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HOK Reden: Net Neutrality – oder: wer hat im Internet was zu sagen?

Ich habe die Debatte um die NetNeutrality-Gesetzgebung (Artikel bei Heise vom 5.7.2006 mit Links zu weiteren Artikeln) in den USA in den letzten Wochen nur am Rande verfolgt – und auch nicht ganz verstanden, worum es inhaltlich eigentlich geht, weil Befürworter und Gegner reichlich mit Worthülsen agieren und auch ungewöhnliche Koalitionen eingehen.

Der Gesetzgeber in den USA (Senat und Kongress) diskutieren, ob per gesetzliche Regelung die Internet-Service-Provider (= ISP; in unseren Breitengraden beispielsweise T-Com oder Bluewin) dazu verpflichtet werden sollen, ihren Kunden den Zugang zu sämtlichen Angeboten im Internet kostenlos oder zu gleichen Preisen zu ermöglichen. Das Netz soll in dieser Hinsicht „neutral“ bleiben.

Hintergrund: Die ISP, oft aus dem Bereich der Telekommunikation, sind leicht angesäuert, dass sie (Wettbewerbsdruck!) den Internet-Zugang immer günstiger verkaufen müssen, zugleich aber gewitzte Firmen beispielsweise mit Gratis-Internet-Telephonie (z.B. Skype) ihnen die Kunden abwerben oder mit tollen Geschäftsideen jede Menge Geld verdienen (z.B. Google, Amazon), die ohne das Netzwerk gar nicht existieren würden. Die ISP wollen Konkurrenten nicht ohne weiteres dulden, einen Anteil an den Gewinnen der Internet-Firmen und auch selbst im Bereich des „Contents“ aktiv werden – denn dort kann Geld verdient werden. Und natürlich wollen sie ihren Kunden vor allem die eigenen Angebote schmackhaft machen – und die der Konkurrenz eher weniger.

Die ISP wollen (von Ben Schwan bei Technology Review schön auf den Punkt gebracht) also das Recht, gewisse Dienste zu sperren, von Internet-Firmen gesonderte Gebühren zu verlangen und gewisse Dienste (eigene oder solche von Partnern – zum Beispiel Musik oder Filmdownload-Services) schneller durch ihr Netz zu leiten als andere (solche von Konkurrenten). Marktwirtschaftlich ist das einleuchtend gedacht – und macht deutlich, dass die Infrastruktur, auf der wir täglich herumsurfen, eben nicht der „Allgemeinheit“ gehört – sondern privaten Firmen. Das nährt Dystopien von geldgierigen Grosskonzernen, die die dummen Endnutzer nach Strich und Faden ausnehmen – oder vom „gläsernen Bürger“.

Gegner der ISP in dieser Auseinandersetzung sind die grossen Internet-Unternehmen (vora allem Google und Amazon, bekannt aus EPIC 2015) und Bürgerrechtsgruppierungen, die den Traum vom „freien, allen Bürgern gleich zugänglichen“ Internet nicht aufgeben wollen. Die Verwirrung entsteht auch daraus, weil Befürworter des „freien“ Internets eine staatliche Regulierung fordern – und die ISP voll die Karte „Freiheit“ (gemeint ist „frei von staatlichen Eingriffen“) ausspielen. Es melden sich auch kritische Stimmen, die bezweifeln, ob Startup-Unternehmen mit neuen, innovativen Ideen (wie es Google einmal war) sich überhaupt noch entwickeln können, wenn für das Anbieten von Inhalten und Dienstleistungen den ISP gleich Geld geschuldet wird.

Ich bin auf eine Kolumne bei CNET-News gestossen, wo diese Auseinandersetzung zu interessanten Bekenntnissen führt: eine Kolumnistin des IT-Business, die ja wohl eher für „Wettbewerb“ und „Markt“ sein dürfte (vor allem wenn es um Produkte und Dienstleistungen geht) propagiert die staatliche Regulierung der Infrastruktur Internet, vergleichbar mit den Regelungen für Strassenbau und -betrieb. Molly Wood (sie heisst wirklich so) bekennt, dass sie zunächst gegen eine solche Regelung gewesen sei, aber durch die unwahren Behauptungen der Net-Neutrality-Gegner ihre Meinung geändert habe. Sie zerpflückt im Detail die ihrer Ansicht nach verlogene Argumentation der ISP, verlinkt zu Propaganda-Websites von Gegnern und Befürwortern (die jeweils im Styling von „Grassroot“-Bewegungen daher kommen und verschleiern wollen, dass sich hier vor allem Gross-Unternehmen gegenüberstehen) und zu zentralen Dokumenten des Gesetzgebungsprozesses.

