Die Rezension des Sammelbands „Digitales Gedächtnis – Archivierung und die Arbeit der Historiker der Zukunft“ (Chronos Verlag 2004, basierend auf einer Tagung des Schweizer Vereins Geschichte und Informatik von 2003), die ich kürzlich bei der Online-Zeitschrift Sehepunkte fand, machte mich wieder aufmerksam auf jene Seite beim Suchen, Finden und Auswerten von Informationen, auf welche die Online-Kompetenz nicht so viel Einfluss hat: welche Daten denn auch tatsächlich (noch) auffindbar sind. Während die Suchmaschinen Mühe haben, alle aktuellen Inhalte des Webs zu verzeichnen, und Forscher seit längerem keinen ernsthaften Versuch mehr gemacht haben, das Verhältnis von in Suchmaschinen erfassten und tatsächlich vorhandenen Informationen auch nur zu schätzen (ein letzter Versuch stammt schon aus der Internet-Steinzeit: von 1998 durch Steve Lawrence und C. Lee Giles), ist kaum etwas bekannt über die Zahl von Informationen die jede Sekunde still und heimlich aus dem Internet verschwinden.
Das Projekt „archive.org“ macht sich zur Aufgabe, dass gesamte Internet zu archivieren. Doch stellt sich auch mir, wie der Rezensentin von Digitales Gedächtnis dei Frage: Was ist mit dem Vergessen? Stefanie Krüger: „Ausser den Hinweisen auf die unterschiedlichen Gedächtnisformen und der Notwendigkeit eines „organisierten Vergessens“ als einer Kernkompetenz der Archivfachleute (68), scheint der Blick bei den anderen Autoren eher nur Null oder Eins zu kennen, den einen oder anderen Zustand: entweder den Supergau des Datenverlustes beim Plattencrash oder die Gigantomanie einer möglichst vollständigen Sammlung jedweder Information.“
Immerhin sollte man das Vergessen nicht einfach dem Versagen von Festplatten und dem Konkursverfahren von Internet-Providern überlassen. Doch welcher Provider ist denn schon gefeit vor Übernahmen und Reorganisationen für die nächsten, sagen wir, 40 Jahre? Wer sich überdies ärgert über den Umstand, dass alle „Gratis“-Hosting-Angebote mit Einschränkungen verbunden sind, wenn man grössere Dateien (etwa bei Podcasts) ins Netz stellen will, sollte sich mal „Ourmedia.org“ anschauen. Hierbei handelt es sich um ein Non-Profit-Projekt, dass den Nutzern unlimitierte Datenspeicher-Platz auf Lebenszeit zusagt. Zu schön um wahr zu sein? Das Projekt scheint seriös, es arbeitet mit archive.org zusammen und erhielt bislang (etwa von CNET) gute Kritiken.