Schlagwort-Archive: Parodie

Hitlerblog: Geschichtsblog des Monats Mai 2010

Kann man ein Weblog eines Politik-, Kommunikations- und Medienwissenschafters als Geschichtsblog bezeichnen? Daniel Erks „Hitlerblog“ ist weder ein geschichtswissenschaftliches Unterfangen, noch befasst es sich im herkömmlichen Sinne mit Phänomenen der Vergangenheit. Vielmehr interessiert sich Erk für die geschichtskulturellen Erscheinungsformen des Nationalsozialismus (und seiner Insignien) im Allgemeinen und der Figur Hitlers im Besonderen. Das Weblog belegt in regelmässigen Abständen, dass das Internet wenn nicht die Menge und Varianz der Auseinandersetzung mit der wohl bestgehassten historischen Person, so doch die Dokumentation der vielfältigen Beschäftigungsformen mit ihr befördert hat.
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Auch das noch (II): Der zweite Weltkrieg auf Facebook

Passend zum Start der ersten Facebook-Präsenz eines historischen Instituts im deutschsprachigen Raum hier der Hinweis auf einen (selbstverständlich anonymen) Versuch, die komplexe Handlung des Zweiten Weltkrieges in der Newsfeed-Darstellung von Facebook abzuhandeln. Und auch hier sei die Frage an die geschätzte Leserschaft gestellt: Geht das? Darf man das? Bringt das was (medienhistorisch, geschichtsdidaktisch, kulturwissenschaftlich)?
Nebst den parodistisch anmutenden Versuchen, mit facebook-typischen Ausdrücke die Ereignisse wiederzugeben, fällt vor allem auf, dass die Darstellung (wenn man das so bezeichnen will) sich ausschliesslich auf das Kriegsgeschehen beschränkt und beispielsweise den Holocaust komplett ausblendet. Soweit geht die Lust an der Parodie dann doch nicht.

via Kliosurft

Die Tücken der Untertitelung

Eigentlich wäre das ja ein Fundstück für unseren Kollegen von „Klio surft„. Gefunden haben wir es aber anderswo. Und auch dort eigentlich nur das zweite Video, das auf das erste Bezug nimmt (siehe unten). Zu sehen: Ein Ausschnitt aus „Der Untergang“ von Oliver Hirschbiegel mit falschen Untertiteln – was komisch wirkt, weil man weiss, dass sich Hitler nicht über die Trennung der Pop-Gruppe Oasis echauffiert hat und eine solche Umdeutung der Szene irgendwie deplaziert wirkt. Das zweite Video dreht die Schraube noch weiter und thematisiert auf einer Metaebene die web2.0-spezifische „Entfremdung“ von Datenmaterial. Interessant ist die Selbstbeobachtung, wie man beginnt, die Untertitel-Ebene stärker zu rezipieren als den O-Ton – eine Art audiovisuelles Vexierbild. Dabei stellt sich ein gewisses Unbehagen ein. Aber es sind ja die Engländer, die über Hitler lachen. Weiterlesen

Chicken? Chicken chicken!

Der Spiegel-Artikel „Im Powerpoint Nirvana: Beamer an – Hirn aus“ von Frank Patalong bringt inhaltlich nicht so viel Neues: altvertraute Powerpoint-Präsentations-Erfahrungen werden aufgewärmt und die verbreitete (und auch in diesem Blog bereits mehrfach dokumentierte) Powerpoint-Abneigung mit der bekannten Spiegel-Häme bedient. Letztlich hat auch Patalong der tristen Realität von langweiligen (und noch langweiligeren) Powerpoint-Präsentationen nichts Anderes entgegen zu setzen als – bessere Powerpoint-Präsentationen! Warum wir diesen Artikel dennoch hier erwähnen, liegt nicht daran, dass man beim Spiegel Beispiele von gelungenen Powerpoint-Präsentationen einreichen darf (mit der Aussicht, dort im Schaufenster präsentiert zu werden), sondern die (nicht mehr ganz frische, aber dennoch) köstliche Power-Point-Parodie „Chicken Chicken„, die sich aus der wahrlich nicht raren Menge von Powerpoint-Bashing-Beiträgen auf einfache aber effektvolle Art und Weise abhebt. ((Die Präsentation stammt von Doug Zongker, der diese im Februar 2007 in der Humor-Session („Annals of Improbable Research„) an der jährlichen Tagung der AAAS hielt. Die AAAS ist Herausgeberin des Wissenschafts-Journals Science.)) WARNUNG: Nicht in einer Bibliothek oder sonst einem Ort zu Gemüte führen, wo plötzliche Lacher nervöse und unduldsame Blicke auf sich ziehen könnten.