Zyniker/innen mögen nun einwenden, dass Frau Wood eben von Google bezahlt wurde (oder Google-Aktien besitzt, oder im Sinne von PayPerPost von beiden Seiten Geld einstreicht…). Die Kolumne ist jedoch für sich genommen ein sehr interessantes Dokument zur Frage, welche Kräfte das mittlerweile unverzichtbare Arbeitsinstrument „Internet“ prägen: sind es die grossen Firmen (wenn ja, welche?), die US-Regierung (die am WSIS ja nur ungern Kompetenzen an die ITU, bzw an die internationale Gemeinschaft abgeben wollte) oder die „Net-Community“, also die Gesamtheit der Internet-Nutzer/innen? Ist das Internet zu einem Marktplatz geworden, bei dem die Wissenschaftler/innen gerade noch geduldet werden? Wieviel Einfluss können wir hier in Europa auf diese Entwicklungen nehmen?

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HOK Lesen: Quellen: Wikipedia und die Geschichtswissenschaften

Die offensichtliche Frage, inwiefern Wikipedia für den Gebrauch in den Geschichtswissenschaften geeignet ist, ist hier noch nie explizit gestellt worden. Die Überlegungen zum Prinzip der Wikis und zu Wikipedia waren eher allgemein gehalten.

Im Nachgang der Fertigstellung meines Textes zu „hist.collaboratory“ (ein Torso, bzw. die allererste Anfangsfassung ist hier zu finden) wurde ich von Kollege Peter Haber, der meinen Beitrag redigiert, auf diese Frage gestossen.

Dass ich nun erst jetzt diese Frage direkt behandle, weist darauf hin, wie heikel dieses Thema (zumindest in meinen Augen) zu sein scheint: Die Vorstellung, dass jede Person die Einträge dieses Nachschlagewerks nach Lust und Laune verändern kann, widerstrebt den meisten Historiker/innen. Sie lassen es kaum als wissenschaftliche Informationsquelle gelten und mögen sich auch nicht als Autor/innen engagieren. (Wobei ich bereits einige Autor/innen in Wikipedia entdeckt habe, die sich als Historiker mit Hochschulabschluss zu erkennen geben – obwohl dies allein noch nichts über die Qualität der Einträge aussagt).

Die erste (und einzige mir bislang bekannte) Besprechung von Wikipedia in den Geschichtswissenschaften lief bei H-Soz-Kult und bezog sich auf die CD-ROM-Version vom Frühling 2005. Die Rezension widmete sich drei (!) Artikeln, die sich mit geschichtswissenschaftlichen Themen befassten: „Investitur-Streit“, „Historiker-Streit“ und „Merkantilismus“. Dabei fand Rezensent Björn Hoffmann einige inhaltliche und formale Unstimmigkeiten und schwere Mängel.

Beispiel Merkantilismus: Waren die beiden ersten Stichproben zumindest nicht grob falsch, kann man das von vielen Formulierungen des Artikels zum Merkantilismus nicht mehr behaupten, der Merkantilismus wird hier als „vorherrschendes Wirtschaftssystem im Zeitalter des Absolutismus“ bezeichnet. (…) Hier wird der Eindruck erweckt, dass es sich beim Merkantilismus um ein einheitliches Wirtschaftssystem gehandelt habe (…). Das Gegenteil ist der Fall und in der historischen Forschung besteht darin auch kein Zweifel, dass der Begriff des Merkantilismus letztlich nur sehr unterschiedliche praktisch-wirtschaftspolitische Maßnahmen in Europa bezeichnen kann.

Wie schwierig es ist, Kritik an Wikipedia zu üben, weil Fehler schnell ausgemerzt werden können (und oft auch werden) zeigt eine Durchsicht der Artikel im Juni 2006. Die meisten von Schäfer kritisierten Mängel im Wesentlichen sind behoben und in den betreffenden Einträgen sind seit Mai 2005 jeweils über 100 Veränderungen vorgenommen worden (auch wenn diese Änderungen oft nur kleinere Tippfehlerkorrekturen waren). So heisst der erste Satz im Artikel Merkantilismus (am 14. Juni 2006):

Merkantilismus ist ein nachträglich verliehener Begriff für ein Sammelsurium verschiedener wirtschaftspolitischer Ideen und Politiken, welche sowohl geldpolitische als auch handels- und zahlungsbilanztheoretische, aber auch finanzwirtschaftliche Ansätze verbinden.

