Geschichtsunterricht der Zukunft?


Ist das die Schule der Zukunft? Spötter/innen würden wohl ätzen, dies sei doch eher die Gegenwart der Schule – wenn der Lehrer grade etwas an die Tafel schreibt.

Während an der Frankfurter Buchmesse die (natürlich digitale) Zukunft des Buches (wieder einmal) verhandelt wird, ((Kollega Haber ist vor Ort und wird uns sicher seine Einschätzungen mitteilen – wer nicht so lange warten mag, kann sich schon mal Frederico Heinz‘ Ausführungen in der Zeit zu Gemüte führen)) wird an anderen Orten der Unterricht der Zukunft geprobt (und damit auch die Zukunft des Geschichtsunterrichts). Konkret: in Goldau; konkreter: in einer sechsten Primar-(=Grund-)Schul-Klasse mit einem Smartphone; noch konkreter: im Rahmen eines Forschungsprojektes der Pädagogischen Hochschule Schwyz, unter der Leitung von Kollega Beat Döbeli (hier auch schon erwähnt) – so steht es in einem Artikel im heutigen Tages-Anzeiger.

Das verwendete Smartphone (konkret: ein iPhone ((dieser Umstand scheint laut Artikel einigen Leute die Zornesröte ins Gesicht zu treiben – haben sich eigentlich auch so viele Leute über die Microsoft-Produkte in den Schulzimmern aufgeregt?))) wird in allen Fächern gemäss seinen Möglichkeiten eingesetzt: zum Diktat, als Sprachtrainer, zum Recherchieren (logo), zum Kommunizieren (klar). Gesponsert wird das Ganze von der Swisscom, darum dürfen die Schüler/innen soviel surfen und telefonieren, wie sie wollen. Telefonieren tun sie (so heisst es im Artikel) jedoch nur 20 Minuten pro Tag, was uns zu denken gibt. Ist die Net Generation sogar zu faul zum Reden? Wird nur noch der „I Like it“-Button auf Facebook geklickt?

Nun, wie auch immer: zwei Erkenntnisse scheinen mir bemerkenswert. Zum einen stellt Beat Döbeli fest, dass die Klasse mit iPhone im Vergleich zu anderen, traditionell unterrichteten Klassen im Bezug auf ihre Leistungfähigkeit nicht besser – aber auch nicht schlechter sei. Spricht das nun für oder gegen den Einsatz von Smartphones im Unterricht? Die Schüler/innen seien begeistert – ok, kann ich nachvollziehen, das wäre ich als 11/12-jähriger wohl auch, wenn ich ein fast 1000 Franken teures Gadget zur freien Benutzung bekomme. Wie ist das wohl in 10 Jahren, wenn solche Smartphones zum Alltag gehören und für 50 Stutz als PrePaid-Köder verhökert werden? „Oweh, in der Schule wollen sie uns so ein blödes iPhone andrehen – damit kann man nur Musik hören, Fotos machen, telefonieren, im Internet surfen, Gamen, Videos drehen, mailen und facebooken und so. Voll öd, Mann.“ Immerhin ist auch der Lehrer vom Einsatz des kleinen mobilen Computerhandy begeistert. Aber auch das kann sich ändern, wenn die Dinger zu gewöhnlichen Gegenständen des Alltags geworden sind mit allen ihren Macken und Tücken („Ich seh grad, der rote OHP-Filzstift gibt seinen Geist auf – aber ihr könnt das sicher auch so lesen“ wird dann zu „ehm, das App müsste eigentlich funktionieren, hast du die neuste Version aus dem Android-Market geladen? Welches Android läuft denn auf deinem Mobile? 10.2 – da brauchst Du aber 10.5, das stand doch in der Mitteilung… ah ich seh, das lässt sich auf deinem Mobile gar nicht installieren – ehm, dann nimm doch mal meines…“).

Erkenntnis zwei: die Schüler/innen üben ihre Franzi-Vokabeln „in der Schule – aber auch auf dem Schulweg, über das Wochenende oder in den Ferien“. Das von Beat Döbeli an anderer Stelle angeführte „Ubiquitious Computing“ bedeutet hier auch Ausweitung der „Schul- und Lernzone“ weit über das bisher vertraute Aufgaben erledigen hinaus. Wie für Papa und Mama die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit, geschäftlicher und privatem Bereich zusehends verwischt, wird auch für die Schüler/innen die Schule zur allgegenwärtigen Realität. Handkehrum dringt das Private dann eben auch in die Schule ein – und dann wird eben auch während des Unterrichts mal eben das Facebook-Profil aktualisiert. Die Smartphones sind nicht die alleinigen Auslöser dieser Entwicklung, aber sie treiben sie doch deutlich auf die Spitze.

