Google Books auch in der Schweiz

Letzte Woche berichtete die Tageszeitung Le Temps, dass die Bibliotheque Cantonale et Universitaire (BCU) in Lausanne mit Google Books vereinbart hat, einige 100000 Bücher digitalisieren zu lassen (siehe auch die entsprechende Mitteilung der Bibliothek). Die Nachricht kam wohl auch für Szeneninsider einigermassen überraschend, denn bisher lief vor allem die frankophone Welt Sturm gegen Googles Projekt, insgesamt 15 Millionen Bücher zu digitalisieren und kostenlos online zugänglich zu machen. Die BCU Lausanne ist die erste französischsprachige Bibliothek, die bei Google Books mitmacht. Die Kosten trägt Google, die BCU wird lediglich eine Person freistellen, die das Projekt bis zum Schluss begleiten wird. Die Digitalisate, so der Bericht in Le Temps, werden allerdings auch Google gehören.

BCU-Driektor Hubert Villard sagte Le Temps gegenüber, dass die Kooperation mit Google für die BCU die beste Möglichkeit gewesen sei, den Anschluss an aktuelle Entwicklungen nicht zu verpassen, da die Schweiz bisher keinen einzigen Rappen in die Digitalisierung ihres Kulturerbes investiert habe. Vor kurzem ging mit Europeana ein Digitalisierungsportal online, an dem sich Frankreich, Ungarn und Portugal beteiligen. Die meisten anderen europäischen Länder arbeiten – zum grossen Teil mit Fördergeldern der EU – an ähnlichen Projekten.

Die Tatsache, dass mit der BCU Lausanne eine wichtige Bibliothek sich mit einem privaten Partner zusammengetan hat, dürfte für die zukünftige Bibliothekspolitik der Schweiz nicht ohne Konsequenzen bleiben. Bereits vor einigen Wochen hat die Direktorin der Schweizerischen Nationalbibliothek, Marie-Christine Doffey, laut darüber nachgedacht, ob es nicht besser sei, die Digitalisierung von Bibliotheksbeständen privaten Firmen zu überlassen (Le Temps vom 4. Mai 2007 – leider nicht online). Nachdem nun die BCU Lausanne diesen Schritt gewagt hat, werden die anderen Bibliotheken früher oder später unter Zugzwang geraten. Bibliotheken aber, die eine öffentliche Förderung von entsprechenden Digitalisierungsprojekten bevorzugen, werden einen schweren Stand haben. Schwierig wird es wohl auch für die entsprechenden Teilprojekte von infoclio.ch werden, einem Infrastrukturprojekt, das die Schweizerische Gesellschaft für Geschichte (SGG) und die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften vor einigen Jahren angeregt hatte und das 2008 starten sollte.

Ein Gedanke zu „Google Books auch in der Schweiz“

  1. Schweiz nach wie vor digitalisierungsunwillig lautete der Titel meines Archivalia-Beitrags mit einer aktualisierten Übersicht der wenigen digitalen Sammlungen:
    http://archiv.twoday.net/stories/3542073/

    Es ist ein Armutszeugnis, wie wenig die Schweizer deutschsprachigen Bibliotheken in Sachen Digitalisierung tun.

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