Miomi und Co, oder: Die totale, partikularisierte Geschichte (und mehr)

MiomiJonas Wegener von histucation hat unter dem Stichwort „Zeitleisten im Web 2.0“ einige Projekte vorgestellt, die einen web-2.0-Zugang zur Geschichte anstreben. Auf Webplattformen sollen registrierte Nutzer ihre persönlichen Erlebnisse entlang einer Zeitleiste eintragen. Denkt man dies zu Ende, gäbe dies eine komplette Erfassung aller Ereignisse, die Menschen auf der Welt erleben und für wichtig erachten. Einerseits ein riesiger Fundus für die Geschichtswissenschafter, andererseits aber auch Ausdruck des Traums von der zugleich „totalen“ und „individualisierten“ Geschichte.Besonders die Geschichte von miomi, einem Projekt von drei Österreichern, erweckt Aufmerksamkeit. Ihre Idee gewann Anfang 2007 bei einem Entrepreneur-Wettbewerb an der University of Oxford. Doch die Sponsoren des Wettbewerbs, eine Venture-Kapital-Gesellschaft, waren so überzeugt von der Idee, dass sie 100 Millionen Dollar (!) für die Entwicklung des Projekts zur Verfügung stellten. Wie so oft ist das Projekt nicht nur neu und erfolgversprechend sondern auch umfassend, einer der Gründer stellt auch gleich eine „Revolution im Onlinejournalismus“ in Aussicht. Ausserdem werden Encarta und Wikipedia gleich in die Plattform eingebunden.Da wäre dann noch xoumer.de: noch ambitiöser („die gesamte Geschichte vom Urknall bis heute“, aufwendige Videotrailer mit bedeutungsschwangerem Sprecher (hier Video1 und Video2) und noch geheimnisvoller – denn man weiss praktisch nichts von dem Projekt.Wegener hat noch einige andere Zeitleisten-Projekte aufgeführt, die nicht alle so umfassende Ansprüche hegen. Ich frage mich schon, wo diese Projekte den Umgang mit, bzw. das Verständnis von Geschichte hinführen. Am Ende ist Geschichte nichts anderes als eine riesige Datenbank von Fakten und Ereignissen, die auf verschiedenste Weise miteinander verknüpft werden können. Ist Geschichte dann nur noch eine Hyperstruktur?

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