Archiv der Kategorie: digital.past

Storytelling und Alpenglühn

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Nach den anregenden Tagen in Berlin nun noch ein Abstecher in die Alpen, nach Innsbruck. Unter dem Titel «Erzählen – medientheoretische Reflexionen im Zeitalter der Digitalisierung» trafen sich gestern und heute rund 60 Medienwissenschafter, Medienpädagogen und natürlich auch ein paar Historiker aus ganz Europa an der von Innsbruck Media Studies organisierten Tagung.

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Medium Buch. Buchgeschichte(n) aus Basel: Das Buchzentrum

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Bücher, Bücher, nichts als Bücher. Gegen vier Millonen Bücher lagern im Buchzentrum in Hägendorf bei Olten. Vier Millonen Bücher, das ist mehr, als die Universitätsbibliothek Basel in ihren Magazinen stehen hat. Im Buchzentrum werden die Bücher aber palettenweise gelagert, denn hier befindet sich der grösste Buch-Zwischenhändler der Schweiz.

Das Buchzentrum wurde vor 125 Jahren als Selbsthilfeorganisation der Buchhändler gegründet und erfüllt heute zwei Funktionen. Einerseits ist es die Verlagsauslieferung für die Schweiz von rund 400 Verlagen. Und zugleich ist das Buchzentrum auch ein sogenannter Barsortimenter, das heisst, das Buchzentrum kauft bei den Verlagen auf eigenes Risiko Bücher ein und liefert sie mit einer ausgeklügelten Logistik an die Buchhandlungen in der Schweiz. Endkunden können beim Buchzentrum nicht bestellen, denn damit würde man die Buchhandlungen, denen das Buchzentrum immer noch zu einem grossen Teil gehört, kannibalisieren.

Die heutige Exkursion im Rahmen des Kurses «Medium Buch. Buchgeschichte(n) aus Basel» bescherte uns eine fundiert Einführung in Geschichte und aktuelle Lage des Buchmarktes sowie einen eindrucksvollen Rundgang durch das Herzstück des schweizerischen Buchmarktes. Weitere Bilder gibt es auf Flickr, mehr Hintergrundinfos zum Thema in unserem Wiki und die bisherigen Weblog-Einträge zum Kurs können hier aufgerufen werden.

Forum Buchkultur in Basel

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Während wir uns dem «Medium Buch» widmen, widmen sich andere der «Buchkultur». Das freut uns, auch wenn sich die Termine ein wenig überschneiden, so wie zum Beispiel heute leider, als Prof. Lucas Burkart über «Wissensspeicher Buch» sprach. Am 13. Dezember wird Wolfgang Hagen zum Thema «Es gibt kein digitales Buch!» sprechen. Wir sind gespannt. Das ganze Programm steht hier zum Download bereit.

Sieben Tage Leben. Ein Weblog-Experiment

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Eine hübsche Idee hatten unsere virtuellen Freunde von den Tagwerken in Frankfurt: Ein Schreibexperiment zum Thema Weblog, um über den Prozess des Schreibens im Raum der Öffentlichkeit nachzudenken. Wir hatten ja schon die Idee, unsere eigenen Erfahrungen des wissenschaftlichen oder zumindest wissenschaftsaffinen Bloggens an einem Workshop zur Diskussion zu stellen. Vielleicht sollten wir die Erfahrungen der Tagwerkerinnen und Tagwerker abwarten und unser Projekt mit dem Frankfurter Konzept kreuzen.

«Universal Digital Library»

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heise.de berichtet heute: «Das ‚Million Book Project‘, ein internationales, nichtkommerzielles Projekt der Carnegie Mellon University, der Zhejiang-Universität, dem Indian Institute of Science und der Bibliothek von Alexandrien, hat mehr als 1,2 Millionen Bücher digitalisiert, die nun online über die Webseite der Universal Library verfügbar sind. Digitalisiert wurden Bücher, die seit dem Jahr 1000 erschienen sind. Die meisten stammen jedoch aus diesem und dem letzten Jahrhundert, von einer halben Million Büchern ist das Erscheinungsjahr unbekannt. Nur wenige Bücher findet man bislang auf Deutsch, die überwiegende Mehrzahl ist in englischer oder chinesischer Sprache geschrieben, gefolgt von Büchern in Arabisch oder den indischen Sprachen Telugu, Hindi oder Kannada.» Kritische Annotationen zum Projekt hat natürlich bereits Klaus Graf auf Archivalia gepostet.

