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Nachdenken über Weblogs – oder: Nachwirkungen eines analogen Kaffeekränzchens


Kaffeekränzchen anno 1955

Nach einer Woche voller Termine (unter anderem einem Online-Gast-Vortrag in der Lehrveranstaltung „Digitale Arbeitsmethoden“ von Alexander König an der Uni Saarbrücken – schön zusammengefasst hier) hat das zurückliegende (kurze) Wochenende etwas Musse eröffnet, über den Workshop vom 12. November etwas intensiver nachzudenken. Mittlerweile sind ja freundlicherweise bereits einige bloggenden Kollegen in die Bresche gesprungen und haben Ihre Eindrücke bereits mitgeteilt (Dank an dieser Stelle an Kollega die Kolleg/innen Schneider, Sarti, Kelly, Schmalenstroer und Cornelissen).

Das Bild des „Kaffeekränzchens“, das Kollega Schneider – leicht enttäuscht, wie ich unterstelle – in seiner Reaktion auf den Workshop verwandte, hat mich ins (durchaus positive und anregende) Grübeln gebracht. In dieser Formulierung verbergen sich ja Erwartungen und Ansprüche an den Inhalt und die Form eines Diskurses, die offenbar nicht erfüllt worden sind. Weiterlesen

Apologies, edwired

Da haben wir vor lauter Freude über unser eigenes Jubiläum übersehen, dass das Weblog edwired von Kollega und histnet-Co-Blogger Mills Kelly ebenfalls gerade eben seinen fünften Geburtstag gefeiert hat. Deshalb an dieser Stelle ein nachträgliches „Happy Birthday“! Nur kurz nach unserem Weblog gestartet, hat Kelly in den vergangenen fünf Jahren 375 Beiträge publiziert – was gegenüber unseren eben gefeierten 1000 nach wenig ausschauen mag (zu denen Kelly übrigens 17 beigetragen hat…). Allerdings verzichtet Kelly in der Regel auf so kurze Postings wie diesem hier, sondern stellt in der Regel seine Überlegungen zu einem Thema etwas ausführlicher dar. Seine Weblog-Philosophie wird er nächste Woche am Workshop über das Verhältnis der Geschichtswissenschaften zu Web 2.0 noch eingehender erläutern (auf das hier ja bereits eingehend hingewiesen worden ist). Ein bemerkenswertes Indiz hierzu: Kelly hat mit seinen 375 Einträgen 700 Kommentare angeregt – wir mit unseren 1000 Einträge lediglich 1200…

Geschichte lehren mit Zotero

zoterogroups

Sean Takats hat bei seinem Besuch in Bern kurz darüber berichtet, dass er im nächsten Semester erstmals anstelle eines Weblogs, der die Veranstaltung begleitet und in den die Studierenden hineinschreiben sollen, Zotero einsetzen werde. Gleiches berichtet Mills T. Kelly in seinem Blog (neben einigen Müsterchen der real existierenden Infrastruktur-Bedingungen in der Lehre). Die Begründung lautet bei beiden ähnlich (von Mills Kelly etwas positiver formuliert): Die Weblogs würden von den Studierenden nur zögerlich befüllt, es entstehe wenig Interaktion und vor allem: nach dem Semester ist das Weblog tot. Mit Zotero verfolgen die beiden einen ganz anderen Ansatz, und wir sind gespannt ob dieser funkioniert. Weiterlesen

Ein Jahr Babelblog – One year Babelblog

Vor einem Jahr begannen wir anlässlich des 10 Jahre-Jubiläums von hist.net mit einem Experiment namens Babelblog. Wir fragten bloggende Historiker-Kollegen aus aller Welt, ob sie unser Weblog während eines Jahres mit Beiträgen in ihrer Muttersprache über die Nutzung digitaler Medien in den Geschichtswissenschaften ihrer Ländern versorgen würden. Das Echo war ausnehmend positiv, und von vielen der angefragten Kollegen erhielten wir auch interessante Beiträge. Weiterlesen

Anstiftung zur Geschichtsklitterung?

hoax@wikipedia

Von einem ungewöhnlichen Unterrichtsprojekt berichtet Babelblogger Mills T. Kelly: Er untersucht im kommenden Semester mit seinen Studierenden, wie in der Geschichte scherzhafte Falschmeldungen („Hoax“) konstruiert und erkannt werden können. Anschliessend lässt er sie das Erprobte gleich in die Praxis umsetzen: die Studierenden sollen eine unwahre Geschichte so glaubwürdig darstellen, dass sie – Internet sei dank – möglichst viele Leute für bare Münze nehmen.