Ranke-Website der Historischen Kommission online

Der Informationsdienst Wissenschaft meldet:

«Aus der Arbeit an der „Gesamtausgabe des Briefwechsels von Leopold von Ranke“ ist parallel auf der Homepage der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften eine Ranke-Website entstanden. Die Ranke-Website enthält biographische und bibliographische Angaben zu Ranke und stellt Informationen zum aktuellen Stand der Bearbeitung, zum Inhalt der einzelnen Bände, Links auf einschlägige Seiten (etwa die Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin mit dem dort liegenden Ranke-Nachlass) oder Artikel und eine Sammlung der Rezensionen bereit. Alle Angaben werden regelmäßig aktualisiert.»

Wenn man die Website besucht, präsentiert sich zuerst einmal nicht viel mehr als eine digitalisierte Werbebroschüre für die Buchausgabe. Unter dem Punkt «Datenbank» präsentiert sich folgender Text:

«Sämtliche Briefe in allen Versionen sind in einer elektronischen Datenbank (File-Maker) abgelegt. Zum Ende des Editionsprojektes soll diese Datenbank online für Recherchen zur Verfügung stehen. Bis zu diesem Zeitpunkt bieten wir interessierten Fachleuten die Gelegenheit, ihre Suchanfragen bearbeiten zu lassen.»

Weiter liest man:

«Die Bearbeitung Ihrer Anfrage dauert etwa 8 bis 14 Tage. […] Bitte stellen Sie sich kurz vor, begründen Sie Ihre Anfrage und nennen Sie den Zweck, den Sie mit der Recherche verbinden; ohne diese Angaben kann die Anfrage nicht bearbeitet werden.»

Hallo? Ist das vielleicht eine Parodie?

SecondLife: Die Parodie

Heisst es nicht, dass sich der Erfolg eines Produkts daran misst, ob es kopiert, oder noch besser, parodiert wird? Dann wäre SecondLife nun endgültig im Mainstream angekommen. Denn die folgende Parodie ist nur für jene witzig, die sich schon einmal in SecondLife umgesehen haben: Zusammenstösse mit Gegenständen, Wänden und Menschen, Vogelperspektive, in die Luft tippende Menschen, oder solche, die sich in kargen Räumen seltsam bewegen. Kann das FirstLife vom SecondLife noch etwas lernen?

Aus der Welt der Wikis: Wikiality

Der Satiriker Stephen Colbert prägte in seiner Colbert Report (eine Parodie auf die berüchtigte rechtslastige Sendung „The O’Reilly Factor„) den Begriff „Wikiality“ (Zitat aus Wikipedia, Hervorhebung durch mich):

He coined the portmanteau of Wikipedia and reality, Wikiality. Wikiality, by his definition, means the representation of truth on Wikipedia that is determined by consensus rather than fact. […]. He also instructed viewers to change the elephant article to add that the number of elephants has tripled in the last six months, saying that if enough people agreed, it would become true and would be the first step on a path to saving the endangered beasts. [28] He goes on to express his love for Wikipedia as it presents a philosophy similar to Colbert’s own truthiness (that intuition is more true than fact) as „if enough people believe something“ it becomes true.

Als Ergebnis musste der Artikel über Elephanten gesperrt werden. Colbert hat mit seinem neu-erfundenen Ausdruck „truthiness“ in den USA einiges Aufsehen erregt; das Wort wird nicht nur in einem sehr langen Eintrag in Wikipedia behandelt, sondern wurde auch zum Wort des Jahres gewählt.
Hier der Video-Ausschnitt zu „Wikiality“ (bezogen vom bereits besprochenen YouTube):

Ich führe dies hier an, weil die Satire immer auch einen Kern Wahrheit enthält. Denn die Möglichkeit, dass die Mehrheit definiert, was wahr ist, ist bei einem offenen, kollaborativen Modell des Schreibens wie bei Wikipedia nicht nur gegeben, sondern Teil des Konzepts. Das Konzept baut darauf, dass die Mehrheit der Beteiligten auf der Basis rationaler Argumente Einträge verfasst und ergänzt. Doch kann (wissenschaftliche) Wahrheit demokratisch hergestellt werden? Natürlich gibt es die Möglichkeit, dass die Administratoren eingreifen können, wenn Wikipedia-Nutzer die Bestimmungen von Wikipedia (die auf Rationalität gründen) missachten. Doch wo endet Vernunft und wo beginnt Willkür? Mit anderen Worten (wie schon früher gefragt): Wer (oder was) „regiert“ Wikipedia?

Übersicht: Aus der Welt der Wikis