Im Mai 2005 begann der Artikel noch so (Version vom 9. März):

Der Merkantilismus (lat. mercator – Kaufmann) war das vorherrschende Wirtschaftssystem im Zeitalter des Absolutismus (16.–18. Jahrhundert). Er löste die mittelalterliche Zunft- und Stadtwirtschaft ab und ist verbunden mit der Herausbildung homogener Volkswirtschaften.

Kritik an Wikipedia ist deswegen nicht obsolet: Auch die aktuelle Version lässt noch zu wünschen übrig. Aber Kritik ist m.E aus verschiedenen Gründen schwer anzubringen:

  • Fehler werden schnell korrigiert und Mängel behoben, folglich veraltet die Kritik ebenso schnell.
  • Jede Kritik muss sich mit der Wikipedia-Aufforderung „Dann verbessere es doch!“ auseinandersetzen. Das ist sonst bei Kritik an geschichtswissenschaftlichen Texten weder üblich noch möglich.
  • Die unglaublich Menge an Einträgen (die sich auch dauernd ändern) zu Themen der Geschichte und der Geschichtswissenschaften machen eine fundierte Analyse, die mehr als drei zufällig ausgewählte Artikel bewertet, ausserordentlich schwer.
  • Bei der Analyse ist zudem immer die Referenz zu berücksichtigen: Muss Wikipedia so gut sein wie die „Geschichtlichen Grundbegriffe„, wie der „Brockhaus“ oder einfach besser als das Suchergebnis bei Google?

Letzters möchte ich kurz am Beispiel des Begriffs „Historische Anthropologie“ (Version vom 8. März 2006) erläutern: Inhaltlich ist der Eintrag (selbst für ein Lexikon) etwas mager, dafür listet er relevante Literatur zum Thema auf. Und das ist auf jeden Fall mehr, als was sonst im Internet zu diesem Thema zu finden ist.

Eine weitere Analyse von Wikipedia im Hinblick auf den wissenschaftlichen Nutzen für die Geschichte wäre noch zu leisten. Ich werde hier mal ein bisschen weiter daran rumdenken. Kommentare und Hinweise sind gerne willkommen!

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HOK Lesen: Quellen: Google plant kostenpflichtigen Bücherdienst

Die Preise des Google Book Search genannten Dienstes sollen von den kooperierenden Verlagen festgelegt werden. Die Bücher dürfen aber nur im Web-Browser angesehen und nicht ausgedruckt werden. Damit erhält die längere Auseinandersetzung um den Weg zum digitalen Zugriff auf Buchinhalte (der bei Google einst Google Print hiess) eine neue Wendung.

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HOK Lesen: Quellen: Konvergenzen und neue Quellen

Nicht ganz taufrisch, aber noch immer eine Bemerkung wert: mit dem iPod kann man durchaus mehr, als nur Musik hören.

  • Entweder man lädt Wikipedia auf seinen iPod (das nennt sich encyclopodia) und kann auch in der Strassenbahn nach Heidegger suchen (hier wird wohl ein Update meines Artikels zu Suchstrategien nötig)
  • oder man macht den iPod zum tragbaren Hörsaal und führt sich beim Faulenzen auf dem Balkon oder beim Snowboarden die Überlegungen des Lieblingsprofessors zu Gemüte (allerdings erst in ausgewählten Unis, nicht in unserer Nähe…)

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Aus der Welt der Wikis: Wikipedia zählen

Es gibt schon eine Reihe von Studien, die sich die Wikipedia als Gegenstand vorgenommen haben, letzthin habe ich hier auf eine systemwissenschaftliche Studie hingewiesen. Die folgenden zeigen verschiedene Ansätze, Wikipedia zu untersuchen, die alle eines gemeinsam haben: sie zählen. Was und wie sie zählen, ist jedoch sehr unterschiedlich.

