Archiv der Kategorie: Forschung und Praxis

Dan Cohen verlässt CHNM, wird Leiter der Digital Public Library of America

Dan Cohen @ DPLA
Dass der jetzige Leiter des CHNM, Dan Cohen, seinen Posten verlässt, um die Leitung der in Entstehung begriffenen DPLA (Digital Public Library of America) zu übernehmen, ist ja bereits durchgetwittert und entsprechend verbloggt worden – vor allem und besonders durch Dan Cohen selbst. Was dieser Wechsel in der Leitungsposition für die zukünftige Ausrichtung des CHNM bedeutet, mit dem wir von hist.net im Projekt GPDH verbunden sind, wird sich weisen. Dan Cohen hat als Leiter des CHNM zahlreiche wichtige Projekte in den Digital Humanities angestossen, von den THATCamps über Zotero bis hin zu PressForward, um nur einige zu nennen.

Interessant ist aber auch das neue Projekt, dem sich Dan Cohen nun widmen wird. Ich bin gespannt, wie sich die DPLA zwischen bestehenden Projekten aggregatorisch-zusammenfassenden (Europeana) oder privatwirtschaftlichen Ansätzen (Google Books) positionieren wird – und wie es mit bestehenden Initiativen wie Hathi-Trust zusammenarbeitet.

Ergänzende Kommentare der geschätzten Leserschaft mit aktuellerem und breiterem Wissenstand sind wie immer herzlich willkommen.

Die Groebner-Kontroverse. Oder: Zu Sinn und Unsinn von Wissenschaftsblogs

Muss ich das lesen?

Valentin Geoebner, um knackige Formulierungen nie verlegen, ((hierzu ist wohl die allerorten zitierte Aussage Groebners, in Blogs zu schreiben, vermittle das „Gefühl rastloser Masturbation“, zu zählen, wiewohl sie im ganzseitigen Artikel in der FAZ und auch in den anderen im Netz auffindbaren Dokumenten bislang nicht zu finden ist.)) hat in eloquenter Weise Zweifel am Nutzen (geistes-)wissenschaftlicher Blogs formuliert, zuerst an der Tagung „Rezensieren – Kommentieren – Bloggen„, zuletzt in der FAZ vom 6. Februar. ((Groebner, Valentin: Muss ich das lesen? Ja, das hier schon. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 31, 6.2.2013, S. N5)) Erwartungsgemäss haben verschiedene Vertreter ((Vgl. Anton Tantner, Klaus Graf, aber auch Conradin Knabenhans.)) der Blogosphäre gekontert. Doch scheint der Schlagabtausch, so gewandt und süffig er geführt wird, in einigen zentralen Punkten von Unklarheiten, Missverständnissen und unterschiedlichen Vorstellungen geprägt zu sein. So droht die Debatte viel Polemik, aber wenig Erkenntnisgewinn zu erzeugen. Weiterlesen

Ich, Prezi-dent

Prezi Praesentationen

 

Ich war an einer Tagung und das Einzige, was die Leute von meinem Vortrag in Erinnerung behalten, war die eingesetzte Prezi-Software.

An der Abschlusstagung des LOEWE-Schwerpunkts «Kulturtechniken und ihre Medialisierung», die unter dem Titel «Lesen, Schreiben, Erzählen – digital und vernetzt» vom 28. bis 30. Juni 2012 an der Justus-Liebig-Universität Giessen stattfand, habe ich einen Auszug aus meiner Dissertation unter dem Titel «copy/paste a shattered past – Das Erstellen von Geschichtsreferaten unter den Bedingungen narrativer Fragmentierung» vorgetragen. Und während ich mich hier gleich entschuldige, dass ich diesen Vortrag nicht vorgängig annonciert habe (was ich – wie originell – der hohen Arbeitsbelastung in die Schuhe schiebe), so muss ich zugleich mit gewisser Bekümmerung feststellen, dass ich vor allem Reaktionen auf die Verwendung der Präsentations-Software Prezi erhalten habe (oder sagen wir: Reaktionen jenseits der freundlichen „Das waren interessante Ausführungen“-Aussagen).

Hierzu drei Bemerkungen: Weiterlesen

Das Leiden an der Twitterwall

Twitterwall an der re:publica 09 (von flickr-user leralle; CC BY-NC-SA 2.0) – davor: ein paar Menschen.

Letzthin an der Tagung zur Eröffnung der Blog-Plattform de.hypotheses.org war ich zum ersten Mal mit einer Twitterwall konfrontiert. So darf man es wohl sagen, denn die Anordnung der Projektion (direkt über den Köpfen der Vortragenden, gleich neben der Projektion der Powerpoint/Keynote/Prezi-Folien) liess quasi gar keine andere Wahl, als gebannt auf den nächsten Refresh-Zyklus zu warten Weiterlesen

Plagiate – und kein Ende?

