Was macht eigentlich die «Generation Internet» im Internet? Und mit Wikipedia?

Pädagogen und andere gescheite Leute beschäftigen sich schon seit Jahren mit der Frage, was eigentlich unsere Jugend im Netz so macht. Wie kompetent sie ist im Umgang mit dem ganzen technischen Kram, der uns, den Älteren schon nicht ganz geheuer ist. Und wie viel Belehrung sie, die «Digital Natives» von uns, den «Digital Immigrants» eigentlich noch brauchen.

Ganze Bücher wurden (und werden) zu diesem Thema verfasst, austaffiert mit vielen theoretischen Modellen und geschmückt mit zahlreichen belesenen Fussnoten – und mit einer Halbwertszeit von einigen Monaten. Das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS, ein Kompetenzzentrum der Akademien der Wissenschaften Schweiz, hatte einen etwas pragmatischeren Einfall: warum nicht statt viel Theorie (re)produzieren einfach mit «den Jungen» reden? Herausgekommen ist eine gut lesbare, knappe und weitgehend theorieunbelastete Studie, die seit Juni zum Download bereit steht.

Uns interessiert natürlich besonders, was «die Jungen» zu Wikipedia sagen:

«Wikipedia ist nicht immer verlässlich, dort kann ja schliesslich jeder rein schreiben, aber so schlecht ist es auch wieder nicht. Wenn man wirklich sicher sein will, dass eine Quelle vertrauenswürdig ist, sollte man sie mit anderen quervergleichen, aber meistens ist mir das zu aufwendig. Wichtiger ist, die Texte von Wikipedia mit eigenen Worten zusammenzufassen, den Wikipedia-Speak kennt inzwischen ja jeder Lehrer, wenn du da «copy/paste» machst, erwischen sie dich sofort. Unsere Maturaarbeit müssen wir in digitaler Form abgeben, damit sie mit einer Plagiatserkennungssoftware gegengecheckt werden kann. Umso billiger finde ich Dozenten, die selber Wikipedia-Artikel als Lehrstoff abgeben, da fragt man sich schon, wozu es überhaupt noch Lehrer gibt.»

(Wie wahr! Ich erinnere mich an eine Fachhochschule irgendwo in der Innerschweiz, an der ich einmal unterrichtete. Ein Merkblatt zum Thema «Essay», das eine der «Professor/innen» dort verteilen liess, stammte zu über 90 Prozent aus Wikipedia – undeklarierteweise nota bene. Als ich bemerkte, dass dies nicht unproblematisch sei, wenn wir doch die Studierenden zu Eigenleistung und sauberem Zitieren anleiten sollten, wurde mir beschieden, ich solle nicht so pingelig tun.)

Zurück zum Thema. Marco Gui und Gianluca Argentin von der Universität Milano-Bicocca sind in einer soeben veröffentlichten Studie ähnlichen Fragen nachgegangen. Sie unterscheiden dabei «theoretical, operational and evaluation skills», die sie bei rund 1’000 Jugendlichen in Norditalien untersucht haben. Sie kommen zum Schluss, dass der kulturelle Hintergrund vor allem bei den operationellen Fähigkeiten eine signifikante Rolle spiele, während das Geschlecht mehr das theoretische Wissen beeinflusse (new media & society, 13(6) 963–980).

Wir sind gespannt, was weitere Forschungen an den Tag bringen werden.

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