Vermessen
Jakob Voss nimmt sich die eindrücklichen Zahlen der Wikipedia vor und wertet sie nach verschiedenen Kriterien hin aus. Wieviele User schreiben wieviele Beiträge und wie oft edieren sie bereits bestehende Einträge? Lassen sich Zusammenhänge erkennen oder gar Typologien formulieren? Die Ergebnisse entsprechen in groben Zügen den Erwartungen: es gibt viele Benuzter/innen, die wenig, und wenige, die viel schreiben. Interessant ist die Beobachtung, wie sich die Beziehung zwischen Anzahl Beitragender und Beiträge jeweils genau verhält und auf dei Gesamtheit verteilt. Auch sind zwischen den Sprachen Unterschiede auszumachen. Hingegen lässt dieser Blick keine Unterschiede bei der Erstellung und Bearbeitung von Artikeln in verschiedenen Fachbereichen feststellen.

Vergleichen
Emigh und Herring verglichen ausgewählte Artikel in verschiedenen Enzyklopädien, zum Beispiel zu den Begriffen „Freund“, „Pulitzer Prize“ oder „Karl Marx“. Sie wählten dazu Wikipedia, eine gedruckte (also herkömmliche) Enzyklopädie (Columbia Encyclopedia) und das Webprojekt everything2. Letzteres ist wie Wikipedia ein Versuch einer hypertextuellen Wissensbank, die jedoch anders funktioniert. Bei everything2 kann zwar alle registrierte mitglieder neue Artikel erstellen, doch nur die ursprünglichen Autor/innen dürfen ihre Artikel edieren. Die anderen Mitglieder bewerten die Artikel. Die Bewertungen werden beim Artikel sichtbar gemacht. Je besser die Artikel bewertet werden, desto mehr Bwertungsmöglichkeiten erhalten ihre Autor/innen.

Emigh und Herring stellen fest, dass sich die Artikel in der gedruckten Enyklopädie und in Wikipedia in vielen formalen Kriterien mehr gleichen, als die beiden enzyklopädischen Online-Projekte. Offenbar sind die Vorstellungen von einem „richtigen“ Eintrag in eine Enzyklopädie stark geprägt von bestehenden (gedruckten) Vorbildern. Und es scheint, dass vor allem die aktiven Mitglieder bei Wikipedia die Einträge auch in diese Richtung umgestalten.

Demgegenüber enthalten die Einträge bei everything2 mehr persönliche Einschätzungen und präsentieren auch ungewöhnliche Sichtweisen.

Verfolgen
Bellomi und Bonato haben Wikipedia einer Netwerkanalyse unterzogen. Sie haben die Verknüpfungen zwischen den Wikipedia-Einträgen analysiert. Dabei nahmen sie verschiedene mathematisch-statistische Methoden zu Hilfe, die auch bei der Rangierung von Suchergebnis-Listen zum Einsatz kommen, etwa PageRank der Google-Erfinder Brin und Page. Sie gewichteten die Links anhand der Überlegung, dass ein Wikipedia-Eintrag besonders wichtig sei, wenn viele andere Einträge auf ihn verweisen. Dabei erhält ein Verweis wiederum mehr Gewicht, wenn er von einem Eintrag mit Gewicht stammt. Ein solcher Verweis wertet damit den Eintrag auf, zu dem er führt.

Damit wollten sie zeigen, wie Begriffe mittels Begriffen erklärt werden und welche Begriffe besonders wichtig sind. Sie kamen zum Schluss, dass vor allem regionale Bezeichnungen (Länder, Städte) und zeitliche Bezeichnungen (2. Weltkrieg, 11. September) besonders wichtig sind und hier (für die untersuchte englische Version der Wikipedia) eine Fokussierung auf die westliche Welt festzustellen ist.

Interessanterweise gelangten sie mit zwei unterschiedlichen Messmethoden zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Die Google zugrundeliegende PageRank-Methode zeigte eine hohe Gewichtung von religiös-christlichen Begrifflichkeiten. Was das bedeutet und wie es erklärt werden könnte, erläutern Bellomi und Bonato leider nicht.