Kelly ist so freundlich und gönnt uns in seinem Blog eine Vorwarnung. Ein paar Themen, so erklärt er, werde er ausschliessen: den amerikanischen Bürgerkrieg, Medizinisches und Terror hält er aus verschiedenen Gründen für ungeeignet oder zu riskant. Zugleich erwähnt er auch die (nicht ausbleibenden) ethischen Bedenken von einigen Geschichtskolleginnen und -kollegen gegenüber dem Vorhaben.

Ich selber stehe diesem Projekt etwas ambivalent gegenüber: einerseits finde ich das eine geniale Unterrichtsidee und bin sehr gespannt auf das Ergebnis, aber auch auf die Erfahrungen während des Unterrichts. Andererseits denke ich, dass schon genügend Geschichtsklitterer und -klittererinnen im Internet ihr Unwesen treiben – nicht alle aus Freude am Scherzen (und davon auch nicht alle mit wirklich lustigen Ideen. Sollen sich da jetzt auch noch Studierende einreihen, die ihre Semesterarbeit absolvieren? Aber vielleicht immer noch besser als Fliessband-Proseminar-Arbeiten zu langweiligen Themen, die nur aus dem Internet zusammenkopiert worden sind. In Europa wäre ein solches Seminar allerdings wohl kaum denkbar – oder irre ich mich da?

Microspace, Yahoogle, Microhoo und schliesslich Yahooniversigoogle?

Die unsägliche, sich täglich ins Absurde steigernde Debatte um die diversen Übernahmeversuche und Kooperationspläne zwischen den IT- und Internet-Giganten haben wir hier bislang tapfer ignoriert. ((Was kommt wohl als nächstes? Googlezon wurde schon vor Jahren in EPIC 2014 vorgeschlagen, Yahoobay wurde auch schon genannt. Interessante Neu-Kombinationen nehmen wir gerne in den Kommentaren entgegen)) Mit gutem Grund, wie ich denke, schliesslich sind wir kein Business-Blog, sondern wir interessieren uns für die Zusammenhänge zwischen Geschichtswissenschaften und digitalen Medien. Und doch wäre es naiv zu glauben, dass die, wie sagt man, Strukturbereinigungsprozesse (?) oder Oligopolisierung (?) ohne Auswirkungen auf unsere wissenschaftliche Arbeit wäre – und dies nicht nur, weil auch (oder gerade) die persönlichen Daten von uns Wissenschafter/innen sehr interessant für die ökonomische Auswertung sind. Droht eine Yahooniversigoogleisierung??

Denn in den letzten Wochen habe ich mit einigem Interesse gelesen, wie unser Babelblogger Mills T. Kelly sich ausführlich Gedanken dazu gemacht hat, wie das (bereits stark ökonomisierte) US-Hochschulsystem durch die Internet-Business-Logik verändert werden könnte. Einer der Kerngedanken: Studienanfänger/innen erhalten die ersten 40 Credits umsonst, bzw. für eine geringe Einschreibegebühr („Freemium“). Damit sollen sie sich an der Hochschule während des Grundstudiums nach freiem Gusto orientieren und in verschiedenen Fächern rumschnuppern können. Erinnert mich irgendwie an die alte Vor-BA/MA-Studienordnung an unseren Universitäten…

Aber zurück zu Google, Yahoo, Microsoft und Co. Die schleichende „Google/Microsoft/Yahoo-isierung“ der Hochschulen und damit auch der Wissenschaften hat bislang noch wenig zu Diskussionen Anlass gegeben. ((in meiner Wahrnehmung, die ich gerne durch informierte Hinweise verändern lasse)) Offenbar sind alle Aktiven der Meinung, dass sich die wissenschaftlichen Institutionen gegenüber den (widersprüchlichen) wirtschaftlichen Interessen der Informations-/Informatik-Branche problemlos werden behaupten können: Zeitschriftenkrise, OpenAccess-Debatte, Subito-Lieferbedingungen, Google-Books-Projekte zum Trotz. Ich hoffe ja, dass sie Recht behalten und mein Enkel sich nicht an die Yahooniversigoogle einschreiben werden.

Clio and Me: Geschichtsblog des Monats März 2008

Diesen Monat soll wieder ein englischsprachiger Geschichtsblog zum Zuge kommen. Der Weblog „Clio and Me“ des an der George Mason University tätigen Mark Stoneman ist auch deshalb interessant, weil er eine weitere Variation zeigt, wie Weblogs den universitären Alltag von Historikern begleiten können. Ausserdem wollte ich bereits im Januar auf einen interessanten Artikel von Stoneman hinweisen, als er an einem Fallbeispiel aufzeigte, welche Auswirkungen die Wahl der Begrifflichkeiten bei einer historischen Google-Recherche haben können.

Dass Stoneman sich schwergewichtig mit deutscher Militär-Geschichte um 1900 beschäftigt, wird bei einer Analyse der Kategorien ebenso deutlich, wie die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten digitaler Medien, Forschung und Lehre zu unterstützen.

