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HOK: Lesen: Vom Suchen und Finden

Übersicht über Blogeinträge zur Historischen Online-Kompetenz, die sich mit dem Aspekt Lesen befassen, spezifisch mit Fragen des Suchen und Findens (neuste zuerst – Update: 6.12.2006 – mit dem Wechsel zu weblog.histnet.ch ist die Kategorie „Suchen und Finden“ der geeignete Zugang zu diesen Einträgen):

Aus der Welt der Blogs

Übersicht über die Blogeinträge „aus der Welt der Blogs“ (letztes Update 6.12.2006 – mit dem Wechsel zu weblog.histnet.ch ist die Kategorie „Blogs“ der geeignete Zugang zu diesen Einträgen):

Aus der Welt der Wikis

Übersicht über die Blog-Einträge „Aus der Welt der Wikis“ (neueste zuerst – Letztes Update: 7.12.2006 – mit dem Wechsel zu weblog.histnet.ch ist die Kategorie „Wiki“ der geeignete Zugang zu diesen Einträgen):

Aus der Welt der Wikis: Legendenbildung

Auf ein Beispiel, das Erik Möller in seinem Buch „Medienrevolution“ für die Arbeistmöglichkeiten bei Wikipedia anführt, bin ich besonders aufmerksam geworden, da es schön in meine laufenden Überlegungen zu geschichtsdidaktisch sinnvollen Arten der webbasierten Kollaboration gepasst hat.

„Gelegentlich kommt es zu konzertierten Aktionen, so machte etwa eine Vereinigung Schweizer Schüler die deutschen Wikipedia-Seiten über den winzigen Inselstaat Nauru (ca. 13.000 Einwohner) zu den wohl ausführlichsten, die es über dieses Land je in einer Enzyklopädie gegeben hat – allein der Hauptteil hat über 44.000 Zeichen, einschließlich Klimadiagramm, Bevölkerungspyramide, Bezirksübersicht, vielen Fotos aus Nauru und einer Darstellung der nauruischen Gewaltenteilung. Über jeden Präsidenten Naurus gibt es einen eigenen Artikel, ebenso über jeden Wahlkreis und jeden Bezirk.“

(Erik Möller, Medienrevolution, Hannover 2005, S. 179 – zitiert nach dem Eintrag in Beats Biblionetz)

Das klang interessant und hätte vielleicht sogar ein Hinweis sein können auf einen innovativen Unterricht, der diesen Effort unterstützt oder zumindest angeregt hätte. Zumindest war es ein Beleg für eine kollaborative Leistung, die zur Nachahmung empfohlen werden konnte (was Erik Möller wohl auch beabsichtigte).

Ich recherchierte bei Wikipedia und versuchte herauszufinden, wer da hinter diesem Wikipedia-Eintrag zu Nauru steckte. Schnell einmal identifizierte ich einen User namens „CdaMVvWgS„. Hinter dieser Abkürzung, die für „Club der am Montag Vormittag vom Wahnsinn getriebenen Schueler“ steht, verstecken sich eine nicht näher zu bestimmende Zahl von Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums am Münsterplatz in Basel (wo ich selbst einmal meine Matur, sprich: mein Abitur gemacht habe). Die Gruppe scheint laut den Angaben auf der eigenen Website nicht mehr aktiv zu sein, der Wikipedia-User CdaMVvWgS ist es aber noch. Eine ältere Seite der User-Beschreibung in Wikipedia liefert schliesslich Aufschluss:

„Am 13. Dezember 2003 eröffnete eines unserer Mitglieder das Benutzerkonto hier […]. Bis Ende Januar 2004 waren verschiedenste Mitglieder hier am Werk (einer schrieb z.B. den Anfang von Malcolm X).

Mitte Januar wurde auch ich, der „Präsident“ des Clubs, durch einen Hinweis des Kontoeröffners auf die Wikipedia aufmerksam und, fasziniert von dem Projekt, fing ich sogleich an, mich eingehender daran zu beteiligen. Währenddessen legten die anderen Mitglieder ihre Tätigkeit ab, doch ich machte immer weiter – bis heute, und bin als einziger des CdaMVvWgS hier verblieben; ich gründete das Portal Nauru und erweiterte den Länderartikel Nauru bis zur Exzellenz.

