1000 Artikel in 5 Jahren weblog.histnet – der Anfang vom Ende oder das Ende vom Anfang?

Was vor 5 Jahren als bescheidener Selbstversuch begonnen hat, hat vor kurzem eine beachtliche Marke erreicht. Unser Weblog, gestartet am 25. September 2005 mit dem obligaten Eröffnungspost zur Frage «warum dieser Blog?», hat gestern den 1000. Artikel publiziert – verfasst von Kollega Haber, der mich mittlerweile in punkto Publikationsfleissigkeit und Publikumsinteresse auf diesem Weblog ((in anderen Bereichen gab es nix zu überholen)) schon seit geraumer Zeit überholt hat, und sinnigerweise inhaltlich den Umstand betreffend, dass wir in den Wissenschaftsblog-Charts auf Rang vier vorgestossen sind.

Es gäbe nun verschiedene Möglichkeiten, dieses Jubiläum zu begehen: Einen Rückblick mit den herausragenden Blogposts der letzten Jahre – den längsten, den am meisten diskutierten, den schönsten, den witzigsten usw. – vielleicht ein Wettbewerb, um einen solchen Beitrag durch unsere Leserschaft küren zu lassen (Vorschläge können im Kommentar angebracht werden), Offline-Feierlichkeiten verschiedener Ausprägungen, eine Festschrift oder ein Online-Denkmal. Oder die Einstellung des Weblogs.

Was hier wie eine Provokation daherkommt, verweist auf eine grundsätzliche Frage, der wir uns (wie angekündigt) auf einem Workshop im November widmen wollen: Ist das Erreichen der 1000er-Marke ein Zeichen für die Etablierung des Formats Weblog in den (Geschichts-) Wissenschaften? Oder zeichnet sich hier bereits der Abschied von diesem Medium ab? Unser Gastreferent Mills T. Kelly aus den USA kündigt beispielsweise seine Überlegungen hierzu mit dem anregenden Titel «If I stop blogging, what will you tweet about?» an.

Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass Tweets auch in der (Online-)Wissenschaftskommunikation an Bedeutung gewinnen: Ist das der nächste Trend, der die Weblogs ablöst – oder sie ergänzt? Marc Scheloske weist darauf hin, dass bei den Blog-Charts neuerdings auch Tweets, bzw. Tweet-Links berücksichtigt werden. Hier verbinden sich also die Twitter-Kurzmeldungen mit den (auch nicht gerade sehr ausführlichen) Blogposts. Wiederum Scheloske meinte im Mai 2009 hierzu:

Immer mehr Wissenschaftler (und auch wissenschaftliche Institutionen) haben in den letzten Monaten Twitter für sich entdeckt. Kurze Links und Lesetipps werden inzwischen hauptsächlich dort publiziert; die Anzahl der Trackbacks in den Blogs geht zwangsläufig zurück. Dieser Trend ist in meinen Augen bedauerlich, da gerade zu wissenschaftlichen Themen die Beschränkung auf 140 Zeichen doch arge Verkürzungen notwendig macht.

Die Diskussion sei eröffnet: Braucht es noch Weblogs – und wenn ja, wozu? Ist die Zeit der Weblogs abgelaufen, oder kommt sie jetzt erst recht? Antworten und Meinungen hierzu in den Kommentaren oder am (wiederholt erwähnten) Workshop am 12. November in Basel.

4 Gedanken zu „1000 Artikel in 5 Jahren weblog.histnet – der Anfang vom Ende oder das Ende vom Anfang?“

  1. Hallo und herzlichen Glückwunsch!
    Ich halte es mit einem kleinen Blick in die Mediengeschichte: Das Fernsehen hat das radio nicht vollends abgelöst, genausowenig wie das Internet-TV das Fernsehen oder das eBook das gedruckte Buch mit wehenden Fahnen das gedruckte Werk den Garaus macht. (Vielleicht lehne ich mich mit letzterer Aussage, aufgrund der zeitlichen Nähe zu weit aus dem Fenster..). Ich glaube ,alle Medienformen werden hübsch nebeneinander existieren, welches das „Leitmedium“ sein wird, bleibt dahingestellt. Möglicherweise wird es etwas derartiges aufgrund der
    Pluralität der Möglichkeiten gar nicht mehr geben… (Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die Vinyl-LP wieder so populär werden wird, ungeachtet von MP3-Files & Co.?)
    Was das Medium Weblog betrifft, so bin ich froh, dass das Publizieren vieler vieler kurzer Linkhinweise mit Twitter & Co. einen geeigneten Dienst gefunden hat. Ich habe den Eindruck, dass das Weblog damit (wieder) mehr den Charakter und Möglichkeiten als Reflektionsmedium ausspielen kann. Es ist halt die Frage, ob sich die Akteure die Zeit / Muße zum (öffentlichen) Reflektieren nehmen (werden) und damit eine Frage von Kommunikationskultur, sei es in der Wissenschaft oder anderweitig. Das Weblog selbst ist nur ein Instrument, ein Mittel dazu. Ich selbst habe es zu schätzen gelernt…

  2. Spannend! Ich versuche mal stichwortartig zu reagieren, ein längerer Beitrag folgt dann in passender Form: Das Theorem der nicht-verschwindenen Medien, wie ich es einmal nennen möchte, scheint sich auch hier zu bestätigen. Also: Alte Medien verschwinden in der Regel nicht, wenn funktionsäquivalente neue Medien auftauchen, vielmehr geschieht eine funktionale Ausdifferenzierung. Weblogs verlieren also den Charakter des Mitteilens/Tagebuches und werden mehr zum diskursiven Medium (ganz im Sinne der Habermas’schen Kommunikationstheorie). Gleichzeitig aber – und das ist das gegenläufige Moment – beobachten wir einen Trend zur Angleichung von „klassischen“ News-Medien und Weblogs. Oder anders gefragt: Was unterscheidet die NYT von einem Weblog? Dies hat wohl Benedikt Köhler dazu veranlasst, an der Buchmesse an einer Veranstaltung zum Thema Slow Media vom nahenden Ende der Blogosphäre zu sprechen. Nicht ganz unberechtigt, wie ich finde. Aber wie gesagt: mehr dazu demnächst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert