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Spiegel Online „entdeckt“ Paul Otlet

mundaneum

Ein interessanter Artikel bei Spiegel Online berichtet über den belgischen Bibliotheks- und Dokumentations-Pionier Paul Otlet, der bereits 1898 eine universelle Bibliothek (das Mundaneum) mit begründete und 1934 in seinem Werk Traité de Documentation bereits eine vernetzte Wissensstruktur skizzierte, wie sie der (weitaus berühmtere) Vannevar Bush 1945 in seinem bekannten „As we may think“ umschrieb. Dies fasst Hilmar Schmundt bei Spiegel Online in die knackige Phrase:

Ist das Internet also keine amerikanische Vision, sondern eine europäische?

Anlass des Artikels über den (laut Spiegel Online) „selbst bei Medienwissenschaftlern unbekannten“ Pionier ist womöglich eine Neu-Erscheinung zum Mundaneum, die bei Impression Nouvelles für den September angekündigt wurde, vermutlich war das auch Anlass einen Artikel in der New York Times, den Sebastian Böll im InfoWissBlog auch gerade eben angezeigt hat.

Eine kurze Recherche im Netz lässt an der behaupteten Unbekanntheit von Paul Otlet Zweifel aufkommen, nicht nur wegen der (unvermeidlichen) Wikipedia-Einträge, sondern auch wegen bspw. dieser Filmdokumentation des holländischen Fernsehens über Paul Otlet aus dem Jahr 1998 (!) oder des Artikels über Paul Otlet, den Frank Hartmann bereits im Oktober 2006 bei Telepolis veröffentlichte.

Feldnotizen Geschichte 2.0: Volltext-Suche, Klicken, Vergleichen

Aus Anlass einer Podiumsdiskussion in Wien, zu der ich als Diskutant eingeladen wurde, habe ich versucht, einige Erkenntnisse aus meiner bisherigen Forschungsarbeit zusammenzufassen. Dabei interessierte mich (ausgehend von der Frage des Podiums nach der Rolle von Hypertext und digitalen Medien im universitären Alltag) als Historiker und Kulturwissenschaftler, ob Nutzungstechniken ausgemacht werden können, die die den digitalen Medien inhärent sind, also nicht von anderen Medien (etwa Büchern oder elektronischen Medien) auf die digitalen Medien übertragen werden. Natürlich interessiert mich als Didaktiker die Frage, ob daraus Schlussfolgerungen für E-Learning-Szenarien gezogen werden können. Weiterlesen

Weihnachten im September

Seit dem Vortrag von Norbert Bolz weiss ich, dass Weblogs emotional und subjektiv sein müssen, um authentisch zu wirken. Daher ganz emotional und subjektiv die freudige Mitteilung, dass die Dissertation von Kollege Krameritsch (die erste umfassende wissenschaftliche Monographie zu den Auswirkungen des Hypertexts auf die Praxis der Geschichtswissenschaften) erschienen und nun endlich im Buchhandel (on- und offline) und hoffentlich auch bald in der Bibliothek Ihrer Wahl erhältlich sein wird. Wirklich emotional ist der Fakt (pardon: empfinde ich den Fakt), dass ich ein gewidmetes Exemplar erhalten habe und zur öffentlichen Vorstellung dieses Buches (und eines anderen) als Teilnehmer an der Podiums-Diskussion (dazu hier mehr) eingeladen worden bin (gemeinsam mit Peter Haber und Michael Nentwich). Das ist doch glatt: Weihnachten in September!

Neues Standardwerk der «Wiener Elektronischen Schule» erschienen

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«E-Learning Geschichte» heisst das neue Buch der Wiener Autorengruppe um Wolfgang Schmale: «Das Buch ist Resultat einer mehrjährigen E-Learning Praxis des AutorInnenteams, die sich auf Erfahrungen aus einer Vielzahl von Lehrveranstaltungen, aus mehreren drittmittelfinanzierten E-Learning Projekten sowie medienhistorischer Forschung stützt. Das Buch geht in positiv- wie negativ-kritischer Weise auf E-Learning an Universitäten in den historisch-kulturwissenschaftlichen Fächern (insbesondere Geschichte) ein.»