Warum ich so Nauru-engagiert bin? Ich musste im Frühjahr 2003 ein Referat über ein Entwicklungsland schreiben; da ich schon immer interessiert in Ländergeografie war, war ich mir der Existenz Naurus und dessen Reichtum bewusst. Umso erstaunter war ich, als ich Nauru in der Liste der Entwicklungsländer fand. So brachte ich ein anständiges Referat hin, ohne grosses Vorwissen. Im Juni 2004 wiederholte ich dieses Referat.

Als ich dann sah, dass der Nauru-Artikel hier schäbig kurz war, packte ich zuerst mal mein Referat hier rein.“

Das bestätigt halt leider zunächst einmal die Vorurteile aller Wiki-Nörgler, die ohnehin davon ausgehen, dass Wikipedia lediglich von Schülerinnen und Schülern abgeschriebenes Lexikonwissen beinhaltet. Was mich jedoch enttäuscht: Es handelt sich um einen (mit guten Selbsbewusstsein ausgestatteter, aber sich nicht namentlich nennender) Einzelschüler – von Kollaboration keine Spur! Und Enttäuschung Nummer 2: Wenn ich das in 15 Minuten als Wiki-Laie herausbekommen habe – warum dann nicht Erik Möller als Wiki-Experte? Oder war ich einfach neugieriger, weil ich eben genau wissen wollte, wie diese Schüler-Kooperation oder gar – Kollaboration stattgefunden hat? Ich lehre daraus: Man kann gar nicht neugierig genug sein bei Internet-Ressourcen. Immerhin lässt sich bei Wikipedia dank der Archiv-Funktion einiges herausfinden. Andere Webprojekte sind da weniger transparent.

Aus der Welt der Wikis: Jagd auf Experten

Die Ankündigung eines neuen, Wikipedia ähnlichen Web-Dienstes namens Digital Universe wirft (wieder) die Frage auf, wie kollaboratives Wissen im Internet erstellt und wie die wissenschaftliche Qualität der Beiträge gesichert werden sollen. Digital Universe, das im Jahr 2006 mit ersten Resultaten an die Öffentlichkeit gehen will, versucht Fachexperten für die (freiwillige) Mitarbeit zu gewinnen, um den wissenschaftlichen Qualitätsanspruch zu erfüllen. Dabei soll ein komplexes System von Fachportalen die Experten zum Mitmachen bewegen.

Genau dort liegt aber wohl die Schwierigkeit. Warum sollten Experten ihr Fachwissen in ein offenes Gratis-Projekt investieren? Die Experten haben meist ihre eigenen Kanäle und Wissensräume, wo der Austausch von relevanten Informationen stattfindet (in Geschichte nimmt für den deutschsprachigen Raum Clio-Online etwa eine solche Funktion ein). Warum sollten sie sich noch in einem anderen Umfeld betätigen?

Der Versuch eines kollaborativen Enzyklopädie-Projekt, deren Beiträge Fachleute im Peer-Review-Modus erstellen sollten, hatte auch Wikipedia-Gründer James Wales mit dem Projekt „Nupedia“ (nicht mehr erreichbar, nur noch im Internet Archiv) versucht. Als dann nach drei Jahren nur 30 Artikel zusammengekommen waren, kam Wales auf die Idee, eine Art „Notizblock für Jedermann“ zu eröffnen: Wikipedia. Hier sollten gleichsam ohne grossen Peer-Review-Druck Entwürfe für Artikel entstehen, die später in Nupedia aufgenommen werden sollen. Wikipedia hob ab. Nupedia ist vergangen und vergessen. Nun gründete der ehemalige Angestellte von Wales, der das Projekt Nupedia betreute, Larry Sanger, die mögliche Konkurrenz Digital Universe.

Die Jagd nach Experten hat aber auch bei Wikipedia, von Wikipedia-Nörglern nicht ganz zu unrecht als grosse Dilettanten- und Schüleraktionsplattform verspottet, nicht aufgehört. Wales selber wünscht sich mehr Mitarbeit von Fachwissenchaftlern. Zur Veränderung des Prozesses bei der Erstellung der Artikel gehören auch Pläne, wie bei der Entwicklung von Software „stabile“, nicht mehr von jedermann veränderbare Versionen zu haben und daneben „live“-Versionen zu führen, die weiter entwickelt werden und erst nach Absolvierung eines Review-Vorganges in eine neue stabile Version überführt werden sollen.

Vielleicht brauchen die Experten diese Enzyklopädie-Portale weniger als die Portale die Experten?

Aus der Welt der Wikis: Ökonomie und Wikipedia

Nachtrag zum letzten Eintrag: Wikipedia hat einen neuerlichen Spendenaufruf lanciert, um die steigenden Kosten für Hardware, Unterhalt und Administration zu bewältigen. Das kostet bald eine Million Dollar pro Jahr. Die Redaktoren arbeiten derweil weiterhin umsonst. Der nächste Schritt wären Google Ads auf Wikipedia. Damit könnten (so Dana Blankenhorn im seinem Blog-Eintrag) die Redaktoren bezahlt werden – und ein erster Schritt zur Verbindung des konventionellen und des gruppenbasierten Wegs zur Strukturierung im Internet wäre getan.

Aus der Welt der Wikis: Academia und Wikipedia

Zunächst dies: Die renommierte Wissenschafts-Zeitschrift „nature“ stellt in Ausgabe 438 fest, dass Wikipedia fast so gut ist wie die Encyclopaedia Britannica (EB). Beunruhigend: in den ausgewählten Artikeln (leider steht in den Zusammenfassungen weder die genaue Zahl noch der genaue Inhalt der beurteilten Artikel) fanden die angeschriebenen Experten bei der Version der EB vier schwere Fehler, genau so viele wie bei Wikipedia. Bei mittleren und kleineren Fehlern (Auslassungen und unklare Formulierungen) schlug die EB die Wikipedia 123 zu 162. Dazu meint der Informationswissenschaftler Michael Twidale von der University of Illinois, dass die User davon ausgehen, dass Print-Enyklopädien der Goldstandard des Wissens seien. Es zeige sich, dass es sich nur um einen 18-karat, nicht um einen 24-karat-Standard handle.

Interessanter finde ich den Blogeintrag Academia vs. Opensource. Dana Blankenhorn weist darauf hin, dass laut einer Studie des Centre for Information Behaviour and the Evaluation of Research (CIBER) über 90 Prozent der befragten Wissenschafter den „Closed-Source“-Prozess des Peer-Reviews zur Qualitätssicherung vor der Publikation einer Open-Source-Methode vorziehen, bei der nach der Publikation die Qualität durch die Öffentlichkeit der interessierten Leserschaft gesichert werde. (Ich nannte es das „Das Wiki-Prinzip: erst publizieren, dann kontrollieren„). Man kann es auch anders bezeichnen: der konventionelle vs. den gruppenbasierten Weg, um Wissen herzustellen.

Doch Blankenhorn weist auf ein entscheidendes Detail hin. In der Studie meint etwa die Hälfte der Befragten, Publikationen im „Open Access“-Modus könnten die herkömmlichen Publikationsroutinen unterlaufen; und in grosse Minderheit fand dies eine gute Sache. Vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das Wikipedia-Prinzip auch bei den Wissenschaftlern durchsetzt? Die Gepflogenheit der Pre-Prints gehen doch in eine ähnliche Richtung. „Some preprints are great science; some are mediocre; some are nonsense“, sagt Wikipedia. Das könnte man auch von Wikipedia-Artikeln sagen. Letzlich bleibt die Erkenntnis, dass den Usern nichts anderes übrig bleibt, als selbst ein wenig gedankliche Anstrengung dazu zu verwenden, um zu beurteilen, ob ein Wikipedia-Eintrag Unsinn enthält oder nicht.

Aus der Welt der Wikis: Rufmord bei Wikipedia? (II)

Heise reportiert die Fortsetzung der Geschichte um den falschen Eintrag zu John Seigenthaler bei Wikipedia. Es war ein Angestellter einer Lieferfirma, der mit seiner Manipulation bei seinen Kollegen Eindruck schinden wollte. Als er den Rummel um seinen Aktion bemerkte, hat er sich bei Seigenthaler entschuldigt und gekündigt. Seigenthaler zeigte sich nachsichtig und empfahl der Firma, den Mann wieder einzustellen. Mittlerweile gibt es bereits einen eigenen Wikipedia-Eintrag zu Kontroverse.
Bemerkung am Rande: Sogar Witz-Einträge, die als Gag eines Comics erfunden wurden, landeten flugs in Wikipedia selbst – und wurden umgehend wieder gelöscht.

HOK: Schreiben: Umgewöhnungsprozesse: Kommunikation – Kooperation – Kollaboration

Geschichts-Wissenschafter und -Wissenschafterinnen sind nicht wirklich geübt, gemeinsam Texte, geschweige denn Hypertexte zu verfassen. Am ehesten sind noch Co-Autorschaften anzutreffen. Oder es publizieren Gruppen, wobei eine Person den Artikel schreibt und die anderen noch den einen oder anderen Ergänzungsvorschlag beisteuern. Dies geschieht aber auch fast nur bei Zeitschriftenartikeln oder Beiträgen zu Sammelbänden. Bei Monographien zeichnen nur einzelne Autorinnen und Autoren verantwortlich, wie ein kurzer Blick in einen x-beliebigen Bibliothekskatalog zeigt.

Dabei gilt es eine Abgrenzung über verschiedene Formen der Zusammenarbeit in Gruppen zu machen (erweitert nach Dillenbourg 1999, 11 – dieser bezieht sich zwar auf „Kollaboratives Lernen“ – dennoch sollen diese Ausführungen auch für die Forschung gelten).

  • Kommunikation: Die einfachste Form der Arbeit in Gruppen ist jene, wo sich die Mitglieder der Gruppe über ihre Inhalte und Ansätze informieren und diese dann eigenverantwortlich erstellen. Die Verteilung der Arbeiten erfolgt von einer externen Stelle oder von einem verantwortlichen Redakteur.
  • Kooperation: Die Gruppenmitglieder verständigen sich in einem gemeinsamen Prozess über die Verteilung der Aufgaben und Arbeiten: also beispielsweise eine gemeinsame Erarbeitung einer Struktur eines Textes und eine gemeinsame Verteilung der jeweiligen Subtexte auf die Mitglieder.
  • Kollaboration: Die Gruppenmitglieder führen gemeinsam alle Arbeiten durch: sie schreiben gemeinsam den gesamten Text. Diese Form ist ausserordentlich anspruchsvoll und kann mit vertretbarem Aufwand nur im Rahmen von Klausuren oder mittels der Möglichkeiten von ICT durchgeführt werden.

Die Dominanz der Einzelautorschaft ist sicherlich dem zusätzlichen Arbeitsaufwand geschuldet, die ein gemeinschaftliches Verfassen von Text bedeutet. Und dieser Aufwand ist im Rahmen eines kurzen Textes eher zu erbringen. Das selten mehrere Autoren und Autorinnen historische Publikationen gemeinsam verfassen, hängt auch damit zusammen, dass Geschichtsdarstellungen immer auch Deutungen enthalten, die stark vom jeweiligen persönlichen theoretischen und methodischen Ansatz und Hintergrund geprägt sind. Hier müssen entsprechende Metakommunikationen zwischen den Gruppenmitgliedern nicht nur über die Fakten einer Darstellung, sondern auch über die Deutungen stattfinden (vgl. Epple 2005).

Die Verknüpfung von Darstellung mit Deutung ist auch ein Grund für eine implizite, aber wirkungsmächtige Vorstellung von Autorenhoheit: Wer den Text verantwortet, entscheidet auch über die konkrete Wortwahl. Entsprechend habe auch eine gewisse Irritation festgestellt, wenn ich mit Historikerinnen und Historikern auf Wiki-Umgebungen gearbeitet habe, wo zwar die Veränderungen einfach zu beobachten, aber (im Vergleich zu Word, wo ein Mausklick „Ablehnen“ ausreicht) nur umständlich rückgängig zu machen sind. Die unausgesprochene Frage im Raum: Wem „gehört“ der Text?

