Zu den hervorstechenden Merkmalen des Buchdruckes gehört die Tatsache, dass ein Buch eine gewisse Persistenz aufweist, schrieb Elisabeth Eisenstein bereits 1983 in ihrem berühmten Buch «The printing revolution in early modern Europe». Einige Verlage scheinen das mit der Persistenz offenbar missverstanden zu haben oder sie gehen davon aus, dass sie ihre Leser für dumm verkaufen können.
2003 erschien beim Verlag J. B. Metzler ein von Ansgar und Vera Nünning herausgegebener Sammelband mit dem Titel «Konzepte der Kulturwissenschaften». Fünf Jahre später erscheint von den gleichen Herausgebern im gleichen Verlag ein Buch mit dem Titel «Einfühung in die Kulturwissenschaften».
Titel, Umschlag und ISBN sind verschieden und suggerieren, dass es sich um ein neues Buch handelt. Dieser Eindruck wird noch versärkt durch ein fünfseitiges Vorwort, in dem gut sichtbar Fundstellen aus den Jahren 2004 und 2008 eingestreut sind. Wer aber weiterblättert, traut seinen Augen nicht. Die Seiten 1 bis 392 sind vollkommen identisch, auch der Umbruch wurde beibehalten, lediglich die Kopfzeie ist in der Ausgabe 2008 etwas modernisiert worden. Im Impressum findet sich kein Hinweis darauf, dass es sich um eine Neuauflage handelt und auch im Vorwort steht nur im letzten Satz ein verschämter Hinweis dazu.
Besonders irreführend: Da offenbar an den Satzdaten wirklich rein gar nichts verändert wurde, danken die Herausgeber in der ersten Fussnote des einleitenden Kapitels «allen Kolleginnen und Kollegen, die die Originalbeiträge für diesen Band geschrieben haben»! Peinlich auch dies: Auf seiner Publikationsliste führt Ansgar Nünning dieses Buch dann plötzlich als «aktualisierte Neuauflage» der Ausgabe von 2005 auf. Wie bitte? Sind – gerade bei diesem Thema – fünf Seiten Vorwort ausreichend, um diesen Nachdruck als «aktualisierte Neuauflage» zu verkaufen?
Egal ob diesen Etikettenschwindel der Verlag oder die Herausgeber zu verantworten haben: Kein Wunder befindet sich der wissenschaftliche Buchmarkt in einer Krise …
In der Wissenschaftsforschung kursiert übrigens seit einiger Zeit der Ausdruck «Salami-Wissenschaft». Gemeint ist der Umstand, dass Forschungsergebnisse mehrmals publiziert oder aber aufgeteilt in kleine Häppchen publiziert werden, um die eigene Publikationsliste zu strecken. Die Zeitschrift Nature hat sich einmal die Mühe gemacht, den Kosten dieser Salami-Publiziererei nachzugehen.