Ein Kommentar zu meinem letzten Eintrag fragte nach dem Zusammenhang der Meldung über Index-Auschlüsse aus Google mit historischer Online-Kompetenz. Meiner Meinung nach ist Google ein Schlüsselthema für die historische Online-Kompetenz. Alle arbeiten damit (auch GeschichtswissenschaftlerInnen). Wenige legen sich Rechenschaft darüber ab, was hinter diesem nützlichen Tool steckt an ökonomischen Interessen, Datenmacht und Innovationskraft, die einem jeweils einen blanken Schrecken einjagen können (je nachdem, wie man die Gerüchte über potentielle Entwicklungen mit kleinen Meldungen aus dem Alltag der Suchmaschinen verbindet und extrapoliert). Google ist eben nicht einfach ein Tool, ein Werkzeug wie der Fotokopierer, ein Telefonbuch oder ein Bibliothekskatalog.
Natürlich geht es hier um Vertrauen. Das weiss Google selber und verhält sich ja in der Praxis in der Regel oft auch so, wie die Firma in der eigenen Philosophie das postuliert. Aber mit der Vertrauen in der Welt der Informations- und Kommunikationstechnologien ist das so eine Sache. Wer vertraut da wem? Die KundInnen den Unternehmen – oder die Unternehmen den KundInnen? (Verschwörungstheoretiker dürfen – allerdings ohne gross übertreiben zu müssen – nach „Unternehmen“ auch noch „Behörden“ in Klammern dazu setzen. CIA usw.) Siehe die nette Animation zu Trusted Computing von Benjamin Stephan und Lutz Vogel.
Noch mal zu Google. Hier eine kleine, nicht abschliessende Auswahl von Meldungen des Suchmaschinenbetreibers.
Ökonomische Interessen
Google wehrt sich (gemeinsam mit Yahoo und Microsoft) gegen Vorwürfe US-amerikanischer Politiker, die die Geschäftpraktiken der Internetfirmen in China kritisieren. Google hat mit der chinesischen Regierung ausgehandelt, gewisse Inhalte nicht in den Index der chinesischen Variante von Google aufzunehmen, vor allem regierungskritisches Material. Dies war gleichsam der Eintrittspreis in den Grossmarkt China. Auch andere Firmen haben sich mit den chinesischen Machthabern eingelassen, um an diesem Wachstumsmarkt profitieren zu können. Aber wer wie Google mit dem Anspruch antritt, „die Informationen der Welt zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen„, wird eben mit anderen Ellen gemessen. Darum argumentiert Google auch nicht ökonomisch, sondern mit einer Abwandlung des Slogans „Wandel durch Annäherung“ der bundesdeutschen Ostpolitik in den 1970er Jahren:
We believe that our continued engagement with China is the best (and perhaps only) way for Google to help bring the tremendous benefits of universal information access to all our users there.
Datenmacht
Als Hinweis soll eine Zwischenstandsmeldung reichen aus der Auseinandersetzung darüber, ob Google die gespeicherten Daten über Suchanfragen (und die Personen, die die Anfragen gestellt haben, bzw. deren IP-Adressen) an die US-Behörden ausliefern müssen, wenn diese Straftaten verfolgen wollen, oder ob Google (und Co.) solche Daten überhaupt speichern (und für eigene Zwecke auswerten) dürfen soll.
Noch ein Hinweis: Google bietet einen neuen Gratisdienst namens Google-Base an. Das ist (kurz und salopp) eine Art Gratis-Online-Datenbank für jedermann. Wer will, kann hier seine/ihre CD’s eingeben, oder Bücher oder Möbel oder Gebrauchtwagen, die er/sie verramschen will. Vgl. ersten Absatz.
Innovationskraft
Zum Schluss noch wilde Spekulationen, was Google mit seinem Geld machen könnte. Baut Google ein eigenes Internet aus Glasfaser-Leitungen, die in der Internet-Euphorie der 1990er Jahre gebaut, aber nie in Betrieb genommen wurden? Bringt Google einen eigenen Rechner mit eigenem Betriebssystem auf den Markt? Können nur dieser Rechner an das Google-eigene Parallel-Internet angeschlossen werden, wo Unmengen digitaler Inhalte verteilt werden können (Musik, Filme, Spiele?)? Werden diese PC gar verschenkt und das Geld mit den Inhalten verdient? Oder baut Google einen PC für Asien und Afrika? Ein Navigationssystem für Autos, das auf Google Earth basiert? …? (Fortsetzung folgt)