Digital Humanities Quarterly

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Bereits sind zwei Nummern des neuen eJournals «Digital Humanities Quarterly» erschienen. Die Zeitschrift ist frei zugänglich und kennt ein Peer Review-Verfahren und möchte alle Aspekte digitaler Medien in den Geisteswissenschaften abdecken. Vorgesehen sind wissenschaftliche Aufsätze, Kommentare, interaktive Medienexeperimente, Rezensionen und ein Weblog.

Hinter der neuen Zeitschrift steckt die «Alliance of Digital Humanities Organizations», ein Zusammenschluss von vorwiegend amerikanischen Fachorganisationen, die sich mit dem Einsatz Neuer Medien in den Geisteswissenschaften beschäftigen.

Die erste Nummer von DHQ erschien im Frühling dieses Jahres und befasste sich mit einer sehr breiten Palette von Themen, wobei Fragestellungen aus dem Bereich der Linguistik sehr stark vertreten waren. Auch die zweite Nummer wartete mit zum Teil ähnlich gelagerten Themen auf, brachte aber ein paar neue Features wie zum Beispiel RSS und transparente Publikationsketten.

Wir wünschen der neuen Zeitschrift viel Erfolg und freuen uns, dass die digitalen Geisteswissenschaften immer mehr sich auch zu einem eigenständigen akademischen Feld zu formieren beginnen.

Seminarankündigung: Die Medien der Geschichte

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Das Begriffspaar «Medien» und «Geschichte» hat seit einigen Jahren Konjunktur. Während sich die Medienwissenschaften immer mehr für die Geschichte der Medien interessieren, beschäftigen sich die Historiker zunehmend mit den Medien (und der Medialität) der Geschichte. Im Kontext dieses interdisziplinären Brückenschlages richtet sich das Augenmerk zunehmend auf historische und mediale Traditionslinien, aber auch auf Bruchstellen und Situationen des Umbruches.

In meinem Seminar im kommenden Frühjahressemester an der Unversität Luzern werden die Medien und die Medialität der Geschichte thematisiert, d.h. es wird um die Frage gehen, wie die Medien der Geschichte die Geschichtsbilder prägen und welche Veränderungen wir vom 19. bis zum 21. Jahrhundert beobachten können. Im Seminar werden wir einerseits theoretische Texte lesen und besprechen, andererseits werden wir anhand von Fallbeispielen arbeiten.

Student Life Cycle

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Dass mit den Bologna-Reformen so ziemlich alles, was mit der Universität zu tun hat, umgebaut wird, dürfte sich so langsam herumgesprochen haben. Weniger bekannt ist vermutlich, dass sich der studentische Lebenslauf – neudeutsch: «Student Life Cycle» – auch höchst originell als Metro-Plan darstellen lässt. Torsten Meyer, der hinter diesem witzigen Ansatz steckt, hatte dies übrigens an der Konferenz ihoch4 vorgestellt (auf die wir noch zurückkommen werden).

Qualitätsstandards in den Geisteswissenschaften (2)

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Unter dem vielversprechenden Titel «Diskursstile und Publikationsgepflogenheiten in den Geisteswissenschaften» begann heute morgen der zweite Tag der Berliner Qualitätstagung. Als Input präsentierte Patrick Bahners (F.A.Z.) eine Rezension einer Rezension in der Historischen Zeitschrift und leitete von diesem (wirklich nicht gerade berauschenden Beispiel) eine Krise der Rezensionskultur im deutschen Sprachraum ab, die allerdings nicht unwidersprochen blieb. Wolfgang Beck (C. H. Beck) hob das hohe Niveau der deutschen Diskussionskultur hervor und typisierte den historischen Buchmarkt mit einer klaren Klassifizierung:

Zuunterst auf der verlegerischen Wunschliste stehen Qualifikationsarbeiten (Dissertation und Habilitationsschriften), Tagungsbände, Aufsatzsammlungen und Festschriften. Sie sind kaum noch zu verkaufen und sind ein Ergebnis von Produktionszwängen, nicht von einem Bedarf.