Das erste Kapitel beschreibt das universitäre Umfeld einer zukunftsorientierten E-Learning-Strategie und skizziert die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts für die universitäre Lehre im Fach Geschichte. Das zweite Kapitel widmet sich ausführlich den verschiedenen Konzepten und Formen von E-Learning und beschreibt insbesondere das Konzept einer «E-Medienkompetenz». Das dritte Kapitel («Strategische Optionen») fokussiert den universitätspolitischen Rahmen und diskutiert die Frage, wie sich E-Learning-Elemente in die Lehre integrieren lassen. Im vierten Kapitel werden einige erfolgreiche Projekte vorgestellt, darunter Geschichte Online (Wien), Ad fontes (Zürich) und pastperfect.at (Wien). Den Abschluss bildet ein Kapitel über «Die hohe Kunst des E-Learning: Das Bauen hypertextueller Gebilde». Bibliographische Angaben und weitere Informationen zum Buch gibt es bei Böhlau oder auf den Seiten der e-Medien-Strategie der Hist-Kult Fakultät der Universität Wien.

Das Schreiben der Geschichte

Michel de Certeau legte in seinem 1975 erschienenen Buch «L’écriture de l’histoire» (dt. 1991: «Das Schreiben der Geschichte») nichts weniger als eine «Ortsbestimmung der Geschichtsschreibung» (Klappentext) vor. «Was fabriziert der Historiker, wenn er ‚Geschichte macht‘? Woran arbeitet er? Was produziert er?» fragte de Certeau einleitend zum Kapitel «Die historiographische Operation».

Auch im Schreib-Guide Geschichte von Wolfgang Schmale geht es um die historiographische Operation – wenn auch in einem konkreteren Sinn als bei de Certeau. Der soeben neu aufgelegte und wesentlich erweiterte Schreib-Guide gehört eigentlich auf die Lektüreliste eines jeden angehenden (und auch gestandenen) Historikers. Das Buch thematisiert nämlich einen Bereich der Geschichtswissenschaft, über den gerne nicht oder nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird: den Prozess des Schreibens.

Historiker produzieren ihr symbolisches Kapital fast ausschliesslich mit Hilfe von Texten. In den letzten Jahren indes hat sich dank Computerisierung und Vernetzung in diesem Bereich einiges geändert. So ist es Schmale und seinem Team hoch anzurechnen, dass in der Neuauflage ein vollständig neues Kapitel zum Thema «Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten» aufgenommen wurde. Die beiden Wiener Historiker Jakob Krameritsch und Martin Gasteiner führen auf knapp vierzig Seiten sehr gut und auch für Nicht-Experten bestens nachvollziehbar in die Spezifika des historischen Online-Schreibens ein. Sie charakterisieren einerseits das Weblog als Medium der historischen Fachkommunikation und erläutern andererseits die schreibrelevanten Aspekte eines Hypertextes.

Bleibt zu hoffen, dass auch das Schreiben für Wikipedia in der nächsten Auflage Einzug in den Guide erhalten wird. Auch die ganze Frage der elektronischen Literatur- und Exzerpteverwaltung – Stichwort: Lit-Link – ist im Buch ein wenig zu kurz gekommen. Aber ansonsten: Für alle Geschichtsstudierende die ideale Lektüre für die nächsten Semesterferien!

«Zeitenblicke» zu Wissenschaft im digitalen Zeitalter

Die geschichtswissenschaftliche Online-Zeitschrift „zeitenblicke“ widmet die jüngste Ausgabe dem Thema „Digitale Medien und Wissenschaftskultur„. Mit Geschichtswissenschaften im engeren Sinne haben nur einige der Artikel zu tun, etwa Jakob Krameritschs Überlegungen zu „Herausforderung Hypertext. Heilserwartungen und Potenziale eines Mediums“ oder Stefan Haas‘ Darlegungen zu „Vom Schreiben in Bildern. Visualität, Narrativität und digitale Medien in den historischen Wissenschaften„. Sonst befassen sich die Artikel von einer allgemeinen kulturwissenschaftlichen Warte aus mit den Phänomenen der „Cyberscience“, etwa im Bereich der Publikationsmöglichkeiten und der Informationssuche oder bezüglich Veränderungen bei der Bedeutung der Autorschaft.

