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Social Software in Mediotheken

Beat Döbeli schlägt eine interessante Idee vor, die im Zusammenhang mit kollaborativen Arbeitsweisen und historischen Online-Kompetenzen zu sehen ist: Social Software in Mediotheken. Er definiert Social Software als jene Software-Tools, die bei der Wissensgenerierung Gruppenprozesse unterstützt oder abbildet. Beispiele, die wir hier auch schon besprochen haben und mittlerweile sehr en vogue sind: Tagging, Social Bookmarking und mehr (siehe auch in der Rubrik „Suchen und Finden“ die Beiträge „Drei Königswege„, „Communities“ und „Tagging„).
(Die angesehene Computer-Zeitschrift c’t spricht angesichts dieser Gruppenfunktionalitätenbereits vom „Web 2.0“, der nächsten Version des Webs; c’t 1/2006, S. 174).

Döbeli erhofft sich davon vor allem, dass die Benutzer miteinander in Kontakt kommen, weil sie dank der Darstellung in der Social Software, die gleichen Bücher ausgeliehen zu haben, von ähnlich gelagerten Interessen Kenntnis erhalten. Ich bin da etwas skeptischer, da ich vermute, dass Datenschutz-Bedenken bei den Bibliotheks-Benutzerinnen und Benutzern die möglichen Vorteile einer solchen Verknüpfung von Namen und Titel überwiegen werden.

Übersicht: HOK Lesen/Schreiben

HOK: Lesen – Vom Suchen und Finden XI: Die drei Königswege zur Ordnung im Chaos

Die Meldung von Heise, wonach Yahoo den Bookmark-Dienst Delicious (genauer de.lico.us) aufgekauft hat (ich erwähnte die Firma beim Thema „Tagging“ und „Communities„) stiess mich auf eine Erkenntnis. Yahoo ist einer der führenden Suchmaschinen-Dienste der Welt, ein Konkurrent von Google. Angefangen hatte Yahoo als Verzeichnisdienst, als redaktionell betreutes Angebot von Internet-Adressen, dessen Kategorisierungskriterien ebenso gut gehütet waren und sind wie die Such-Algorithmen und Ranking-Kriterien der Suchmaschinen. So sind nun bei Yahoo die „drei Königswege, Ordnung in das Chaos Internet zu bekommen“ unter einem Dach vereint:

  1. Der konventionelle Weg
  2. Der maschinelle Weg
  3. Der gruppenbasierte Weg

Der konventionelle Weg: Hier werden Fachredaktoren angestellt, die auf professioneller Basis nach fachlichen Kriterien Strukturen erstellen und Inhalte in diese Strukturen einfüllen. Die Analogie zur Arbeit der Bibliotheken ist offensichtlich, aber nicht immer so konsequent umgesetzt wie bei den Subject Gateways, etwa dem History-Guide. Drum ist die Arbeit der Subject Gateways wohl auch immer noch so unbekannt, dass nicht einmal ein Eintrag bei Wikipedia besteht (eine Übersicht über verschiedene Subject Gateways, wobei dort der Begriff sehr weit gefasst ist, ist bei Pinakes zu finden). Das Hauptproblem dieses Weges: die Arbeit ist schier endlos und ihre Bewältigung daher sehr teuer. Viele Projekte, die diesen Weg beschreiten, lassen in der Qualität nach, bzw. genügen wissenschaftlichen Kriterien nicht, oder müssen irgendwann die Arbeit einstellen.

Der maschinelle Weg: Die Hoffnung, dass Computerprogramme das Netz von alleine strukturieren können. Mit anderen Worten: die Suchmaschinen werden immer mehr besser programmiert, gesammelte Datenmengen zu strukturieren. Der Gipfel der Träume: Das semantische Web, in dem die Dokumente derart clever strukturiert sind, dass sie sich gegenseitig erkennen und aufsuchen können. Trotz jahrelangen Ankündigungen gibt es kaum Anzeichen dafür, dass der Durchbruch bevorstehe. Das Internet ist einfach schon zu chaotisch und voller unstrukturierter Inhalte. Das ist kaum „rückgängig“ zu machen.

Der gruppenorientierte Weg: Entweder Projekte im Sinne von Grassroot-Bewegungen: jeder leistet einen kleinen, freiwilligen Beitrag zum grossen Ganzen, und weil das Internet die ganze Welt verbindet, sind die Gruppen gross genug, dass aus dem vielen Kleinen etwas Grosses wird: siehe Open-Source-Software, Wikipedia oder das Webverzeichnis dmoz. Die Gruppenorientierung findet sich in vielen Feedback-Funktionalitäten: bei Amazon etwa „Menschen die diese Buch gekauft haben, kauften auch…“ oder „Kundenrezensionen“. Vom Tagging, dem freien Verwenden von Schlagworten, das auch für Suchmaschinen-Optimierungen gebraucht werden kann, hatten wir es schon mal.

So schliesst sich der Kreis. Bei Yahoo ist alles unter einem Dach. Und auch das hatten wir vor ein paar Jahren schon einmal. Damals hiess es „Portal“. Die Suche nach dem Gral oder dem Ei des Kolumbus wird wohl weitergehen auf den drei Königswegen. Wie ist Struktur in das Chaos zu bringen?

