Natürlich war das purer Zufall: In den letzten Tagen haben sich gleich zwei von mir seit Jahren häufig besuchte Web-Adressen ein neues Gesicht gegeben: die Universitätsbibliothek Basel und der Tages-Anzeiger in Zürich. Bei der UB ist mir aufgefallen, dass die eigensinnig-bunte Seite, die seit «Menschengedenken» im Netz war, nun einem schlichten, sterilen, aber natürlich sehr funktionalem Erscheinungsbild gewichen ist. Ziemlicher Mainstream im Bereich Bibliotheken, aber eben: ein gutes Arbeitsinstrument.
Beim Tages-Anzeiger hingegen ist es nicht einmal Mainstream, was geboten wird, es ist einfach eine weitere Spielart der FAZ–NZZ–NYT-Clone. Während aber die gute alte Tante NZZ (die immer schon einen Tick besser war im Netz als alle anderen im deutschen Sprachraum) durchdacht und aufgeräumt ist, wirkt die Tagi-Seite ziemlich voll und noch wenig durchdacht. Es reicht halt eben nicht, die visuelle Sprache des Mainstreams zu übernehmen und die einzelnen Elemente über die Seite zu streuen.
Einige Beobachtungen zu diesen beiden aktuellen Relaunches: Dass die grösste seriöse (?) Tageszeitung der Schweiz sich ein Impressum leistet, über das sich die ganze Branche bereits schief lacht, mag man als lustige Anekdote der helvetischen Pressegeschichte verstehen. Dass die Website nicht ein Jota Eigenständigkeit aufweist, ist hingegen ein ziemliches Armutszeugnis.
Die Seite der UB hat mich in den letzten Jahren fast täglich bei meinen Arbeiten begleitet. Seit einigen Tagen ist sie verschwunden. Ich habe kein Bild, keine Kopie, nichts, das mir geblieben ist (ausser die Archiv-Kopien auf archive.org). Nur die Erinnerung. Bei anderen Arbeitsinstrumenten, die mich bei meinen Recherchen und Buchprojekten in den letzten Jahren ebenfalls begleitet haben, habe ich entscheiden können, ob ich mir ein Stück Erinnerung aufbewahren möchte oder nicht: Notizbücher, Repertorien, kopierte Aufsätze – sie stehen bei mir in meinem Arbeitszimmer und manchmal helfen sie mir auf die Sprünge, wenn ich die Herleitung eines Gedankens, den ich irgendwo einmal formuliert habe, mir wieder vergegenwärtigen möchte. Die Web-Seiten derjenigen Institution, in der ich wohl die meisten Stunden verbracht habe, sind indes weg. Ein Teil der Genese meiner Arbeiten – «Paratexte» gleichsam des Schreibprozesses – ist damit verschwunden.