Das Interessante am Web und besonders am Web 2.0 ist m.E. seine Funktion als Marktplatz von Fragen und Antworten an, über und aus der Geschichte. Da sieht ein Regisseur ein Filmchen aus dem Jahre 1928, das aus dem Bonus-Material von Charlie Chaplins „Circus“ stammt, und sieht in diesen bewegten, unscharfen Schwarzweiss-Bildern eine Frau, die sich etwas ans Ohr hält und vor sich hinspricht (siehe obigen Youtube-Film). Ein Mobiltelefon? 1928? Wie kann das sein? Es gibt natürlich nur eine logische Erklärung: Die Frau ist durch die Zeit gereist! Allerdings schon etwas unvorsichtig von ihr, telefonierend bei der Premiere eines Hollywood-Schlagers (damals ist das Filmchen gedreht worden) an den damals wohl wenig diskret platzierten und auffälligen Kameras vorbei zu spazieren. Hat sie die allgemeinen Hinweise zum korrekten Verhalten in der bereisten Zeit nicht beherzigt, die die Zeitreise-Agentur ihr zur Unterschrift vorgelegt hat? Wo sie sich doch bei der Kleidung so sehr um Authentizität bemüht hat!
Und überhaupt – mit wem telefoniert sie eigentlich? Mit ihrem Mann: „Wo zum Teufel steckst Du, wir hatten uns doch 1928 verabredet“; oder mit der Freundin „Kommst Du auch nächsten Samstag zum Wiener Kongress?“ Wie funktioniert das eigentlich mit der Übertragung des Gesprächs? Muss der Gesprächspartner sich in der gleichen Zeitzone befinden? Muss man Roaming-Gebühren bezahlen? Reisen die GSM-Funkwellen auch durch die Zeit zu einer Mobilfunkantenne im, sagen wir, Jahre 2001, und von dort wieder zum anderen Zeitpunkt in der Vergangenheit zurück? Da sind doch noch einige Fragen zu klären. Da hat die Online-Redaktion des Tagesanzeiger noch etwas zu leisten. Immerhin scheint sie belegen zu können, dass es sich um ein Mobiltelefon handelt. Das jedenfalls entnehme ich der Aussageform im Titel und im Text.
Im Netz kursieren natürlich auch abwegige und unlogische Erklärungen dieser Erscheinung. Dass es sich gar nicht um ein Mobiltelefon, sondern um ein Hörgerät handle, das Siemens im Jahr 1924 oder Western Electric 1925 auf den Markt brachte. Woher wollen diese Amateure das wissen! Es werden zwar entsprechende Bilder auf dem Web gezeigt – aber jede Wette, die sind gefälscht! Und überhaupt – wer spricht schon in sein Hörgerät? Völlig unplausibel!
Aber um solch verbissene Kleinkrämerei sollen sich doch die Historiker/innen kümmern, wir fantasieren lieber ein wenig über Zeitreisen oder – Ausserirdische!
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