Unser geschätzter Kollege Frédéric Clavert vom Centre Virtuel de la Connaissance sur l’Europe in Luxembourg hat kürzlich in seinem Blog einen interessanten Post über die Quellenlektüre im digitalen Zeitalter publiziert. Darin unterscheidet er einerseits close reading und distant reading, andererseits lecture humaine und lecture computationelle. Mit diesen beiden «Achsen» gelingt es Clavert, eine gewisse Struktur in eine der wichtigsten Debatten im Feld der Digital Humanities zu bringen.
Anders als viele rein theoretische Abhandlungen zu diesem Thema expliziert Clavert seine Argumente an konkreten Beispielen. Dabei verarbeitet er Erfahrungen aus der Quellenarbeit zu seiner Dissertation, die sich mit der Politik von Hjalmar Schacht, dem deutschen Reichsbankpräsidenten 1933-1939, befasst hat. Die Dissertation wurde 2006 in Strasbourg abgeschlossen und erschien 2009 in Bruxelles. Mit anderen Worten: Sie wurde also noch weitgehend im prä-digitalen Zeitalter erstellt. Sehr anschaulich beschreibt Clavert, wie ihm einerseits die Nähe zu den Quellen geholfen hat, die Situation und den Zeitgeist der damaligen Zeit zu verstehen. Andererseits aber hätte ihm bei bestimmten Fragen auch eine Auswertung eines grossen Quellenkorpus geholfen, eine Arbeit die so nicht geleistet werden konnte, da hier eine maschinelle oder zumindest eine maschinell unterstützte Auswertung notwendig gewesen wäre.