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Audiovisuelle Medien als Forschungsgegenstand und historische Quelle

Vorgestern Freitag und gestern Samstag fand in Zürich das diesjährige Memoriav-Kolloquium statt, dessen (aus der Sicht der Geschichtswissenschaft) etwas verwirrend scheinender Titel deutlich machen sollte, dass auch andere Disziplinen sich mit dem audiovisuellen Kulturgut befassen, um deren Erhalt sich Memoriav bemüht.

Das Kolloquium bot denn auch einen bunten Strauss an Projekten und theoretischen Erwägungen, die das Kulturgut „Audiovisuelles Medium“ zum Gegenstand ihres Interesses machten. Leider liess diese weit gefasste Anlage der Tagung den roten Faden etwas vermissen: Worum ging es noch einmal? Ok, um audiovisuelle Medien, als Quelle – oder als Forschungsgegenstand. Das gilt zumindest für den Freitag, den Samstag konnte ich leider nicht mitnehmen.
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Tagung Bild/Code/Speicher in Basel

bildcodespeicher

Am 28. und 29. August findet in Basel zu Ehren von Prof. Rudolf Gschwind eine zweitägige interdisziplinäre Tagung statt. Die Tagung reflektiert die Bedingungen, Methoden und Strategien des digitalen Erinnerns. Im Fokus stehen die digitale Langzeitarchivierung, die Alterung analoger Bildträger (auf die wir auch im digitalen Zeitalter angewiesen sind), deren Digitalisierung und die neuen Möglichkeiten der digitalen Restaurierung von Film und Fotografie. Die Sichtweise der technischen Machbarkeit wird jeweils durch Perspektiven der Museumspraxis und durch kulturwissenschaftliche Nutzerperspektiven ergänzt. Anmeldung bis Ende Juli unter sekretariat@abmt.unibas.ch. Das Programm zum Herunterladen gibt es hier.

Schockierendes Video entdeckt!

Beim ahnungslosen Herumsurfen auf amerikanischen Nachrichtenkanälen mussten wir soeben einen schockierenden Fund machen, den wir unserer treuen Leserinnen- und Leserschaft nicht verheimlichen können:

Wir fragen: Kann Geschichte so grausam sein? Ist das wirklich die historische Wahrheit? Werden wir jemals die Hintergründe dieser tragischen Geschichte aufdecken? Und: Wie werden Historikerinnen und Historiker in 100 Jahren über den Fall Jan H. urteilen?

HOK Lesen: Quellen: Videos und YouTube

Ich habe schon meine Ansichten dargetan, inwiefern Podcasts (oder generell digitalisierte Ton-Dokumente, die über das Internet verteilt werden, bzw. bezogen werden können) die Quellen-Basis verändern. Die Austattung mit schnelleren (bzw. „breiteren“) Internet-Anschlüssen und verbesserte Übertragungs- und Komprimierungstechnologien führen dazu, dass sich zu den Audio-Dateien vermehrt auch audiovisuelle Dateien gesellen.

Dieser Trend hat auch einen Namen und eine Internet-Adresse: YouTube. Natürlich sind hier die gleichen Effekte zu sehen, wie in der Blogosphäre, dem Podcast-Universum oder Bildalbum-Portalen: Zum Einen gibt es unzählige Selbstdarstellungen und Trivial-Inhalte; zum Anderen werden Fernseh-Ausschnitte hochgeladen (-> illegal! Urheberrecht!!). Natürlich gibt es auch interessante und kreative Eigenleistungen. So lancierten drei Franzosen nach dem WM-Final (in dem der französische Fussballer Zinedine Zidane die rote Karte erhielt, weil er einen italienischen Gegenspieler mit einem Kopfstoss niederstreckte) einen Song, der den Kopfstoss von Zidane thematisierte (Coup de Boule). Auf YouTube gab es schon vor dem offiziellen Video einen (illegalen!) Zusammschnitt von Spielszenen, die den Song bestens veranschaulichten.

Doch YouTube wird auch für die „harten“ Informationen zu einem interessanten Anlaufpunkt. Waren es während des Irak-Kriegs noch Blogger, die ungeschminkt die Realität des Kriegsalltags in der ganzen Welt bekanntmachten, sind es nun Kurz-Videos, die vom Krieg in Südlibanon berichten – wobei auch hier alle Regeln der Vorsicht bezüglich der Authentizität zu beachten sind.

Die Tagesschau weist auf diese neue Funktion von YouTube hin und macht sich Gedanken zur neuen Konkurrenz für die etablierten News-Medien. Einzelne TV-Konzerne gehen vermehrt dazu über, statt über Raubkopien zu klagen, selber ihre Inhalte auf YouTube zu veröffentlichen – und dies als Beitrag zur Imagepflege zu sehen. Die Tagesschau ist noch nicht auf YouTube vertreten, kann aber bereits als PodCast abonniert werden.

Das Verblüffende an YouTube ist nicht nur die Vielfalt der Videoschnippselchen, sondern auch die einfache Handhabung, die das Einbinden der Videos in eigene Websites oder Blogs ermöglicht. (Ein Beispiel folgt hier sogleich…).

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HOK Lesen: Quellen: Viral Spots

Eine interessante Quellengattung, die auch den Bedarf an medientheoretischer Durchdringung der geschichtswissenschaftlichen Betrachtung der Neuen Medien, bzw. der ICT (Information and Communication Technologies) noch einmal vor Augen führt (die hier sicherlich sehr reizvoll wäre), sind die Viral Spots. Dabei handelt es sich um Kurzfilme, die Werbespots, aber auch Amateurvideos oder Filmtrailer effektvoll nachahmen und meist in obszöner, makabrer oder sarkastischer Art überzeichnen – und sich gerne im Grenzbereich des guten Geschmacks (und gleich auch jenseits der politischen Korrektheit) platzieren. Sie erreichen im Mund-zu-Mund-Verfahren (oder besser: Mailbox-zu-Mailbox-Verfahren) eine immense Breitenwirkung. (Tagesanzeiger, 13.3.2006: Freche Verwandte der Flimmerkiste)

Quellenkritisch relevant ist der Umstand, dass die Urheber oft nicht zu eruieren sind. Manchmal sind es die Werbefirmen grosser Unternehmen, die sich durch die virale Verbreitung der Clips (Viral Marketing) einen besseren Werbeeffekt erhoffen, manchmal sind es Parodien von kunstvollen Tüftlern. Es können auch veränderte Originalwerbungen sein, mit zusätzlichen Einblendungen oder Sprachspuren. Das Wesen der Viral Spots bedingt, dass die Ursprünge bewusst im Dunklen gelassen werden – was eine besondere Herausforderung bei der Interpretation dieser Quellen darstellt. Sei dies eine gar makabre Autoreklame mit Terrorist oder eine heikle, pädophile Filmtrailer-Variation von Brokeback Mountain, zusammengefügt aus Filmschnippseln des 80er-Kultfilmes Back to the Future.

Gerade in den Zusammenstellung etwa auf der Website boreme.com verwischen die Grenzen zwischen echten Amateur-Aufnahmen, Schnippseln von Fernsehprogrammen, witzigen oder provokanten „echten“ Werbespots und den Parodien.

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