Kurzum: ich bin wirklich gespannt, wie Unterricht in 10 oder 15 Jahren aussieht und welche Rolle elektronische Medien-Endgeräte darin spielen. Auf jeden Fall interessant und bedeutsam, dass hier schon einmal in realiter der (Alb?)-Traum medientechnischer Unterrichtsentwicklung umgesetzt wird.

17 Gedanken zu „Geschichtsunterricht der Zukunft?“

  1. Lieber Kollega Hodel,

    scheinbar müssen Digitalhistoriker heute wieder lernen, alte Medien genau zu rezipieren 😉 : Die lieben Kinderlein telefonieren 20 Minuten PRO MONAT, nicht pro Tag (siehe auch z.B. http://beat.doebe.li/projects/melk10/sld069.htm )

    Ich freue mich aber sehr, dass hier endlich wieder einmal konkret weitergedacht wird, wie die Situation denn aussehen könnte, wenn persönliche, internetfähige Multimedia-Kleingeräte so alltäglich wie OHP-Filzstifte geworden sind. Genau darum geht es in diesem Projekt. Uns ist auch klar, dass das Setting heute zu teuer und luxuriös ist, aber dank technischer Entwicklung könnte das oben beschriebene Szenario tatsächlich in wenigen Jahren Realität werden.

  2. Tja, ein Freudscher Verleser – 20 Minuten pro Monat? Das überstieg offenbar meine Vorstellungskraft. Ist ja noch schlimmer, als ich dachte. Kriegen da die Telecom-Konzerne nicht gleich das Hosenschlottern? Aber vermutlich liegt das daran, dass die teilnehmenden Schüler/innen die Pubertät noch vor sich haben… oder?

    Aber ernsthaft: ist das ein Anzeichen dafür, dass auf den Smartphones die Sprachkommunikation als Nutzungsform je länger je mehr in den Hintergrund rückt?

  3. Es ist vermutlich eine Kombination von beidem. Wenn der erste Punkt zutreffen sollte, dann sollten wir im Verlauf des zweiten Projektjahrs einen Anstieg der Telefonminuten beobachten können (wobei natürlich immer gilt: „Korrelation ungleich Kausalität“).

    Die Frage, wie sich durch Smartphones das Verhältnis von Oralität und Literalität evtl. verändert, hat auch schon das Interesse von entsprechenden Fachleuten an der PHZ geweckt (Zentrum Mündlichkeit, http://www.zug.phz.ch/dienstleistungen/zentrum-muendlichkeit/ ).

    Die Telecom-Konzerne müssen nicht schlottern (das müsste in der Schweiz derzeit eh „schlotern“ heissen 😉 ), der Datenverkehr der Kinder ist nicht vernachlässigbar, siehe http://beat.doebe.li/projects/melk10/sld070.htm .

    Das Projekt eröffnet einige Fragestellungen, die Arbeit wird uns nicht so bald ausgehen…

  4. Kann mir jemand von Euch Techno-Freaks erklären wo der vermutete didaktische Mehrwert dieser Übung liegt? Ohne die Hintergründe zu kennen (sprich: nach der Lektüre des Hodel’schen Berichtes) scheint mir das eines der üblichen sinnfreien Technifizierungsübungen der Telekom-Branche zu sein, die wir doch seit Jahrzehnten beobachten können. Das Spiel geht immer gleich: Mehr Technik, mehr Overhead, weniger Inhalt. Ob die „Pädagogen“ mit Videotex, E-Learning oder nun offenbar mit „Ubiquitious Computing“ geködert werden, ist dabei nachrangig …