Literatur:

Zum Bloggen in Lehrveranstaltungen (und in der Wissenschaft)

Ich habe zum Ausklang des alten Jahres mir die Zeit genommen, mich ausführlicher in den Weblogs der Lehrveranstaltung „Informatik und Medien in der Geschichtswissenschaft“ an der Universität Wien umzusehen. Hingewiesen habe ich auf diese erstmalige Verwendung von Blogs in einer Lehrveranstaltung der Geschichte im deutschsprachigen Raum bereits vor einigen Wochen zu Semesterbeginn. Ich hatte die Blogs zwar in den letzten Wochen immer wieder mal beobachtet, bislang jedoch noch wenig Anlass gehabt, mich dazu zu äusssern. Dazu gaben erst die letzten Einträge einen Anstoss, als es ums Bloggen ging. Die Studierenden äusserten sich zum Nutzen von Weblogs und reflektierten über ihre Erfahrungen, Einschätzungen und Erwartungen gegenüber diesem Medium. Dies gab mir Anlass, einige Einträge zu kommentieren. Dabei erlaubte ich mir den Luxus, im Gegensatz zu den Betreuer/innen der Lehrveranstaltung unvollständig bleiben zu können und nicht alle Blog-Einträge zu kommentieren.

Einige Erkenntnisse, die beim Durchlesen und Kommentieren zu Tage traten, seien hier kurz zusammengefasst.

Vielfalt
Zunächst fiel mir die formale Vielfalt der Weblogs auf. Da gibt es ausführliche, gegliederte Darstellungen neben kurzen, flachen und kompakten Einträgen. Hier wird die Individualität der Studierenden am deutlichsten sichtbar: man merkt, wem diese Art des schriftlichen Ausdrucks liegt, aber auch, wem es wichtig ist, dass keine Tippfehler oder stilistische Ungereimtheiten im Text vorkommen – entsprechende Korrekturen brauchen natürlich Zeit.

Andererseits weisen fast ausnahmslos alle Einträge nur wenige Links auf. Sie bestätigen damit ihren Charakter als Begleit-Texte zu einer Lehrveranstaltung, die eher „aus einer Lehrveranstaltung in einen Blog“ als „aus dem Web in einen Blog“ geschrieben werden.

In Bezug auf den Inhalt sind sich die Einträge sehr ähnlich, ja fast schon schematisch: sie rezipieren einen vorgegebenen Text, der zusammengefasst und kurz kommentiert wird. Das gibt wenig Anknüpfungspunkte für „Kommentare“ – die auch zum grossen Teil bislang fehlen.

Zeit
Zeit ist (entgegen dem landläufigen Vorurteil) auch für Studierende ein knappes Gut. Das merkt man den Blog-Einträgen zuweilen an: für viele ist dies eine Aufgabe neben anderen, nicht unbedingt ein Herzensanliegen, sondern eine Vorgabe der LV-Verantwortlichen. So halten sich die Einträge oft kurz und werden mit „heisser Nadel“ gestrickt, d.h. kurz vor dem vorgeschriebenen Termin verfasst. Teilweise sprechen die Studierenden die Zeitknappheit (bzw. den Zeitaufwand für die Abfassung von Blogeinträgen) gleich selber an (z.B. bei Barbara Trampitsch oder Julia Zauner). Ina Markova spricht das Thema Zeit auch an, aber anders herum: sie bezweifelt die Sinnhaftigkeit der Aussage, dass Weblogs eine Möglichkeit seien, auf den zunehmenden Zeitdruck im Studium zu reagiere. Nicht, weil sie es nicht für möglich, sondern weil sie es nicht für sinnvoll erachtet.

