreibprozesses ist ein Aspekt von Wikis, die sie zu einem interessanten Gegenstand für die Historische Online-Kompetenz machen. Die kompetenten Leser/innen können sehr wohl ausfindig machen, welche Teile eines Textes von welchen Autor/innen stammen. Und sie können darauf vertrauen, dass ihre Anteile auch kenntlich werden und bleiben.

Literatur?

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