  5. Bin zwar weder Techno-Freak noch Historiker-Fuzzi, schreib aber trotzdem mal was.

    Meiner Ansicht nach verfolgt das Projekt in Schwyz nicht das Ziel, den Unterricht aus lauter Technophilie mit Gadgets vollzustopfen, sonder will mehr darüber erfahren, wie Schule und Unterricht gestaltet werden müssen (oder können), wenn in Zukunft diese Gadgets zum Schulalltag (oder zumindest zum Alltag der Schüler) selbstverständlich dazu gehören. Natürlich kann man jegliche technische Innovation grundsätzlich skeptisch beäugen oder gar ablehnen – schliesslich gibt es ja auch einen Waldkindergarten und das ist tatsächlich eine spannende und wichtige pädagogische Variante. Aber wir sollten uns vorsehen, nicht in Nostalgie abzugleiten und einer verklärten Schul-Zeit nachzutrauern, wo wir noch mit Papier und Bleistift Schiffe versenken gespielt und Mitteilungen mit zerknüllten Zettelchen hin- und hergeschickt haben (Hach, war das schön!). Wenn diese Techno-Dinger uns in unserem Alltag zusehend umgeben (und das heisst bedeutet dieser Trendbegriff „ubiquitious computing“ letztlich), dann sollten wir uns auch darüber den Kopf zerbrechen, wie unter diesen Bedingungen guter Unterricht möglich gemacht werden kann. Einfach „wegschliessen“ und „verbieten“ mag eine Lösung sein – dafür ist allerdings (vorderhand zumindest) keine Studie notwendig. Ob man mit dem Anspruch, etwas über den Einfluss von Techno-Gadgets im Unterricht herauszufinden, diesen den Weg eben grade ebnet und deren Anwendung „normalisiert“ – ja, das ist wohl ein Punkt über den bei dieser Studie (so wie ich das sehe) durchaus diskutiert wird.

  6. Gegenfrage: welchen didaktischen Mehrwert hat die Wandtafel gegenüber dem mündlichen Lehrervortrag? Oder das Schulbuch gegenüber der Wandtafel? Oder gilt dieser Vergleich nicht, weil hier nicht geldgierige Telco-Konzerne dahinterstehen, sondern (hüstel) gemeinnützige Schulbuchverlage?

    Konkreter: Dass Schüler/innen beim Vokabel-Lernen sich die korrekte Aussprache vorsprechen lassen können, ohne auf die Lehrperson oder die Eltern, die vielleicht nicht so fremdsprachengewandt sind wie in unseren Akademikerkreisen üblich, angewiesen zu sein, ist ein konkreter didaktischer Mehrwert. Dass sich Schüler/innen Texte vorsprechen lassen können, um Diktate zu üben, aus den selben Gründen ebenso (hier stellt sich mir eher die Frage, welchen didaktischen Mehrwert Diktate bringen – aber egal, andere Baustelle). Das ist nur ein Beispiel, es gibt wohl noch ein paar andere. Natürlich kann man immer meckern, dass sei ja nun im Vergleich zum technischen Aufwand „gar wenig“. Ich sage: siehe erster Abschnitt.

    Und zum Schluss: m.E. geht es in besagten Projekt eben nicht um die Chimäre des „didaktischen Mehrwerts“ (das ist so eine Legitimationsphrase aus der Antragsprosa der zurückliegenden eLearning-Ära). Es geht doch darum herauszufinden, welchen Einfluss der digitale Medienwandel auf Schule und Unterricht hat und allenfalls haben wird. Gerade wenn man neuerliche flächendeckende Beglückungsaktionen im Sinne von „allen Kindern ein iPhone – sponsored by Swisscom“ vermeiden will, sind Erkenntnisse aus solchen Projekten eben hilfreich. Eventuell kann man sogar sagen, was tatsächlich ein sinnvoller Einsatz von solchen Geräten im Unterricht wäre.

  7. Ich kann mich den Erklärungen von Jan Hodel anschliessen, einige sehr konkrete didaktische Vorteile, bzw. chancengerechtigkeitserhöhende Aspekte der Möglichkeit, jederzeit individuell Audio-Dateien nutzen zu können, hat er ja schon erwähnt. Natürlich, dazu braucht es kein iPhone, ein billiger MP3-Player täte es auch. Auch um jederzeit Fotos machen zu können – was ebenfalls in gewissen Situationen einen didaktischen Mehrwert darstellt – braucht es kein iPhone, ginge auch mit einer billigen Kamera.

    Das iPhone stellt einen Archetyp eines mobilen, internetfähigen Multimediakleingeräts dar, wie es in 5-10 Jahren 90% aller 6.Klässler privat besitzen werden. Alles in einem Gerät. Jederzeit und überall dabei. Da wäre es wirklich paradox, weiterhin in der Schule ICT-Infrastruktur zu beschaffen, aber gleichzeitig solche Geräte in der Schule pauschal zu verbieten.

    Doch der vermutete didaktische Mehrwert ist – wie von Jan auch schon gesagt – nur einer von mehreren Gründen, warum sich die Schule mit ICT und somit auch mit solchen Geräten beschäftigen muss. Die Kinder wachsen mit diesen Geräten auf. Will die Schule ihrem Auftrag, den Kindern das Zurechtfinden in der Welt zu erleichtern, dann kann sie in einer Medienwelt den Umgang mit solchen Geräten nicht aus der Schulstube verbannen oder in homöopathischen Dosen – Medienbildung ohne eigenes Zeitgefäss in der Volksschule! – vermitteln. In einem Setting wie im iPhone-Projekt wird Medienkompetenz tagtäglich geübt, meist nebenbei. Dazu gehört auch das Abschalten können, das Spüren lernen, wann welches Kommunikationsmedium adäquat ist etc.