Kollaboratives Schreiben von Geschichte? Das setzt Umgewöhnungsprozesse voraus.

Literatur:

  • Dillenbourg, Pierre: „Introduction: What do you mean by „collaborative learning“?“, in: ders. (Hg.): Collaborative Learning: Cognitive and Computational Approaches, Amsterdam: Pergamon 1999, S. 1-19
  • Mayrberger, Kerstin: „Kooperatives Lernen in der computerunterstützten Präsenzlehre der Hochschule“, in: Pape, Bernd, Krause, Detlev, Oberquelle, Horst (Hg.): Wissensprojekte. Gemeinschaftliches Lernen aus didaktischer, softwaretechnischer und organisatorischer Sicht, Münster: Waxmann 2004, S. 35-54
  • Epple, Angelika: „Verlinkt, vernetzt, verführt – verloren? Innovative Kraft und Gefahren der Online-Historiographie“, in: Haber, Peter, Epple, Angelika (Hg.): Vom Nutzen und Nachteil des Internet für die historische Erkenntnis. Version 1.0, Zürich: Chronos 2005 (Geschichte und Informatik, Vol. 15/2004), S. 15-32

Übersicht HOK Schreiben

Aus der Welt der Wikis: Das Wiki-Prinzip: erst publizieren, dann kontrollieren

Mit der Diskussion um die Sicherheit vor Falschinformationen in Wikipedia, bzw. dem Problem, dass sich unzählige Leute auf der ganzen Welt wie selbstverständlich auf die Korrektheit dieser grossen Freiwilligenarbeit verlassen, geht gerne vergessen, dass die Wiki-Software eigentlich mit anderen Zielsetzungen entwickelt wurde, als zu einem wissenschaftlichem Referenzwerk zu werden. Wikiwiki ist hawaiianisch und bedeutet „schnell“. Die Entwickler der Wiki-Technologie wollten eine schnelle und einfache Art, wie Inhalte im Internet gemeinsam (eben: kollaborativ) erstellt, ergänzt und entwickelt werden sollten.

Dabei ging es bei Wikis um einen neuen Ansatz, Inhalte zu erstellen: Statt vorgängiger Kontrollen, die über Berechtigungen gesteuert wurden, sollte jeder Änderungen anbringen können, diese aber auch zu verantworten haben. Jimmy Wales, Gründer des Wikipedia-Projekts, fasste es wie folgt zusammen: „The basic thing I think makes it work is turning from a model of permissions to a model of accountability. It isn’t that you are allowed or not allowed to edit a certain thing; it’s when you do it, that change is recorded, and if it’s bad, people can see that.“

Wikipedia ist dabei ein Sonderfall. Aber einer, der sehr viel Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Der Netzanalytiker Clay Shirky beschreibt die Funktionsweise von Netzpublikationen, die von Gruppen erstellt werden, mit folgenden Worten zusammen, die meinem Titel Pate standen: “ The order of things in broadcast is ‚filter, then publish.‘ The order in communities is ‚publish, then filter.“ Dies unter dem Zwischentitel: „Participation matters more than quality“.

Aus der Welt der Blogs V: Blogs sind unwichtig

Noch ein Beweis, dass Blogs eigentlich nur ein selbstbezügliches, ausserordentlich überschätztes Phänomen seien? Hier: Die neue Studie von w3b hat herausgefunden, dass zwar 75 Prozent der Web-User schon von Blogs gehört haben. Aber nur 4 Prozent benutzen Blogs regelmässig zur Beschaffung von Informationen. Gar nur 2 Prozent schreiben regelmässig eigene Beiträge in Blogs (mehr als einmal pro Woche).

HOK: Lesen – Vom Suchen und Finden IX: Mainstream

Da wir es gerade von Google hatten (wer spricht zur Zeit nicht von Google, wenn es um „Digitales Wissen“ und dergleichen geht?): Google hat mit der Ankündigung, die Bestände berühmter Bibliotheken (vor allem in den USA) in globo einzuscannen und zur Suche bereitzustellen (Google Book Search), einiges an Widerstand und Skepsis geerntet, zuletzt an der „Semantics“ in Wien.