Kollega Haber fragte in seinem Kommentar zur Guttenberg-Plagiats-Affäre, wo Stefan Weber denn in dieser ganzen Diskussion geblieben sei. Nun denn: in einem Artikel des Tagesanzeigers über den erneut vorgebrachten Verdacht, der österreichische Politiker Johannes Hahn habe in seiner Dissertation auch plagiiert, wird Stefan Weber genannt. Er hat vom österreichischen Politiker Peter Pilz den Auftrag erhalten, Hahns Dissertation aus dem Jahr 1987 einer gründlichen Analyse zu unterziehen.

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Information, Reflexion, Publikation: Was (Geschichts-) Weblogs sein können

Das Thema Weblog und seine Potentiale für die Geschichtswissenschaften – und vor allem die Frage, warum diese Potentiale nicht genutzt werden – beschäftigt uns in den letzten Wochen, im Kontext des Workshops in Basel am 12. November, wieder etwas intensiver – nachdem die Vorstellung des Nachrichtendienst für Historiker als Weblog des Monats Juni schon zu einer kurzen Auseinandersetzung über die Frage geführt hat, was ein Weblog überhaupt sei.

Hier soll ein erster Versuch gemacht werden, einige grundlegende Funktionen von Weblogs zu benennen, die für die Geschichtswissenschaften und damit für Historikerinnen und Historiker von Bedeutung sein könnten. Vielleicht kann dieser Versuch beim Ansinnen hilfreich sein, den Nutzen von Weblogs und deren Einsatzmöglichkeiten in geschichtswissenschaftlichen Arbeitszusammenhängen besser zu verstehen und entsprechende Initiativen zu entwickeln.
Kern dieser Überlegungen ist die Eigenschaft von Weblogs als „Selbstverlags-Tool“, zur persönlichen oder gruppenspezifischen Profilbildung in der Scientific Community dienen zu können. Dabei lassen sich die verschiedenen Ausprägungen dieser Profilbildung mit den Kategorien Information, Reflexion und Publikation fassen. Dabei müssen Weblogs keinesfalls nur eine oder alle dieser Kategorien abdecken; Mischformen mit Beiträgen, die mal zur einen oder anderen der genannten Kategorien gezählt werden können, sind die Regel.
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Nachdenken über Weblogs – oder: Nachwirkungen eines analogen Kaffeekränzchens


Kaffeekränzchen anno 1955

Nach einer Woche voller Termine (unter anderem einem Online-Gast-Vortrag in der Lehrveranstaltung „Digitale Arbeitsmethoden“ von Alexander König an der Uni Saarbrücken – schön zusammengefasst hier) hat das zurückliegende (kurze) Wochenende etwas Musse eröffnet, über den Workshop vom 12. November etwas intensiver nachzudenken. Mittlerweile sind ja freundlicherweise bereits einige bloggenden Kollegen in die Bresche gesprungen und haben Ihre Eindrücke bereits mitgeteilt (Dank an dieser Stelle an Kollega die Kolleg/innen Schneider, Sarti, Kelly, Schmalenstroer und Cornelissen).

Das Bild des „Kaffeekränzchens“, das Kollega Schneider – leicht enttäuscht, wie ich unterstelle – in seiner Reaktion auf den Workshop verwandte, hat mich ins (durchaus positive und anregende) Grübeln gebracht. In dieser Formulierung verbergen sich ja Erwartungen und Ansprüche an den Inhalt und die Form eines Diskurses, die offenbar nicht erfüllt worden sind. Weiterlesen

Wikipedia/Copy/Paste im Geschichtsunterricht


Ich möchte hier anlässlich des heute erschienenen NZZ-Beitrags zur Rolle des Internets und insbesondere von Wikipedia für den Geschichtsunterricht einige kurze, ergänzende Überlegungen zur Wikipedia-Nutzung und des Copy/Paste-Phänomens (oder – wahlweise- : der Plagiats-Seuche) in den Schulen und damit auch im Geschichtsunterricht anbringen.

Eine zentrale, oft gestellte Frage: Haben die Schüler/innen kein Unrechtsempfinden? Hebeln sie einfach alle Werte von Schulunterricht und Wissensgesellschaft kaltschnäuzig aus, weil ihnen diese egal sind? Oder wissen sie es einfach nicht besser? Man kann die Frage natürlich auch grundsätzlicher stellen: Ist das Plagiieren in der Schule einfach nur Ausdruck eines gesellschaftlichen Wertewandels, der durch die unbegrenzte Zugänglichkeit zu digitalen Informationen aller Art induziert wird? Die Realität ist, wie so oft, komplex.
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Geschichtswissenschaften und Web 2.0 – ein Workshop am 12. November in Basel

