Schweizer Archive online! (zum Teil)

Seit heute ist (wie die u.a. die NZZ unter dem etwas hochtrabenden Titel des „Quantensprungs“ gestern berichtete) das Schweizerische Archivportal unter der leicht irreführenden Adresse „archivesonline.org“ erreichbar: Das Portal bietet nämlich primär eine Meta-Suche über die Findmittel der vier Staatsarchive in Basel, Thurgau, Zug und Zürich sowie des Archivs für Zeitgeschichte. Es sind also nur ausgewählte Archive der Schweiz zugänglich und (trotz der Rede von Volltext) kann kein Archivmaterial online im Original eingesehen werden. Die Alternativ-Adresse „archivportal.ch“ gibt das Angebot doch etwas besser wieder. Doch wir wollen nicht meckern, sondern freuen uns über die Initiative der beteiligten Archive, die eine wesentliche Vereinfachung bei der archivübergreifenden Recherche darstellt und der sich hoffentlich bald – wie geplant – weitere Archive in der Schweiz (und anderswo) anschliessen mögen. Eine Übersicht über weitere archivische Meta-Suchen haben die Kollegen bei archivalia aus Anlass der Eröffnung von archivesonline.org publiziert.

3 Gedanken zu „Schweizer Archive online! (zum Teil)“

  1. Feststeht: Seit dem 13. Juli gibt es ein vom technischen Ansatz her neuartiges und aus Bedienungssicht einfaches Archivportal – auf dem neben den fünf gegenwärtigen recht schnell weitere Archive suchbar werden.
    Ein paar kleine Bemerkungen zu den Ausführungen von Jan Hodel:
    1. archivesonline ist keine „leicht irreführende“ Adresse: Mehrere Archive stellen ein Werkzeug ins Netz, das die gleichzeitige Suche in deren Online-DB’s erlaubt. Das Tool ist so konstruiert, dass jederzeit weitere Archive dazu kommen können, selbstverständlich und hoffentlich auch nicht-schweizerische. Sobald sich das erste ausländische Archiv am Portal beteiligt (aller Voraussicht nach 2011), wäre die Extension „.ch“ irreführend. Das wollten die Träger des Projekts von Anfang an nicht. Und sie wollten vor allem nie ein „nationales“ Portal, umso weniger, als es andere Archivportale, die Landesgrenzen überschreiten, noch nicht gibt.
    2. Selbstverständlich gewähren Archive primär Zugriff auf ihre Findmittel. Das war analog so und wird digital so bleiben. Worauf sollen sie denn sonst primär Zugriff gewähren?
    3. Auf Archives online sind aber auch Volltexte such- und findbar. Z. B. im Staatsarchiv Zürich diejenigen der Regierungsratsbeschlüsse (http://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/archivplansuche.aspx?ID=326441) und Kantonsratsprotokolle, die sukzessive aufgeschaltet werden (bis Projektende 2015 alle frei zugänglichen Beschlüsse seit 1803). Neben den digitalen Volltexten trifft, wer die entsprechenden Metadaten sucht, in Basel auf Bilder (BALAIR, Spelterini etc.), im AfZ auf Töne und im StAZH auf Pläne, die online verfügbar sind.
    4. Zentral ist neben dem supranationalen der technische Ansatz, mit dem sich Archives online von (allen?) anderen Portalen unterscheidet: Archives online greift nur auf die online verfügbaren Daten zu, die die einzelnen Archive ohnehin pflegen. Es gibt also keine eigene DB im Hintergrund, sondern nur die aktuellsten Daten der Archive selbst.

  2. Feststeht: Es ist erfreulich, aus berufenem Munde (nämlich vom Projektleiter selbst), einige, wie mir scheint, zentrale Erläuterungen zum Projekt zu erhalten, die auf der Website selber leider bislang fehlen: sowohl zur geplanten Beteiligung ausländischer Archive (im NZZ-Artikel war noch von erhoffter Beteiligung die Rede), wie auch zum bereits jetzt möglichen Zugriff auf digitalisierte Bestände in den angeschlossenen Archiven. Ob man nicht auch etwas kleiner mit einer Schweizer Bezeichnung, bzw. Adresse hätte starten und nach der Einbindung internationaler Kooperationspartner auf den ambitiösen Titel „archivesonline“ hätte wechseln können – ist wohl Ansichtssache. Und: so klug der Entscheid, die Datenbestände der beteiligten Archive durch eine Metasuche zu bündeln, und so gelungen auch die Umsetzung in einer einheitlichen Darstellung der Suchergebnisse – so neu ist das nicht. Auch Clio-Online stellt die angebotenen Daten aus den beteiligten Partner-Institutionen in ähnlicher Weise zur Verfügung.

  3. Fest steht: Da scheinen nun doch einige Missverständnisse vorzuliegen und so erlaube ich mir, etwas Struktur in die Geschichte zu bringen:

    Zum einen wird hier ein NZZ-Artikel diskutiert, der – naturgemäss – nicht einen Fachdiskurs widerspiegelt und in dem Ausdrücke weniger präzise verwendet werden, als das in einem Fach-Weblog der Fall sein sollte. Mit Volltext kann selbstverständlich nur der Volltext der archivischen Findmittel gemeint sein. Eine Volldigitalisierung im Sinne einer vollständigen Digitalisierung des Archivmaterials gehört ins Reich der Phantasie und ist eigentlich schon seit geraumer Weile (siehe Duderstadt) ausgeträumt.

    Zum anderen ist der Vergleich mit Clio-online.de ist auf jeden Fall falsch: Falls der Subject Gateway-Teil von Clio-online.de gemeint sein sollte, ist die Architektur eine komplett andere, falls aber die verteilte OPAC-Suche im Rahmen von Clio-online.de gemeint war, ist die Datenstruktur in keiner Weise mit einer Findmittel-Metasuche zu vergleichen. Bedauerlich aber ist, dass man – wenn ich nichts übersehen habe – über genau diese technische Konzeption von archivesonline.org auf der Website wenig erfährt. Den Hinweis, dass als Grundlage der Retrievalstandard SRU/CQL verwendet wird, fand ich nur auf der Seite des Staatsarchivs Basel-Stadt. SRU steht für «Search/Retrieve via URL» und ist eine Art indirekte Nachfolge des bekannten Z39.50-Protokolls. CQL hingegen steht für «Contextual Query Language» und stellt die dazugehörige Abfragesyntax dar.

    Und schliesslich: Ich würde, lieber Jan, in Sachen «falscher» TLD nicht mit allzu grossen Steinen aus dem Glashaus werfen, denn «hist.net» wäre nach Deiner Logik dann nicht minder irreführend.

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