Ich muss ja (schon wieder) vorab um Verzeihung bitten: Ich ahne ja schon das leicht irritierte Stirnrunzeln von Kollega Haber, der sich mit ernsthaften Fragen rund um die wissenschaftliche Nutzung digitaler Medien in den letzten Einträgen verdient gemacht hat – aber wenn ich erstmals seit 10 Jahren wieder in einem öffentlichen Nahverkehrsmittel versuchen muss, meine Lachanfälle so gut es geht zu unterdrücken, weil die Leute schon komisch gucken, und mir verschämt die Tränen aus den Augen wische, dann halte ich das Buch, das diese Lachschüttelkrämpfe verursacht hat für wert, in unserem Blog Erwähnung zu finden. Zumal der Titel – wenn auch etwas irreführend – durchaus passt (und auch der Grund für meinen Kauf war…)
Schon der Titel zeigt, wo’s lang geht: Das Buch strotzt nur so von witzigen-skurrilen Einfällen zur Beschreibung des ganz alltäglichen Wahnsinns, von denen man denkt: ja, das hätte mir in einem guten Moment auch einfallen können – nur leider hatte man den guten Moment nie. Kostprobe für die digitalen Nomaden (in guter alter Handarbeit abgeschrieben):
„Freitag morgen. Renne durch die Wohnung und suche meine Mütze. Will nicht ohne Mütze raus. Es ist zu windig. Würde mich erkälten. Aber verdammt, wo ist sie nur?
Ah, mit dem Suchen und Wühlen wird das nix. Setze mich an den Computer und google nach der Mütze. Zack, da ist sie schon! Der Google-Link leitet mich weiter zu YouTube, und mit ein paar Klicks bin ich bei meinem eigenen Videostream. Seit ich mich immer beim Nachhausekommen filme und dann den kleinen Film sofort bei YouTube ins Netz stelle, spare ich viel Zeit. Zeit, die ich sonst immer fürs Suchen von Mütze, Schal, Schlüssel, Schirm oder Schuhen gebraucht habe. Ich gucke mir einfach am nächsten Morgen bei YouTube meinen Videostream vom Nachhausekommen an, und rumms! kann ich genau sehen, wo ich alles hingeschmissen habe. Was habe ich früher nicht alles ständig gesucht, aber jetzt kann ich genauso einfach, schön und unkompliziert leben wie alle anderen auch. (…) Oh nein, ich hatte die Mütze beim Nachhausekommen gar nicht auf. Ich muss sie schon in der Kneipe liegengelassen haben. Aber in welcher?
Ah, so ganz und immer hilft einem die moderne Technik eben doch nicht weiter. Irgendwann stösst sie an ihre Grenzen. Da muss wohl heute Nacht ich alte Suchmaschine selbst noch mal ran und durch alle Kneipen gucken.“
Wie oft ging mir in letzter Zeit genau der Gedanke durch den Kopf, als ich den verflixten Scan von Artikel X oder von Aufsatz B nicht mehr fand. Da musste ich alte Suchmaschine eben selbst noch mal dahinter. Jaja, wie wahr.
Genauso wie der Einstieg in meinen Lieblings-Beitrag, der den Titel „Intelligente Haushaltsgeräte“ trägt, und sich zwar nicht um meinen Todfeind, der mitteilsamen Kaffeemaschine, aber dafür um einen schlauen Wasserkocher dreht, aber zunächst ein ganz allgemeines Lebensgefühl beschreibt:
„Sitze morgens in der Küche und habe das Gefühl, meine Zeitung ist wohl noch nicht so richtig wach. Zumindest redet sich sich wieder so ein wirres Zeug zusammen.“
Genau.
Literatur
Evers, Horst: Mein Leben als Suchmaschine. Frankfurt a. M.: Eichborn 2008
Kollega Haber ist nur deswegen leicht irritiert, weil er sich einfach nicht ganz sicher ist, wann genau er hätte laut loslachen müssen, schlimmer noch: er hat den Eindruck, noch gar nicht kapiert zu haben, um was es bei diesem Buch genau geht.
Ääähm…?? – Ach! Haha. Gut gekontert. Fast hättest Du mich erwischt! Einen kurzen Moment glaubte ich, Du meinst das ernst. Sehr gut!