Öffentlichkeit
Einige Studierende thematisieren auch die Öffentlichkeit, in der die Lehrveranstaltung, bzw. ihre Beiträge dazu durch die Blog-Einträge stehen. In der Tat, hier wird die eigene Arbeit ja nicht einer Teilöffentlichkeit, die aus Dozent, Tutor/innen und Mitstudierenden besteht, präsentiert, sondern buchstäblich allen, die Zugriff auf das Netz haben und der deutschen Sprache mächtig sind (was Barbara Walkobinger im treffenden Titel „Paradoxon Weblog – das öffentliche Tagebuch“ zusammenfasst). So ein Blog-Eintrag mag jeweils nur ein kleiner Tropfen in die unendliche Informationsflut sein. Und doch: wie hätte ich das gefunden, wenn fremde, mir unbekannte Leute Äusserungen kommentierten, die ich im Rahmen einer Lehrveranstaltung formuliert habe? Wie finden das wohl die Studierenden in diesem konkreten Fall? Damit meine ich nicht den Umstand, sich in einer weltweiten Öffentlichkeit zu äussern (wo schon das Mitlesen in den Zusammenfassungen der Mitstudierenden eine neue Erfahrung ist, wie Andreas Schmidt erwähnt), sondern dass man dazu im Rahmen einer Lehrveranstaltung verpflichtet wird – es also nicht selber wählt.

Da kann man durchaus verschiedene Ansichten dazu haben: Ich bevorzuge (ähnlich wie Richard Valenta) die Sicht, dass der „Mut zur Praxis“ letztlich durch Erfahrungen belohnt wird, die sich mit rein theoretischen Auseinandersetzungen (z.B. ein Referat in einem Seminar zum Thema „Bloggen“: Powerpoint, mit schönen Screenshots und knackigen Zitaten) nicht erzielen lassen.

Kommunikation/Interaktion
Ebenfalls wird von einigen Blogger/innen bedauert, dass die Möglichkeiten des gegenseitigen Kommentierens, also des Online-Austausches zu wenig genutzt werde (z.B. Michael Weinrichter oder Peter Sniesko). Hier scheint sich zu bestätigen, was viele Foren-Gründer auch schon erfahren haben. Diskussionen stellen sich nicht von alleine ein. Dass sich hier (bislang) keine Online-Diskussion eingestellt hat, hat wohl verschiedene Ursachen (denk ich mir als Aussenstehender, der nicht Einblick in die Gesamtheit des Lehr/Lernprozesses hat). Einerseits treffen sich die Studierenden in den Präsenzveranstaltungen, deren Diskussionsformen vertrauter sind und daher bevorzugt werden. Zum Anderen gab es bis anhin wenig Anlass zur Diskussion: die Studierenden fassten Texte zusammen und haben bisher kaum abweichende Einschätzungen zu den vorgegebenen Inhalten entwickelt. Das kann sich allerdings schnell ändern, wenn die Aufgabenstellungen etwas anders gefasst werden, worauf auch Philipp Doerler hinweist. Generell wäre auch eine andere Konstellation denkbar, wie Blogs in Lehrveranstaltungen integriert werden: Wechselweise könnte ein Teil der Studierenden die Aufgabe erhalten, auf die Blogeinträge anderer zu reagieren und diese zu kommentieren.

Wissenschaftlichkeit
Hrovje Tokic fragt sich: Können Blogs zitierfähige wissenschaftliche Beiträge sein? Im Prinzip schon, wenn sie Anforderungen an wissenschaftliche Texte erfüllen, mit anderen Worten der Autor bekannt ist und dieser klar darlegt, auf welcher Grundlage er zu seinen Schlüssen gekommen ist (Quellen- und Literatur-Nachweis). Das scheint mir nicht eine grundsätzliche Frage des Formats, sondern eher eine seiner üblichen Verwendung zu sein: Weblogs sind in der Regel eher informell gehaltenes „lautes Denken“; ein Beleg dafür, dass sich im Web geschriebene und gesprochene Form der Auseinandersetzung durchmischen und die Grenzen zwischen Publikation und Kommunikation durchlässiger werden.