Die nächstunbeliebte Kategorie bilden Einführungen und Studienbücher, wobei in einigen Disziplinen auf Grund der neuen Studiengänge zur Zeit ein erhöhter Bedarf an guten und aktuellen Lehrbüchern festgestellt werden kann (allerdings lassen sich mit Lehrbüchern ungefähr soviel akademische Meriten verdienen wie mit publizistischen Tätigkeiten: keine oder allenfalls kontraproduktive).

Beliebt hingegen sind Bücher mit grossen, fächerübergreifenden Fragestellungen und sehr beliebt sind «opera magna», die aber im aktuellen Universitätsbetrieb nur noch während Freisemestern entstehen würden. Solche Bücher sollen, so Beck, neue Horizonte eröffnen und sich in Inhalt und Form auf höchstem Niveau präsentieren.

Äusserst anregend war der Beitrag von Helwig Schmidt-Glitzer von der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Er wies – als einziger in diesem Panel – auf die Veränderungen im geisteswissenschaftlichen Publikationsverhalten und in der Publikationskultur hin, die das digitale Zeitalter auslösen wird oder schon ausgelöst hat.

Mit Blick auf die Frage der Qualitätssicherung im digitalen Kontext nannte Schmidt-Glitzer fünf Aspekte, die nicht ausser Acht gelassen werden dürfen: Der Bezug zum Objekt, der Bezug zum intendierten Leserkreis, der Bezug zum disziplinären Kanon, zum aktuellen Diskurs und – last but not least – der Bezug zu Erinnerung, das heisst die Einbettung neuer Produkte und Texte in bestehende Wissensysteme, etwa durch neuartige Verweissysteme. Dies alles zusammen, so Schmidt-Glitzer, würde wohl zu einem neuen Diskursstil führen.

Qualitätsstandards in den Geisteswissenschaften?

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Was für eine Versuchung: Ein paar Hundert Meter von der Staatsbibliothek entfernt, im neu renovierten Gebäude der Humboldt Universität am Hegelplatz, begann heute morgen ein hochkarätig besetztes Symposium zum Thema «Geisteswissenschaften und Qualitätsstandards». Ich dachte mir, Moritz Steinschneider wird es mir sicherlich nachsehen, wenn ich mir ein Ohr voll von dieser realitätsgekoppelter Wissenschaftspolitik gönnen würde und schlich mich für das 3. Panel aus der Staatsbibliothek.

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Steinschneider reloaded

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Moritz Steinschneider gilt heute als der Begründer der wissenschaftlichen hebräischen Bibliographie. Aus Anlass seines 100. Todestages organisierte die Staatsbibliothek zu Berlin zusammen mit mehreren Forschungseinrichtungen eine dreitägige internationale Konferenz in Berlin. Das scheint auf den ersten Blick ziemlich weit weg zu sein vom Themenfeld unseres Weblogs – aber das täuscht.

Steinschneider perfektionierte vor über Hundert Jahren eine Kulturtechnik, die heute einem tiefgreifenden Wandel unterworfen ist: die Technik des Bibliographierens. Interessant dabei ist, dass es sich nicht einfach um eine Automatisierung der Arbeitsschritte handelt, sondern dass sich zur Zeit etwas ganz Grundsätzliches ändert.