Literatur

Übersicht: Aus der Welt der Wikis

HOK: Lesen: Suchen und Finden: Aktenzeichen „Versteckte Suchwörter“

Eine kleine Episode aus der Welt der Suchmaschinen. Heise berichtet, dass Google neu auch deutschsprachige Seiten aus dem Index ausschliesst (auf deutsch: diese Seiten werden in Google nicht mehr gefunden), die entgegen den Google-Richtlinien versteckte Wörter enthalten. Mit versteckten Wörtern kann die automatische Beurteilung einer Seite durch Google beeinflusst werden: die Berechnung des Rankings (also der Platzierung einer Seite innerhalb der Google-Ergebnisliste) berücksichtigt, wie oft das vom User bei Google gesuchte Wort auf einer Seite vorkommt – ob es unsichtbar ist oder nicht, kann die Maschine bei der Berechnung nicht ermitteln, da sie den Quelltext auswertet (und nicht auf die Erscheinung im Broswer achten kann).Das klingt ja vernünftig. Denn die User wollen nicht nach Britney Spears suchen und dann auf eine Porno-Seite gelangen, die versteckt 100 Mal den Namen der Popgöre auflistet. Das mag nebensächlich erscheinen (wer nach Britney Spears sucht, muss mit solchen Fallen halt rechnen…), aber man ersetze Britney Spears mit „Gebrauchtwagen“ und Porno-Seite mit „Gebrauchtwagen-Händler Z“, der damit alle anderen Gebrauchwagen-Händler aussticht – und das grundlegende Problem wird deutlich.

Für wissenschaftliche Recherchen (sofern man diese überhaupt mit Google machen möchte) ist dies vielleicht nicht von zentraler Bedeutung, da Wissenschaftler in der Regel ihre Suchwörter nicht verstecken und in der Regel auch keine ausgeklügelten datenbankbasierten Websites betreiben.

Doch die Meldung bestärkt in der grundsätzlichen Erkenntnis, die man im täglichen Umgang mit Google (aber auch mit anderen Suchmaschinen) gerne vergisst: hier wird enorm viel manipuliert. Google legt zwar offen, nach welchen Prinzipien die Suchmaschinen-Betreiber ihrerseits diese Manipulationen entgegentreten. Was Google hier mitteilt und offenlegt und was nicht, liegt aber im Ermessen der Firma.

Übersicht: HOK Lesen: Suchen und Finden

Aus der Welt der Wikis: Zensur

Nicht nur bei Blogs, auch bei Wikis kann es zur Zensur kommen. Konkret geht es um Wikipedia, das von den chinesischen Behörden (gleichsam ein „usual suspect“, die auch schon bei Blogs als Zensor aufgetreten sind) in Teilen für den Zugriff aus dem chinesischen Netz gesperrt wurde.

Wikipedia ist aber auch in Deutschland zu einem zeitweiligen Verstummen gezwungen worden. Dort war es eine einstweilig Verfügung der Eltern eines Programmierers und Hackers, der unter mysteriösen Umständen ums Leben kam (sein Selbstmord wurde in der Szene immer wieder angezweifelt). Die Eltern wehrten sich gerichtlich gegen die Nennung des Familiennamens und beriefen sich Persönlichkeitsrechte. Dies könnte noch eine Reihe von Klagen nach sich ziehen, denn es gibt wohl noch weitere Personen, die mit der Art der Darstellung in Wikipedia nicht einverstanden sind.
Allerdings hatte die Verfügung nur eine begrenzte Reichweite. Das deutsche Wikipedia war unter wikipedia.de nicht mehr erreichbar, aber noch immer unter de.wikipedia.org. Nur einen Tag später konnte Wikipedia die Wirkung der einstweiligen Verfügung wieder aufheben. Mehr über die Hintergründe dieses verwirrenden Falls, der plötzlich sehr viel öffentliche Aufmerksamkeit erhalten hat, in einem Artikel von Burkhard Schröder bei Telepolis.

Übersicht: aus der Welt der Wikis

Aus der Welt der Wikis: Wikis machen schlau – so oder so

Eine Reaktion von Erik Möller auf eine kritische Bemerkung in meinem Eintrag „Aus der Welt der Wikis: Legendenbildung“ hat verschiedene Konsequenzen:

  • Die Einsicht bei mir, dass Fragen nichts kostet: Wenn ich mich schon wundere, warum Erik Möller den besprochenen Sachverhalt nicht erkannt hat, wäre ein Mail ein Leichtes gewesen. Aber, wie an anderer Stelle bereits gesagt, man misst den eigenen Blogs ja nicht immer die Ausstrahlung zu, die sie zuweilen haben.
  • Die Erkenntnis, dass in der Wiki-Welt ein einfacher Link auf eine Webpage noch weniger ausreicht als bei konventionellen Websites. Damit wird die in (geisteswissenschaftlichen Kreisen zumindest) vorgeschlagene, aber auch nicht immer konsequent angewendete Vorgabe, zu jedem Link das Datum des Aufrufs hinzuzuschreiben, in ihrer Sinnhaftigkeit klar bestärkt. Möller schreibt nun, dass MediaWiki neuerdings (seit Sommer 2005) die Möglichkeit bietet, gezielt auf spezifische Archiv-Versionen von Wiki-Einträgen zu verlinken. Auch ein Teil historischer Online-Kompetenz: diesen Sachverhalt zu kennen und die Funktionalität auch anzuwenden.