    Die Kinder der Projektklasse erleben das Mobiltelefon nicht nur als Spiel- und Freizeitgerät, sondern sie haben mindestens vorgeführt erhalten, wie es auch zum Lernen und Arbeiten verwendet werden kann. Und sie wissen aus eigener Erfahrung und Entscheidung, wann Papier und Bleistift praktischer ist.

  8. Danke, das stand alles im ersten Post des Kollegen Hodel ja so nicht drin. Finde ich alles nachvollziehbar und spannend.

    Wieso das ganze aber mit der Swisscom zusammen über die Bühne gehen muss, ist mir noch immer nicht klar geworden. Wenn doch das alles so selbstverständlich sein soll für die Kids, dann sollte doch der flächendeckende Sponsor nicht nötig sein. Oder anders formuliert: Bei mir läuten die Alarmglocken, wenn private Firmen anfangen, den staatlichen Schulunterricht zu finanzieren.

  9. Im Jahr 2010 sind mobile, internetfähige Multimediakleingeräte und die dafür benötigten Abos eben noch nicht alltäglich bei Sechstklässlern und auch entsprechend teuer. Ein Pilotprojekt benötigt somit entsprechende Finanzierung. Aus diesem Grund haben wir bei den beiden naheliegenden Firmen um entsprechende Unterstützung gebeten. Während uns Apple die kalte Schulter gezeigt hat, hat Swisscom die Kosten für das Pilotprojekt übernommen. Dabei ist weder die PHZ Schwyz noch die Projektschule Goldau Verpflichtungen gegenüber der Swisscom eingegangen. Diese finanzielle Unterstützung bzw. Zusammenarbeit bezieht sich auf das Pilotprojekt und soll keine Aussagen zu einer flächendeckenden Einführung präjudizieren. Ich teile die Bedenken bezüglich kommerzieller Interessen in staatlichen Schulen sehr wohl.

  10. Mir ist, ehrlich gesagt nicht ganz klar, wie das Prinzip von Vernetzung und Multimedia mit dem Smartphone umgesetzt werden soll, wenn seine Anwendung so wie hier geschehen für den Unterricht übersetzt wird. Das Prinzip der digitalen Vernetztheit zeigt sich doch, und das ist ja eigentlich längst und noch länger bekannt, nicht in dem Apparat als Instrument. Die Problematik, nein besser die Herausforderung, sind die neuen Anwendungsgebiete der neuen Medien bzw. Apparate. Wenn, wie hier geschehen, das iPhone als Äquivalent zu Stift oder Speichermedium benutzt wird, so ist es doch ganz und gar nicht überraschend oder gegenwartsbezogen(und visionär schon gar nicht), dass Unterricht sich so beschrieben vollzieht. Die spannende Frage ist, wie neue Medien sich zu neuen Wahrnehmungsrealitäten verhalten und nicht wie neue Medien Stift und Schreibblock ersetzen.

  11. Doch, die 20 Minuten sind im Bereich des Erwartbaren. Aber insbesondere Kritiker waren der Meinung, die Möglichkeit des kostenlosen Telefonierens würde zu exorbitanten Telefonrechnungen führen.

  12. Wir als Projektverantwortliche haben weder behauptet, mit dem Projekt visionär sein zu wollen, noch Papier und Bleistift durch digitale Medien ersetzen zu wollen. Ich sehe das Projekt im Gegenteil als sehr pragmatisch und alltagsnah an: Wir schaffen eine Umgebung, von der wir annehmen, dass es nicht ganz unrealistisch ist, wenn ähnliche technische Möglichkeiten in spätestens 10 Jahren in allen Schulzimmern verfügbar sein werden. Nun schauen ich als Externer, was eine Lehrperson und seine Klasse damit machen. Vermutlich werden sie gewisse Dinge gleich machen wie früher, nun aber mit digitalen Werkzeugen. Vielleicht werden sie aber auch gewisse Dinge mit neuen Medien anders machen oder gar neue Dinge machen. Mir reicht als neue Wahrnehmungsrealität derzeit, dass die Kinder nun erstmals immer einen Fotoapparat und immer ein Diktiergerät und immer das Internet dabei haben. Da passiert genug Interessantes.