Spannend finde ich insbesondere, dass Stoneman an der gleichen Institution wie Babelblogger T. Mills Kelly tätig ist (wenngleich in anderer Funktion und in einer anderen Einheit), aber doch einen ziemlich anderen Stil pflegt und sich auch mit anderen Fragen beschäftigt.

Eckdaten

Titel: Clio and Me
URL: http://clioandme.wordpress.com/
Feed: http://feeds.feedburner.com/ClioAndMe
Autor/innen: Mark Stoneman
Region: USA
Frequenz: einmal wöchentlich

Babelblog: ein erster Rückblick / a first review

babelblog

Vor zwei Monaten starteten wir den Versuch „babelblog“: Wir öffneten unseren Weblog einer international zusammengestellten Gruppe von Historiker/innen, die aus ihrer Perspektive über die Geschichtswissenschaften im digitalen Zeitalter berichten sollten. Nach zwei Monaten und acht Einträgen von drei Autoren wollen wir einen ersten Rückblick halten.

Mills Kelly berichtete von einem Projekt, das die Entwicklung von Hilfsmitteln zur Erschliessung grosser Textmengen von historischem Interesse zum Ziel hat, vom Versuch der Library of Congress, ihr Bildarchiv auf Flickr bereit zu stellen und mit kollaborativem Tagging erschliessen zu lassen, einem Wiki, das dem (vor allem US-amerikanischen) Archiv-Wesen gewidmet ist, und von einem OpenSource Software-Paket, das mit Web-2.0-Technologien das Erstellen von Ausstellungs-Websites ermöglicht, bzw. vereinfacht.

Marcin Wilkowski berichtete von zwei Projekten in Polen, die historische Sachverhalten mit Web-2.0-Technologien darstellen und stellte die Frage, inwiefern die Erinnerung public domain ist, bzw. ob ein Privatunternehmen Bildmaterial von historischen Ereignissen, die eine ganze Gesellschaft betreffen, zu Werbezwecken einsetzen darf.

Loudovic Tournes schliesslich stellt die provozierende Frage, ob im digitalen Zeitalter die althergebrachten Bibliographien überhaupt noch einen Zweck erfüllen.

Wir warten gespannt auf die nächsten Einträge und sind zuversichtlich, dass bald weitere Autor/innen mit eigenen Beiträgen auf sich aufmerksam machen werden.

In January we started our project „Babelblog“: we invited some historians from different parts of the world to join our blog and post about the historical sciences in the digital age from their point of view. After two months and eight posts from three contributors, we think it’s time for a first look back.

Since most of the posts are in english, we do without replicating them one by one. We would like to point out the post of Loudovic Tournes though, not because it’s the only one in french so far, but rather because he asks boldly, whether in the digital age compiling and maintaining bibliographies is still making sense, or whether new technologies make those pre digital techniques needless.

In any case we are looking forward to a lot more interesting posts, that will come up during the next months – not only from the contributors we already have read, but also from new ones.

Gesucht: Digitale Historiker/innen

Digital Historians

Nein, das ist keine Stellenausschreibung – leider. Mills T. Kelly nimmt einige Ausschreibungen an US-Universitäten zum Anlass, über die Bedeutung von „digital skills“ in den Geschichtswissenschaften zu sinnieren. Bezeichnenderweise stammen die meisten von ihm genannten Stellenausschreibungen im Bereich „public history“. Und Kelly weist darauf hin, dass die George-Mason-Universität die einzige sei, die von ihren Doktoranden die Ausbildung „digitaler Fähigkeiten“ erwartet und einfordert. Die Historiker/innen seien zwar eine notorisch konservative Gruppe, doch wie lange können sich die Ausbildungs- und Forschungsinstitutionen diese digitale Enthaltsamkeit noch leisten?

Of the history majors enrolled in our programs right now, how many of them are going to consider enrolling in a PhD program at a place that offers not one single digital history course? And for how much longer are history departments going to wait before they start begging and pleading for recent PhDs with significant digital skills? Fewer and fewer is my answer to the first question and not much longer is my answer to the second.

Ich fürchte, es würde Mills Kelly nicht trösten, dass auch hierzulande die geschichtswissenschaftlichen Institutionen sich mit der Entwicklung „digitaler Fähigkeiten“ beim akademischen Nachwuchs (von einigen Ausnahmen abgesehen) ziemlich schwer tut.