Die Geschichtswissenschaften sind im Web 2.0 angekommen. Wikipedia, Weblog, Twitter, RSS oder Flickr sind auch für viele Historikerinnen und Historiker keine Fremdworte mehr. Das Web 2.0 wird verwendet – passiv oder aktiv – ohne dass man sich über Nutzen und Vorteil, über Risiken und Nebenwirkungen allzu viele Gedanken machen würde. An einem eintägigen Workshop in Basel, am 12. November 2010, diskutieren Historiker und Medienwissenschafter Theorie und Praxis des Web 2.0 aus der Perspektive der Geschichtswissenschaft.
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Gefunden: Weitere internetfreie Hochschulzone

lausanne

Ich setze meine kleine, unsystematische Feldforschung bezüglich Internet-Gebrauch im Hochschulalltag fort. Nach den Beobachtungen in der Basler UB-Cafeteria nehme ich mit einer gewissen Verwunderung die Tagung „Curriculums en mouvement, acteurs et savoirs sous pression-s Enjeux et impacts“ unter die Lupe, die grosse Jahrestagung der französischsprachigen Didaktik-Gemeinde der Fächer Geschichte, Geographie und Politische Bildung, die dieses Jahr an der Haute Ecole Pédagogique in Lausanne stattfindet.
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Der Fall der Berliner Mauer – ein TV-Ereignis

mauerfalltagesthemen

Wo wir schon das Thema „Fernseh-Archive im Internet“ angeschnitten haben: Viele kennen die eingängige Phrase „the revolution will not be televised“; nur wenige wissen, dass es der ausgefallene Jazzer Gill Scott Heron war, der diese Aussage 1970 in seinem gleichnamigen Song prägte.

Der Satz ging mir durch den Kopf, als ich letzten Montag eher zufällig den (offenbar seit Monaten angekündigten) Spiel-Dokumentarfilm „Schabowskis Zettel“ sah. Gesetzt den Fall, wir gestehen dem Fall der Mauer die Bezeichnung Revolution zu: Inwiefern ist diese Revolution (anders als von Gill Scott Heron behauptet) doch im Fernsehen übertragen, ja sogar vom Fernsehen massgeblich beeinflusst worden? Und: was können wir zu dieser Frage 20 Jahre später im Internet ausfindig machen? Weiterlesen

Quellenkritik, Geschichtslernen und „Digitale Historische Methode“

televisionarchive

Quellenkritik (darauf hat Kollega Kreyenbühl bereits hingewiesen) ist ein Thema, zu dem Kollega Haber in seinem Projekt digital.past eingehend nachgedacht hat (auch in diesem Blog immer wieder dokumentiert). Die folgenden Ausführungen möchten diesen Gedanken aus der Warte der Geschichtsdidaktik aufnehmen. Wie hier im Blog bereits angesprochen, halte ich es für wichtig, die historische Methode auf die digitale Ausprägungen der gegenwärtigen Geschichtskultur anzupassen und eine solche „digitale historische Methode“ für die Geschichtsdidaktik nutzbar zu machen. Im Kern geht es um eine Anpassung der Quellenkritik an die Realität digitaler Medien und um die Ausweitung der „Zone des Geschichtslernens“ auf die Recherche. Denn das historische Lernen und Denken beginnt nicht erst, wenn die Quelle oder Darstellung zur Analyse auf dem Schreibtisch vorliegt, bzw. dem Bildschirm leuchtet. Und: Schüler/innen (und auch Studienanfänger/innen) haben sich kaum mit Quellen im klassischen Sinne auseinanderzusetzen, sondern zumeist mit Manifestationen der Geschichtskultur (in der Regel Darstellungen, also Deutungen von Vergangenheit) oder mit neuartigen Quellengattungen in spezifischen Aufbereitungsformen – wie zum Beispiel das September 11 Television Archive, das im obigen Screenshot zu sehen ist. Weiterlesen

Geschichte lehren mit Zotero

zoterogroups

Sean Takats hat bei seinem Besuch in Bern kurz darüber berichtet, dass er im nächsten Semester erstmals anstelle eines Weblogs, der die Veranstaltung begleitet und in den die Studierenden hineinschreiben sollen, Zotero einsetzen werde. Gleiches berichtet Mills T. Kelly in seinem Blog (neben einigen Müsterchen der real existierenden Infrastruktur-Bedingungen in der Lehre). Die Begründung lautet bei beiden ähnlich (von Mills Kelly etwas positiver formuliert): Die Weblogs würden von den Studierenden nur zögerlich befüllt, es entstehe wenig Interaktion und vor allem: nach dem Semester ist das Weblog tot. Mit Zotero verfolgen die beiden einen ganz anderen Ansatz, und wir sind gespannt ob dieser funkioniert. Weiterlesen

Geschichte und Wikipedia (II): Zahlenspiele

wikistics

Dies zu Beginn des zweiten Eintrag dieser kleinen Blog-Reihe gleich vorweg: Ich werde hier nicht die Meinung vertreten, dass die zählbare Indikatoren die einzigen oder wichtigsten Indizien sind, um sich ein Bild über die Bedeutung von Wikipedia zu machen. Für aufschlussreich halte ich sie allemal. Und sei es nur, um sich zu vergegenwärtigen, welche Aussagen mit Auszählungen gemacht werden können, und welche nicht.

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