  13. ich würde gerne noch einmal auf die frage von peter haber nach dem „didaktischen mehrwert“ zu sprechen kommen. die antworten, die darauf gegeben wurden, können mich nicht ganz befriedigen. was ist der mehrwert, wenn sich die schülerinnen und schüler ihre vokabeln jederzeit vorsprechen lassen können? glaubt ihr wirklich, dass schüler alleine durch die faszinierende neue technik (das sieht man im übrigen wunderbar, auf dem foto. der junge links im bild sitzt völlig gebannt davor!) dazu angehalten werden, sich im privaten mit dem vokabellernen zu beschäftigen? ich erinnere in diesem zusammenhang nur an die tradition der klassischen „kassettendiktate“ aus den siebziger und achtziger jahren und auf die zahlreichen empirischen belege, dass „neue“ medien in der freizeit von jugendlichen eben nicht zur informationssuche genutzt werden, sondern zur kommunikation und zum social networking. wenn man sich wirklich den alltagsrealitäten der schülerinnen und schüler annähern und diese in den unterricht (stichwort „lebensweltbezug“) integrieren möchte, bzw. den einfluss des medienwandels auf schule und unterricht thematisieren will, dann müssen doch die technischen endgeräte nicht auf ihre technische dimension hin eingeengt werden, sondern vielmehr muss sich der konkrete unterricht, d.h. die aufgabenkultur im unterricht ändern. die zukunft des unterrichts ist doch keine frage der technik, bzw. man kann die schülerinnen und schüler doch nicht auf die zukunft vorbereiten, wenn man ihnen kostenlos smartphones zur verfügung stellt! wenn ich weiter „alte“ inhalte, „alte“ didaktische prinzipien (wie z.b. das angesprochene „vokabellernen“ oder „klassendiktate“) mit „neuen“ medien vermittle (und etwas anderes geht aus dem artikel im tagesanzeiger nicht hervor), und damit natürlich die relevanz der „neuen“ medien für formale bildungsprozesse anerkenne, dann bleiben es doch trotzdem „alte“ inhalte und „prinzipien“ formaler bildung. und dann kann wohl auch becker zugestimmt werden, dass es dann wenig visionär und gegenwartsbezogen wäre. wenn aber medienwelten nun wirklich lebenswelten darstellen (was ja döbeli immer wieder mit dem verweis auf die 90% von kindern und jugendlichen betont, die in ca. 5-10 jahren eben diese endgeräte besitzen werden), dann müssen doch diese medienbildungsräume anders didaktisch strukturiert werden. sprich der unterricht muss sich ändern. aber noch einmal: das ist keine frage der zugrundeliegenden technik: „was wir jetzt brauchen, sind bewegungen, technik haben wir genug!“ (geert lovink). darin läge für mich der „didaktische mehrwert“ des projektes. ob die beteiligten lehrerinnen und lehrer aber wirklich gewillt sind, ihren unterricht grundlegend an die neuen medienräume-bildungsräume anzupassen (der abschied vom „souveränen bescheidwisser“), könnte leise bezweifelt werden, bedeutet dies doch nicht zuletzt die aufgabe von macht, deutungshoheit und scheinbarer „autorität“.

  14. Ein wichtiger didaktischer Mehrwert dieses Projekts ist für mich, dass die Schülerinnen und Schüler medienpädagogisch eng auf ihrem Weg in die vernetzte Medienwelt begleitet werden. Meine Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass Eltern ihre Kinder nicht begleiten und die Schule zu wenig investiert – warum auch immer.
    Für mich persönlich ist der Mehrwert, dass das iPhone zum normalen ständigen Begleiter wurde und mir organisatorisch Entlastung bietet. Ich habe schon vorher Podcasts, Kameras, MP3-Player usw. eingesetzt, aber nur sporadisch – die Technik war nicht immer zur Hand.
    Der Tagi-Artikel zeigt aber auch nicht das wirkliche Bild unseres Schulalltags, wir büffeln nicht nur Wörtli und schreiben Diktate … und das Bild war übrigens bewusst vom Fotograf gestellt (es ist eines von 500 geknipsten Bildern in drei verschiedenen Situationen).
    Dass die Schüler wenig telefonieren hängt sicher damit zusammen, dass ich mit ihnen ihre Verbindungsnachweise bespreche. Ich stelle aber fest, dass sehr viel Kommunikation via Messenger, Chat oder Mail stattfindet – ich glaube viel mehr, als in früheren Klassen.
    Ich sehe es als einen meiner Aufträge an, meine Schülerinnen und Schüler auf die nahe Zukunft vorzubereiten und glaube, dass diese mit solchen Geräte stattfinden wird.

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