Unter dem Titel «Für eine neue Kultur der Geisteswissenschaften?» hat die Schweizerische Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften eine aktuelle Diskussion. Seit einigen Tagen ist dazu ein Blog online, vom 30. November bis zum 2. Dezember findet im Berner Kursaal eine Tagung statt (dort dann ohne Fragezeichen).
Die Stossrichtung der Aktion ist sehr spannend, wenngleich nicht unproblematisch. Der Einführungstext auf der Website präsentiert die Lage der Geisteswissenschaften mit folgenden Worten:
Ein pluralistisches Theorieverständnis, methodische Vielfalt, eine Vielzahl von Untersuchungsgegenständen sowie die hohe Bedeutung der Individualforschung zeichnen die Geisteswissenschaften aus. Zunehmend gerät dieses Wissenschaftsverständnis in Kollision mit Megatrends in anderen wissenschaftlichen Disziplinen und mit wissenschafts- und forschungspolitischen Vorgaben. Wir beobachten eine Verschmelzung von Disziplinen zu neuen Konglomeraten (Life Sciences, Convergent Technologies), die Standardisierung von Methoden und Verfahren und die Ausrichtung auf Grossprojekte. Hinzu kommt, dass andere Wissenschaftsbereiche zumindest gegen Aussen mit hoher Geschlossenheit auftreten. Dem steht ein selbstkritisches Verständnis der Geisteswissenschaften gegenüber dem eigenen Tun und ihren Objekten entgegen.
Es ist eine alter Diskurs, der hier aufgegriffen wird, ein Diskurs der Defensive nämlich. Kein Wort (auch in den übrigen Unterlagen) von einem Aufbruch und von neuen Möglichkeiten, die sich den Geisteswissenschaften gerade auch im Kontext digitaler Methoden und Arbeitsumgebungen präsentieren – Stichwort: Digital Humanities. Schade eigentlich und es bleibt zu hoffen, dass im Blog und an der Tagung auch andere Themen als «Projektifizierung», «Employability», «Qualität und Leistung» sowie «Nutzungskontexte» angeschnitten werden (dies sind die die Tagung gliedernden Themenfelder).