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Vom Nutzen und Nachteil des Bibliographierens im digitalen Zeitalter

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Nächsten Dienstag beginnt aus Anlass des 100. Todestages von Moritz Steinschneider an der Staatsbibliothek zu Berlin die dreitägige Konferenz «Bibliographie und Kulturtransfer». Unter dem Titel «Vom Nutzen und Nachteil des Bibliographierens im digitalen Zeitalter» werde ich über aktuelle Entwicklungen im Bereich des kollaborativen Bibliographierens berichten. Das Abstract in deutscher und englischer Sprache sowie eine Literaturliste sind bereits im Netz, ebenso das zweisprachige Handout als PDF-Datei.

Von Leitmedien und Leitfiguren

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Wer die Traditionslinien der «Basler Elektronischen Schule» – also von Haber, Hodel, History Toolbox und hist.net – kennt, kann sich die Freude vorstellen, die wir heute hatten, als wir in der Kommentarspalte zu unseren Weblog-Einträgen zur Leitmedien-Tagung in Siegen den Vortrag von Michael Giesecke im vollen Wortlaut entdecken durften. Vielen Dank, lieber Herr Giesecke.

Die Freude rührt natürlich auch daher, dass in Basel schon sehr früh eine kleine Giesecke-Schule entstanden war, an der Schnittstelle von Geschichtswissenschaft und Medienwissenschaft – mithin also exakt dort, wo ich mit meiner zur Zeit laufenden Lehrveranstaltung «Medium Buch» anknüpfen möchte.

Die abgebildeten Karten übrigens hatten wir vor vielen Jahren bereits fabriziert, genauer gesagt anlässlich des ersten grossen Relaunches von hist.net 2001/2002. Im nächsten Jahr werden wir zehn Jahre hist.net feiern und wir hoffen, dass wir, wenn wir schon nicht das Leitmedium des historischen Fachdiskurses sind, doch die eine oder andere Leitfigur der «Basler Elektronischen Schule» dann in Basel werden begrüssen dürfen!

eLearning total. Das MIT machts vor

Die tägliche Online-Zeitung der ETH Zürich hat heute vermeldet, dass das renommierte MIT dabei sei, unter dem Namen OpenCourseWare seine Curricula bis Ende 2007 ins Internet zu stellen. Ähnliche Pläne hat offenbar auch die ETH, die sich gerne als europäisches MIT sieht. Dabei ist eine niederschwellige Politik vorgesehen, um innovative eLearning-Projekte unkompliziert und ohne bürokratischen Aufwand unterstüzten zu können.

Geschichtstage: Technikgeschichte

Monika Dommann (Uni Zürich) berichtete unter dem Titel „Von der Druckerpresse zum Wissenssystem (1960-1975)“ über die Umbrüche und Automatisierungsprozesse in der Bibliothek. In einem ersten Teil ging es um Siegfried Giedion und das Zeitalter der Mechanisierung. Giedion hat in seinem erstmal 1948 englisch erschienen Buch die Prozesse der Mechanisierung untersucht und – zu einem sehr frühen Zeitpunkt – kritisch analysiert. Der zweite Teil des Vortrages behandelte McLuhan, der 1962 in seinem vielzitierten Buch „The Gutenberg Galaxy“ das (vermeintliche) Ende der Buchkultur beschrieben hat. Den Hauptteil des Referates bildete eine Fallstudie über die Mechanisierung des Abschreibens in der Bibliothek. Dommann ging es dabei um die Frage, wie die Geschichtswissenschaft die Nutzung neuer Medien – hier des Photokopierers – untersuchen kann. Sehr anschaulich zeichnete Dommann die Durchsetzung von Kopiermaschinen im bibliothekarischen Kontext nach und spannte einen weiten Bogen hin zu den aktuellen Copyright-Diskussionen. Nur ein Beispiel: Wenn Photokopien von Aufsätzen den Sonderdruck ersetzen, dann verändert sich natürlich auch das Kommunikationsverhalten von Wissenschaftern. Fazit: Ein schönes Beispiel für den fruchtbaren Zwischenraum zwischen Technikgeschichte, Wissensgeschichte und Bibliothekswissenschaft.

P.S.: Die Tatsache, dass in diesem Panel nur drei Vorträge eingeplant waren, erwies sich als sehr angenehm! Schade, dass dies nicht Standard ist an den Geschichtstagen.