Löffeltanz

Die Website „bettinahenkel.net“ hat auf den ersten Blick nichts mit Geschichtswissenschaften zu tun. Doch das Projekt von Bettina Henkel, Künstlerin und Dozentin an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie sich künstlerische Projekte mit kulturwissenschaftlichen und auch historischen Themen auseinandersetzen, was in diesem Falle zu spannenden und anregende Ergebnisse führt.

Henkel hat sich in ihrem Projekt mit dem Löffeltanz auseinandergesetzt, einem traditionellen Tanz, den die griechisch-orthodoxen Bevölkerung in Kapadokien pflegte, einem Gebiet in der heutigen Türkei. Es ist hier nicht der Platz, ausführlich genug den „Bevölkerungsaustausch“ zu erläutern, der mit dem Vertrag von Lausanne im Jahr 1923 zwischen Griechenland und der Türkei vereinbart wurde. Jedenfalls brach die Tradition des Löffeltanzes als gelebtes Kulturgut ab, und das Wissen über diese Tanzform ist kaum verschriftlicht und nur noch vereinzelt und an verschiedenen Orten vorhanden.

Henkel setzte sich mit dem Tanz auseinander, indem sie ihn lernte und dieses Lernen dokumentierte. Diese Dokumentation hat sie nicht nur als Ausstellung (2004 in der Wiener Secession und im bétonsalon in Paris), sondern auch als Website konzipiert. So kann man Henkel nicht nur in einem Video-Tagebuch beim Erlernen des Tanzes zusehen, oder in ihrem Recherche-, bzw. Lern-Tagebuch nachlesen, wie sie sich dem Phänomen des Löffeltanzes genähert hat. Wer über genügend Talent (und Geduld) verfügt, kann sich in einem wohl einzigartigen historischen Tanz-eLearning-Projekt den Löffeltanz sogar selber beibringen. Wäre interessant zu erfahren, wieviele das versucht, und wieviele davon es geschafft haben. Es handelt sich auf jeden Fall ein sehenswertes, anregendes Web-Projekt.

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