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Digitale Information: Evolution, Revolution, Erosion?

Ein sehr schöner Kurzfilm von Michael Wesch, dem wir auch den Beitrag zu Web 2.0 (The Machine is Us/ing Us) verdanken (vor einiger Zeit hier besprochen), thematisiert die Veränderung der Handhabung von Information (insbesondere die Strukturierung und Ordnung, aber auch die Generierung und Speicherung), die auf ihre digitale Gestalt zurückzuführen ist. Kernaussage: Da die Informationen keine physikalischen Beschränkungen mehr unterworfen sind, wird die Ordnung der Informationen vielfältiger, flexibler und für jedermann einfacher zugänglich.

Also, wenn dieser Film keine Diskussion auszulösen vermag (Sollen, bzw. können wirklich Tag-Clouds von Laien die Referenzsysteme von Fachexperten ablösen?), dann weiss ich auch nicht mehr weiter. In diesem Sinne wünsche ich dem Film die von Beat Döbeli vorhergesagte „Durchreichung“ durch die einschlägigen Blogs. Denn er scheint mir die Kernfrage zu behandeln: wie organisiert die Wissengesellschaft im digitalen Zeitalter ihre Informationen? Verschwinden innerhalb kurzer Zeit die etablierten Kulturtechniken der Suche, die sich auf hierarchische Strukturierungssysteme beziehen, die einem sachlogischen Aufbau folgen und die die Informations-Recherchen entsprechend gliedern, indem sie der eigentlichen Suche die Entscheidung des Suchenden verlangen, welcher Kategorie er sein Themengebiet zuordnet? Die Volltext-Suche legt ja nach dem Trial & Error-Prinzip einfach mal los, die Strukturierung entsteht ja ad hoc beim Akt des Recherchierens aus dem Vorwissen des Suchenden und den Ergebnissen der Suchmaschinen. Es braucht keine hierarchische Struktur mehr, meint Wesch, „the links alone are enough“.

Digitale Demenz?

Florian Rötzer berichtet in einem Telepolis-Beitrag von der „Digitalen Demenz„. Gemeint ist damit die schwindende Fähigkeit, sich Namen, Nummern oder Sachverhalte zu merken, da diese in digitalen Speichergeräten abgelegt und ständig verfügbar seien. Es werde kaum mehr auswendig gelernt und die Abhängigkeit von den digitalen Speichergeräten nehme dafür zu. Der Bericht bezieht sich auf eine aktuelle Diskussion in Korea, wo die Durchdringung mit digitalen Informationstechnologien besonders weit fortgeschritten ist, und wo bei 20 bis 30-jährigen sich bereits Symptome zeigten, die von den behandelnden Ärzten als digitaler Alzheimer bezeichnet werden. Allerdings handelt es sich in diesen Fällen vor allem um eine Überlastung durch die grosse Menge an Informationen, welche die Patienten zu verarbeiten haben. Das Problem lässt sich also nicht darauf reduzieren, dass „wir heute nichts mehr auswendig lernen, wie noch zu Grossvaters Zeiten“. Man sollte hier nicht einer Verklärung vordigitaler Umstände anheim fallen. Weiterlesen

HOK Lesen: Suchen und Finden: Literaturverwaltung und Web-Integration

Am Montag war ich an eine Diskussion über zukünftige Features des Literatur-Verwaltungsprogramms Lit-Link (das noch einiges mehr als Literatur-Verwaltung beherrscht) eingeladen. Dabei ging es unter anderem auch um die Frage, in welche Arbeitsumgebung die Literaturverwaltung eingebunden werden soll:

  • in ein Textverarbeitungsprogramm (à la EndNote – meiner Ansicht ein Ansatz aus der Vor-Web-Ära)
  • in einen Browser (also webbasiert – ein aktueller Ansatz des web 2.0)
  • in einer Literatur-Verwaltungssoftware (die als Schnittstelle agiert)

Jeder beantwortet diese Frage gemäss seinen Arbeitsgewohnheiten und -überzeugungen wohl anders. Feststeht jedenfalls, dass alle drei Lösungsvarianten sich aufeinander zu bewegen, dass mit anderen Worten Import- und Exportschnittstellen wichtig werden.

Wie viel da an Integration schon geboten wird, zeigen zwei kleine Beispiele. Zotero habe ich hier schon kurz vorgestellt, mich damals aber über mangelnde Zeit beklagt, das Ding zu testen, Prompt habe ich ein wesentliches Merkmal übersehen. Zotero ist ein FireFox-Plugin, das auf einer Website automatisch erkennt und mit einem Symbol (1) anzeigt, ob Daten vorliegen (2), die in die Literatur-Verwaltung übernommen werden können (3). Ein Klick, und die Daten sind in der Zotero-Datenbank.

Ähnliches leistet das Firefox Plugin XML-Dump (hier die Installations-Seite bei Litlink), das mit Lit-Link zusammenarbeitet – aber auch für andere Literatur-Verwaltungslösungen geeignet ist, da es das Austausch-Format XML produziert. Das XML-Dump-Plugin stöbert ebenfalls auf Knopfdruck (1) in der angezeigten Web-Seite Informationen auf, die auf eine bibliographische Angabe hinweisen, und bereitet diese als XML auf (2) und legt diese an einen frei wählbaren Ort ab.


In den Einstellungen kann auch spezifiziert werden, welche Angaben im Text wie interpretiert werden soll.


Auch die (Windows only-)Literaturverwaltung citavi bietet eine solche Web-Integration, die aber anders funktioniert: hier werden markierte Daten extrahiert, bzw. in bestimmten Literatur-Datenbanken abgefragt und die dort gelieferten Ergebnisse in die Datenbank aufgenommen.

Was fehlt? Eine Literaturverwaltung nur auf dem Netz? Gibt es auch: zum Beispiel Bibsonomy (auch schon hier kurz erwähnt), das stark an den Social Bookmark-Dienst de.licio.us erinnert (von wo auch Einträge samt Tags importiert werden können, habe ich mal gemacht). Dort können auch Literaturangaben erfasst und ge-„taggt“ werden. Auch Import und Export in verschiedenen Formaten sind möglich; so habe ich Zotero-Einträge im BibTex-Format exportiert und in Bibsonomy eingelesen.

P.S.: natürlich gibt es noch weitere gute und sinnvolle Literatur-Verwaltungsprogramme. Wer will, darf seine Favoriten in die Kommentare schreiben.

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HOK Lesen: Suchen und Finden: Bibsonomy

Bei Bibsonomy, einem Projekt der Knowledge and Data Engineering Group an der Universität Kassel, können Nutzer/innen (Registration erforderlich) nicht nur wie bei de.licio.us ihre Bookmarks erfassen, speichern, mit Tags versehen und auf Wunsch der Öffentlichkeit zugänglich machen, sondern auch Publikationen. Wer will, kann also Bücherlisten/Bibliographien im Netz verwalten und publizieren – und mit anderen teilen. Soviel zum Thema Social Software.

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