Soziale Kontakte
Am meisten beschäftigt die Studierenden die (vermeintliche) Aussage Martin Gasteiners und Jakob Krameritschs (deren Text zu Weblogs den Einträgen zugrunde lag, siehe unter Literatur – sehr ausführliche Zusammenfassung im Blog von Claudia Brandstetter), dass Weblogs im Stress des Studienalltags auch Funktionen sozialen Kontakts wahrnehmen können. Hier gehen alle Äusserungen in die Richtung, dass Weblogs die herkömmliche Form des Umgangs miteinander nicht ersetzen könne (z.B. bei Ina Markova, Michael Reiter, Andreas Schmidt, Dominik Schwarz und Barbara Walkobinger) Dabei geht es ja (wie oft in der Diskussion um Neue Medien) weniger um Ablösung und Ersatz bestehender Nutzungen als um die Erweiterung des Nutzungsmixes – und damit einhergehend die Notwendigkeit zur Entscheidung, in welchem Verhältnis man neue und alte Medien (und die damit zusammenhängenden Kontaktformen) mischen möchte.

Tanja Jenni bringt die letzten Punkte noch einmal anders aufgefädelt auf den Punkt: Sie fragt eigentlich danach, ob ein Blog seinen Sinn und Zweck erfüllen kann, wenn nicht eine aktive Gruppe an der Diskussion partizipiert, die durch die Einträge angeregt werden soll. Ich frage mich (und dies ist keine suggestive Frage): ist der Nutzen eines Weblog abhängig von der Grösse und der Aktivität der Leserschaft?

Mich selber interessiert am Bloggen weniger die Frage, ob es sich durchsetzt oder nicht. Vielmehr nimmt mich Wunder, wer genau zu welchen Zwecken und mit welchen Absichten als Wissenschafter Weblogs betreiben wird: als Hobby zu seinen Lieblingsfilmen, als Ventil, um den im Alltag der Scientific Community angestauten Frust zu verdauen, als Marketingmaschine, um auf die eigene Kompetenz (Forschungsprojekte, Publikationen) hinzuweisen, als Austausch- und Diskussionplattform, die der Themenfindung oder -abrundung dient. Und trennt sich die Scientific Community in eine Gruppe, die sich auf Tagungen trifft und solchen, die sich im Netz austauschen – wobei es beliebig grosse Schnittmengen geben kann?

Oder setzt sich in den Wissenschaften vielleicht nur das Edu-Bloggen als autodidaktische Spielwiese zur Schulung der Schreibkompetenz für angehende Jungakademiker (und als Plagiatsverminderungs-Strategie wie sie Sterngold vorschlägt) durch?

Immerhin haben einige der Studierenden geäussert, dass sie sich zumindest überlegen, ihren Weblog auch nach der Lehrveranstaltung weiter zu führen. Mal sehen.

Literatur:

  • Gasteiner, Martin; Krameritsch, Jakob: Schreiben für das WWW. Bloggen und Hypertexten, in: Schmale, Wolfgang (Hg.): Schreib-Guide Geschichte, Wien 2006, S. 243-271.

HOK Lesen: Suchen und Finden: Hyperlinks ade – Welcome Hyperwords?

Eine kleine Startup-Firma bietet einen Zusatz namens Hyperword zum Firefox-Browser, der ermöglicht, jedes beliebige Wort in einem Text anzuwählen und als „Link“ zu nutzen. Was passiert: Das Wort wird in wahlweise an Google, Amazon oder andere Webdienste übergeben und anschliessend entsprechende Ergebnisse angezeigt.

Das kann ganz praktisch sein, wenn man schnell eine Literatur-Angabe dahingehend überprüfen will, was das bei Amazon kosten würde. Noch besser, wenn man nachschlagen könnte, ob das Buch in der eigenen Bibliothek vorhanden ist. Dafür müsste Hyperword aber besser konfigurierbar sein, als es dies im Moment ist (beispielsweise ist die Abfrage auf die englischen Versionen von Google und Amazon etc. eingestellt, was zu wenig sinnvollen Resultaten mit deutschen Wörtern führt). Die Voreinstellungen lassen vermuten, dass dies in zukünftigen Versionen der Fall sein könnte.