Das Wikis schlau machen, sei es durch das Lesen der Inhalte oder durch die Auseinandersetzung mit ihrer Funktionalität, bestätigt auch der Artikel von Bertrand Meyer.

Übersicht: Aus der Welt der Wikis

Aus der Welt der Wikis: Kontrolle ist gut – ist Misstrauen besser?

Nach all den Bemühungen, mit einem offenen Konzept ? la Wiki und Wikipedia zu gesicherten Wissen zu gelangen, in dem Elemente des Peer-Reviews eingebaut werden sollen, ist die Meldung vom Versagen des Peer-Reviews bei einem der renommiertesten Wissenschafts-Magazine der Welt, Science, und dies noch in einem hochsensiblen und unter besonderer Aufmerksamkeit stehenden Bereich wie dem Klonen, doch sehr irritierend (Der Fall Hwang).

Folgt daraus, dass die medien- und informationskompetente User am besten von Anfang an aller Information misstrauen, die sie nicht selbst dreimal mit unabhängigen „Zweit-Instanzen“ geprüft haben? Wie oft, funktionieren die zugespitzten Erkenntnisse in der Realität nicht. Es bleibt die Schwierigkeit (bzw. der Anspruch an die Kompetenz), kontext-abhängig zu differenzieren: Es ist nicht dasselbe, ob man einem Link in Google oder einem Artikel in Science zum Thema Klonen vertrauen möchte: bei beiden ist das grundsätzlich möglich, aber auch grundsätzlich riskant. Aber nicht im gleichen Masse.

Ob Wiki oder „Science“: Das Fehler aufgedeckt und von den jeweiligen Verantwortlichen transparent dargestellt werden (sei es der Fall Hwang oder Seigenthaler), sollte uns im Vertrauen eher bestärken. Das deutet darauf hin, dass zumindest die nachträglichen und durch Externe geleisteten Prüf-Verfahren funktionieren.

Aus der Welt der Blogs VII: Rechne nie damit, dass niemand Deinen Blog liest

Auch das Medium Blog scheint Leute anzuziehen, die sich gerne selber vor Publikum in Schwierigkeiten bringen – dies scheint kein Privileg von Nachmittags-Talkshows zu sein. Telepolis berichtet von einigen Beispielen, wie sich unvorsichtige Blogger um ihren Job (wegen image-schädigenden Aussagen über den Arbeitgeber) oder ihre Freiheit (wegen Ausplaudern strafbaren Verhaltens) gebracht haben („Mein Blog liest ja sowieso kein Schwein“).

Auch gefährlich: Ironie. Der Iraner Hossein Derakhshan („Hoder“), ein bekannter Blogger, der diese Medienform zur freien Meinungsäusserung über die politischen Begebenheiten in Iran nutzt und in verschiedener Form für sein publizistisches und riskantes Schaffen gewürdigt wurde, hat die unangenehme Seite der Internet-Transparenz bemerkt, die das Bloggen so mit sich bringt. Bei der Einreise in die USA wurde er von Zollbeamten kontrolliert. Die Zollbeamten googelten seinen Namen und kamen zum Schluss, er habe (unbewilligt) einen Wohnsitz in den USA und erziele in den USA ein Einkommen. Dabei spielte auch ein (als Scherz gemeinter) Blogeintrag eine Rolle, in dem Derakshan sich ausmalte, dass er von den iranischen Behörden bei einer Einreise in den Iran zum Geständnis gezwungen werden könne, er bekäme von der CIA Geld. Was die Grenzer als Hinweis auf Gehaltszahlungen der US-Regierung verstanden. Diese Auffassung konnte Hoder zwar noch korrigieren, dennoch erhielt er ein sechsmonatiges Einreiseverbot.

HOK: Lesen: Quellen

Übersicht über die Artikel zur Historischen Online-Kompetenz, die sich mit Fragen der Quellenkritik befassen (neuste zuerst – Update: 1.12.2006 – mit dem Wechsel zu weblog.histnet.ch ist die Kategorie „Quellen“ der geeignet Zugang zu diesen Einträgen):