Second Life und Legowelten

Vermutlich gibt es noch keine Untersuchung darüber, wie Lego die Generation der heute Vierzigirgendetwasjährigen geprägt hatte. Geprägt in der räumlichen Wahrnehmung, geprägt aber auch in den farblichen Präferenzen (die Welt der Lego-Steine bestand aus lediglich sechs oder sieben Farben) und geprägt vor allem in der Vorstellung von der Konstruierbarkeit der Welt.

Ich auf jeden Fall war ein Lego-Kind und konnte mir die Welt immer wieder neue zusammenbauen aus den paar Kisten kleiner Plastic-Klötzchen, die sich im Laufe der Jahre in meinem Kinderzimmer angesammelt hatten. Die Lego-Welt, meine Lego-Welt, war mein Second Life. Aber mein Second Life war zergänglich. Das Neue entstand immer nur aus dem Alten (mit Ausnahme der periodischen Legostein-Zuwäche an den Geburtstagen). Meine Lego-Welt war zutiefst a-historisch, hatte keine Genealogie und kein Gedächtnis.

Das Archiv dieser Welt existiert nun, Jahrzehnte später, in Form von einem dicken Umschlag voller Prospekte. Keine Ahnung, was mich bewogen hat, diese zerrissenen Blätter aufzubewahren.

In Second Life gibt es kein Archv und es gibt meines Wissens auch keine Historiographie, die sich mit dem Leben in Second Life beschäftigen würde. Was wird von Second Life übrig bleiben in dreissig, vierzig, hundert Jahren? Wie wird Second Life das Farbempfinden und das Gefühl für Räumlichkeit der heranwachsenden Generation prägen? Wird die Idee der Konstruierbarkeit von Welt auch mit Second Life vermittelt werden? Und wie werden sich die unterschiedlichen Zeitschichten in Second Life manifestieren? Die Second Lifes der Gründergenartionen und der Spätergeborenen? Und was werden die Historikerinnen und Historiker in 500 Jahren über Second Life erfahren können?

2 Gedanken zu „Second Life und Legowelten“

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