Aus der Welt der Blogs II: journalistische Bedeutung

Blogs werden im Moment hoch gehandelt als ein neuartiges Werkzeug für journalistische Arbeit. Dabei geht es einerseits um den „anderen“ persönliche Stil der Weblogs, vor allem aber um die Schnelligkeit und die gegenseitge Vernetzung. Da bei Blogs auch kleinteilige Textchen und Informationshäppchen (immer versehen mit Links) publikationswürdig sind, ist der Publikationsrhythmus relativ hoch. Und auch wenn der einzelne Beitrag kurz ist: in der Masse wird das schnell viel Information.

Doch das mit den Trends ist so eine Sache. Den einen fällt es schwer sich darauf einzulassen. So beklagen sich etablierte Weblog-Leser und Schreiber über die wenig überzeugenden Versuche der etablierten Zunft, auf den Blogger-Zug aufzuspringen („Schwer ist leicht was“ – Telepolis). Das kann auch in Polemik ausarten („No Blogs, please, we’re Leipzig“ – Blog „Indiskretion Ehrensache“), ist aber vermutlich vor allem der Diskrepanz von angesagtem Thema und tatsächlichem Interesse geschuldet. Im deutschen Sprachraum hat das Bloggen noch nicht so richtig Fuss fassen können („Deutsche sind Bloggmuffel“ – Heise. Was ist eigentlich mit den Schweizern und Österreichern?). Ob da wohl die Blog-Awards („BOB – best of blogs“) was helfen, die von der Deutschen Welle ausgeschrieben worden sind?

Andererseits gefällt vielen an Weblogs die Möglichkeit, dass dank geringen technischen Voraussetzungen auch Menschen aus Ländern mit kräftiger Zensur zu einer freien Meinungsäusserung zu verhelfen. Aus diesem Grund haben die Reporter ohne Grenzen ein Handbuch veröffentlicht, wie man als Blogger die Zensur umgehen kann (das Handbuch gibts in Englisch, Französisch, Chinesisch und Arabisch…). Dass dies gerade im Streit darum, ob Blogs als „echter Journalismus“ gelten darf oder kann, der Blogger-Gemeinde als Argumentationshilfe gelegen kommt, leuchtet ein (vgl. Weblogs und die grosse Freiheit – Telepolis).

Dennoch, was Blogs wirklich sind, beantwortet diese Debatte nicht. Sie ist auch unwesentlich, eigentlich dreht sich in diesem Blog die Frage darum, was die Blogs für die Historische Online Kompetenz bedeuten.

Aus der Welt der Blogs (Intro)

Es mag befremdlich wirken, in einem Blog zu erklären, was Blogs sind. Doch a) hat auch dieses Medium etwas Selbstreferentielles, und b) ist es für die Frage, ob Blogs eine Bedeutung für die Historische Online Kompetenz haben, von Wichtigkeit, sich zu vergewissern, was andere Leute von Blogs halten, insbesondere jene, die solche verfassen und sie als neues Medienform propagieren.
Für einen ersten Einstieg: die c’t, reichlich bekanntes und renommiertes Fachmagazin für Computer-Technik, hat in der Ausgabe 19/2005 die Weblogs auf die Titelseite gebracht. Einen Teil der Titelgeschichte „Massenmedium. Blogosphäre: Kommunikationsgeflecht und Marketingfaktor“ kann auf den Archiv-Seiten des c’t-Webauftrittes gelesen werden.
Zwei wesentliche Erkenntnisse, warum Blogs ein Trend sind (und dies nicht nur von Trend suchenden Journalisten herbeigeschrieben wird):

  • Blogs sind technisch einfach zu eröffnen und zu betreuen: Einfacher als eigene Homepages, Websites oder gar Foren. Dennoch bieten sie ziemlich viel: Verlinkungsmöglichkeiten und Archivfunktionen. Die Struktur ist denkbar einfach, kein Blogger braucht sich über die Strukturierung des Blogs Gedanken zu machen: Es ist einfache eine aneinandergereihte Menge Text. Und wenn der Verfasser will, kann jeder einfach seine Meinung zum Text kundtun.
  • Blogs sind daher auch einfach zu starten und zu pflegen: Im Gegensatz zu Foren, Mailing-Listen oder Diskussionsgruppen kann ein Blog auch gut funktionieren, wenn nur eine Person sich um das Verfassen von Texten kümmert.

Natürlich sind gerade diese Elemente auch dafür verantwortlich, dass die Blogs das Image von Selbstdarstellungs-Werkzeugen haben. Doch die Bandbreite von Blogs ist sehr gross, fast jeder Blog hat seinen eigenen Charakter. Bei ca. 16 Millionen Blogs (soviele sind im auf Blogs spezialisierten Suchdienst technorati verzeichnet) kann man da schnell die Übersicht verlieren, bzw. beim Versuch scheitern, etwas Bestimmtes oder gar Nützliches zu finden (hatten wir das nicht schon mal?). Dazu eine dritte Erkenntnis:

  • Die Technologie, die den Blogs zugrunde liegt, ermöglicht auch eine sehr schnelle Indizierung in Suchsystemen (neue Einträge können innerhalb von Stunden erfasst werden) und mit der neuen Möglichkeit des RSS (Rich Site Summary) kann man sich als Leser Inhalte nicht nur einfach zusammenfassen, sondern auch Hinweise auf neue Einträge anzeigen lassen.

Die Geschwindigkeit und Flexibilität ist auch der Grund, weshalb Blogs besonders im Journalismus mit grossem Interesse verfolgt wird. Dazu in einem anderen Beitrag mehr.