Anlässlich des etwas spärlichen Besucher/innen-Aufmarsches am Wikipedia-Day in Bern (siehe unsere Beiträge) vom letzten Wochenende (den ich persönlich so schlecht besucht nicht fand), macht sich Beat Döbeli Gedanken zur Rolle von Referaten im digitalen Zeitalter. Er vermutet, dass durch das Veröffentlichen der Referate mittels Webcasts, was ein zeitversetztes Anhören vom eigenen Schreibtisch aus ermöglicht, die Zuhörer/innen anspruchsvollere und komplexere Referate erwarten (da sie diese ja zeitversetzt in aller Ruhe anschauen können). Ich halte das Gegenteil für wahrscheinlicher.
Ich bin der Meinung, dass die Modularisierung von Informationen in der heutigen Medienlandschaft eher dazu führt, dass erfolgreiche Kommunikation im Web 2.0 folgende Kriterien erfüllen muss:
- Kurz: Was länger als 5 Sätze ist, wird im RSS-Feed gekappt und vom Multi-Tasking-User nicht wahrgenommen.
- Einfach: Wer sich gegenüber 20 bis 50 anderen RSS-Feeds durchsetzen will, muss seine Aussagen so auf den Punkt bringen, dass sie auch beim schnellen Überfliegen erkennbar werden.
- Einprägsam: Letztlich müssen die Aussagen aber vor allem Aufmerksamkeit erzeugen und zum Nachdenken anregen. Wer das in den ersten 5 Sätzen mit einfachen Worten hinkriegt, hat die Chance, dass die Leser/innen noch etwas mehr lesen mögen.
Die gleichen Regeln, so behaupte ich, gelten auch für Reden. Doch leider lassen wir uns (und ich nehme mich da nicht aus) oft von der Logik der Powerpoint-Präsentationen von allen Regeln der Redekunst abbringen. Ich bezweifle, dass diese 20 Minuten-Folien-Shows wirklich jemand noch im Netz nachträglich anschauen möchte, auch wenn sie noch so komplex sind.
In einem Punkt hat Beat Döbeli allerdings recht: gute Vorträge erzählen eine Geschichte. Aber die muss nicht unbedingt komplex, sondern einfach nur gut sein, damit Leute sie auch nachträglich im Netz anschauen – oder eben doch gerne live miterleben.