Web 2.0 als kulturwissenschaftliches Archiv, oder: Foucault goes Youtube

Foucault on Youtube

Regula Freuler weist heute in der NZZ am Sonntag (erfreulicherweise online erreichbar, leider ohne Links) darauf hin, dass auf dem Online-Video-Flohmarkt nicht nur selbstgebastelte Möchtegern-Kömodien, Musik-Promotionsmaterial oder geklautes Fernseh- oder Spielfilmmaterial zu finden ist, sondern auch interessante Dokumente für die Wissenschaftsgeschichte (der Philosophie und Kulturwissenschaften). Sie führt als Beispiele Interviews mit Hannah Arendt ((Interview aus der Reihe „Un Certain Regard“ von Roger Errera ausgestrahlt am 7. Juni 1974. Das Interview fand in New York statt)) und Jaques Derrida ((keine Angaben über Zeit und Ort der Aufnahme)) oder ein Gespräch zwischen Michel Foucault und Noah Chomsky ((Live-Gespräch aus dem Jahr 1971 im holländischen Fernsehen, keine näheren Angaben erhältlich)) an.

Dieser Hinweis wirft mehrere Fragen auf Weiterlesen

In Memoriam Roy Rosenzweig (1950-2007)

Durch den (sehr persönlichen, bewegten und bewegenden) Weblog-Eintrag von T. Mills Kelly in edwired bin ich darauf aufmerksam geworden, dass Roy Rosenzweig vorgestern Donnerstag verstorben ist.

Roy Rosenzweig war als Gründer und Leiter des Center for History and New Media an der George Mason University in Virginia einer der ersten, wenn nicht der erste Historiker, der das Feld der „digitalen Geschichtswissenschaften“ professionell zu bearbeiten begann. Die Liste seiner Publikationen zu diesem Thema ist lang. Viele seiner Veröffentlichungen können Bezeichung „Referenzwerk“ in Anspruch nehmen. Wir haben letztes Jahr seinen ausgezeichneten Aufsatz „Can History be Open Source? Wikipedia and the Future of the Pastbesprochen, der noch immer eine der fundiertesten geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem Phänomen Wikipedia darstellt. 2005 veröffentlichte er gemeinsam mit Daniel Cohen das Werk Digital History: A Guide to Gathering, Preserving, and Presenting the Past on the Web.

Roy Rosenzweig hat noch zu anderen Themen publiziert und dafür etliche Preise erhalten. Ich habe Roy Rosenzweig zwar nicht persönlich gekannt, glaube aber doch sagen zu dürfen, das es bedauerlich ist, seine Stimme in Zukunft nicht mehr hören, bzw. seine Überlegungen nicht mehr lesen zu können. Ich hätte mir noch weitere interessante Anregungen zur Entwicklung der digitalen Geschichtswissenschaften erhofft.

„Das Ende von H-Net“ – oder: Der Griff ins Wespennest

Ja, da hat Kollege T. Mills Kelly doch für einige Aufregung gesorgt, als er in seinem Weblog darüber sinnierte, ob das H-Net nicht vielleicht seinen Zenit überschritten habe. Er begründete seine Ansicht mit Erfahrungswerten, die mir plausibel erscheinen, auch wenn sie nicht granitharte empirische Beweiskraft besitzen. Die Mail-Flut verleidet uns allen, und vermutlich ist wahr, dass für viele jüngere Net-Citizen eMails nichts weiter sind als „just a convenient way to get in touch with old people“. Autsch. Weiterlesen

edwired: Geschichtsblog des Monats April 2007

T. Mills Kelly, Dozent am Departement for History an der George Mason University und Associate Director des Center for History and New Media, bezeichnet seinen Blog edwired als

[…] a blog that considers the intersection of digital technologies and history.

– was ziemlich genau der Bezeichnung unseres Projekts hist.net entspricht. Entsprechend lassen sich auch einige Parallelen entdecken. Weiterlesen

HOK Lesen/Schreiben: Social Annotation

Noch eine Errungenschaft von Web 2.0: ein Dienst, der zunächst wie eine weitere offene Bookmark-Verwaltung daher kommt, aber mit neuen technischen Mitteln (und in einem neuen User-Umfeld) die Idee der Annotationen aufbringt: diigo. Ich bezweifle, ob die Zeit jetzt für diese Anwendung reif ist – eine ähnliche Idee (Anmerkungen auf Websites anbringen) ist in den 90er Jahren gescheitert. Aber möglicherweise ändern sich unsere Arbeitsgewohnheiten im Laufe der Zeit doch dahingehend (wie Kevin Kelly prophezeit), dass wir im Internet Schnippselchen zusammentragen und überall unsere Anmerkungen anbringen – und einen grossen Teil davon wohl (wei bei den Offline-Anmerkungen) wieder vergessen. Immerhin können die Annotationen für andere Anwender unsichtbar angebracht werden – das ist ein Vorteil gegenüber den Bleistift-Spuren in Bibliotheks-Büchern (die zuweilen interessant sein können, mich aber doch in der Regel stören).

Übersicht: HOK Lesen/Schreiben