HOK Schreiben: Blog = Microcontent

Bei der Suche nach Ansätzen, Blogs für e-Learning einzusetzen, stiess ich auf den Begriff „Microcontent“. Der Begriff bezeichnet die einzelnen Blog-Einträge, was mir einleuchtend und auch aussagekräftig erscheint. Microcontent erfüllt idealtypisch die Voraussetzungen des Hypertexts auf kleine, in sich geschlossene Informationseinheiten, die modular beliebig miteinander kombiniert werden können.
Auch das Verfassen von Blog-Einträgen in vorliegendem Blog macht mir dies deutlich: die Hemmschwelle zur Publikation ist geringer, da der Kontext nicht a priori schon entwickelt sein muss. Die Zusammenhänge der Microcontents können auch nachträglich durch Verlinkung erstellt werden (wenn das überhaupt erwünscht ist). Sonst muss sich der Leser, die Leserin eben selber die Zusammenhänge erstellen, ganz in Sinne eines „schreibenden Lesens“, der Konstruktion von Sinn aus non-linearen Texten.

Übersicht: HOK Schreiben

HOK: Lesen/Schreiben: Einstieg

Dass sich Online-Kompetenz mit Lesen und Schreiben befasst, ist angesichts der Tatsache, dass mit der Hypertext-Technologie eine neue Textgattung postuliert wird, naheliegend. Das „Wreading“ macht die Unterscheidung zwischen Lesen und Schreiben immer schwieriger, diese ist aber dennoch nötig: Gerade in der Geschichtswissenschaft ist der Prozess des Schreibens (eben die „Geschichtsschreibung“) von grosser Bedeutung. Neben dem HOK Lesen und HOK Schreiben daher hier eine Sammlung von Blog-Einträgen zu HOK Lesen/Schreiben (neueste Einträge zuerst – letztes Update: 1.12.2006):

HOK: Lesen – Vom Suchen und Finden X: Browsen

Eibl (2004, 135) unterscheidet in Anlehnung an Kuhlen und MacAleese folgende Formen des Browsen:

  • Gerichtetes Browsen mit Mitnahmeeffekt
  • Gerichtetes Browsen Serendipity-Effekt
  • Ungerichtetes Browsen
  • Assoziatives Browsen

Beim gerichteten Browsen schränkt man die Menge der zu durchforschenden Informationen ein. Am Beispiel einer Bibliothek: man durchstöbert die Bücher einer bestimmten Signatur zu einem interessierenden Sachgebiet. Findet man ausser dem ursprünglich gesuchten Titel andere Bücher, die zum gewünschten Thema passen, nimmt man diese mit (Mitnahme). Findet man ein interessantes Buch zu einem anderen Thema, hat man einen Serendipity-Effekt erzeugt. (Ist es Zufall, dass hier als Beispiel wieder eine Bibliothek auftaucht?).

Das ungerichtete Browsen ist eher einem „internet-globetrotting“, einem ungezielten Wandern durch den Cyberspace zu vergleichen. Treffer sind zufällig (und können ebenfalls als Serendipity-Effekte bezeichnet werden). Assoziatives Browsing wird (irritierenderweise) etwas abschätzig, bzw. wissenschaftlich wenig relevant als „lustbetontes“ Stöbern bezeichnet, das zu Konzentrationsschwäche und Orientierungsverlust führe, weil man einfach den subjektiven Bedeutungszuweisungen bei Verknüpfungen folgen würde. Doch gerade das Bilden von Assoziationsketten scheint mir, sinnvoll eingesetzt, eine stark gestaltende Form des Hypertext-Lesens zu sein, hier wird der Reader zum Wreader.

Neben dem Browsen gibt es weitere Formen der Informationsentnahme aus Hypertexten:
das Anwenden von Suchalgorithmen (dazu gehören Suchmaschinen ebenso wie durchsuchbare Verzeichnissystem, aber auch Website-Suchfunktionen) und das Verfolgen vorgefertigte Pfade (wie bei „guided tours“).

Literatur:
Eibl, Thomas: Hypertext. Geschichte und Formen sowie Einsatz als Lern- und Lehrmedium. Darstellung und Diskussion aus medienpädagogischer Sicht, München: Kopaed 2004