Dabei geht es ja nicht nur um die Kommerzialisierung des Wissenszugangs (den Google zwar bestreitet, aber bitte: Google ist ein kommerzielles Unternehmen – keine gemeinnützige Institution), sondern auch um die unvermeidliche Fokussierung auf bereits mit Aufmerksamkeit bedachter Informationen und Wissensbestände. Oder mit den Worten von Max Kaiser, Koordinator für Forschungs- und Entwicklungsprojekte bei der österreichischen Nationalbibliothek: „Die Leute werden aber davon ausgehen, dass alles digital zu finden ist. Was nicht aufgenommen wird, wird komplett in Vergessenheit geraten.“ Die Aussage: „Was bei Google nicht zu finden ist, existiert nicht“, gilt dann nicht nur für Web-Inhalte, sondern auch für Bücher.

Dieser Trend zum Mainstream stellt auch Christiane Floyd bei der Digitalisierung der historischen Recherche-Rahmenbedingungen fest: Viele Datenbestände werden überhaupt erst in feste Formen gebracht, wenn sie für die Abfrage mittels Internet aufbereitet werden, bzw. diese Strukturen werden einer breiten Öffentlichkeit sichtbar. Dafür setzt sich aber auch ein Trend durch, der bei der Strukturierung der Daten zu einem Mainstream führt. Die Daten werden auf ähnliche Weise strukturiert.

Dies gilt in einem sich selbst verstärkenden Prozesse wohl auch für die Inhalte. Auch hier bietet Google ein schönes Beispiel: Letzte Woche lancierte Google das Projekt Google Base. Dabei handelt es sich um eine Datenbankinfrastruktur, die von jedermann (und jeder Frau) benutzt werden kann. Wer seine CD-Sammlung der Welt mitteilen will oder Autos oder Backwaren verkaufen will, kann die Daten dorthin hochladen. Aber auch Gemeinde-Bibliotheken oder andere Institutionen können ihre Daten dort kostengünstig in strukturierter Form publizieren.

Da die Struktur vorgegeben ist, führt dies unweigerlich zu einer verkappten Standardisierung. Auch das Tagging hat einen Mainstream-Effekt, wie Google als Suchmaschine ja auch: Bekanntes wird bekannter. Die Nischen werden immer weniger beachtet und verschwinden – ausser sie bezahlen für die Aufmerksamkeit in Form einer Google-Anzeige. Beim Tagging ist die Strukturierung relativ weich und wird durch die User gesteuert, bei Google Base kann man das nicht behaupten.

Mag die Struktur von Wissensbeständen (wie Floyd erklärt) durch eine Publikation im Internet „veräussert“, bzw. expliziert und damit erkennbar werden: nicht immer erschliessen sich die Kriterien, die zur Auswahl geführt haben. Google Scholar, das letztes Jahr eingeführt wurde, hat wie die Google Print bzw. Google Books bei den Bibliotheken für viel Aufsehen gesorgt. Doch wie genau die Inhalte (zumeist Fachzeitschriften) ausgewählt werden, ist nirgends dokumentiert. Auch hier lässt eine erste Analyse den Schluss zu, es handle sich um einen Trend zum Mainstream – zu den gut betuchten grossen Verlagen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Bibliotheken nun die Fachverlage gerade aufgrund der Erfahrung mit Google Scholar unter Druck setzen, da die Fachzeitschriften-Abonnemente so horrend sind.

Literatur:
Floyd, Christiane: „Esse est percipi. To Be is to Be Accessed.“, in: Haber, Peter, Epple, Angelika (Hg.): Vom Nutzen und Nachteil des Internet für die historische Erkenntnis. Version 1.0, Zürich: Chronos 2005 (Geschichte und Informatik, Vol. 15/2004), S. 57-71

HOK: Lesen oder Schreiben? From Wreader to Wiki…

Krameritsch spricht in seinem Artikel „Geschichte(n) im Hypertext“ von „Wreadern“, das sind Reader, die zugleich durch ihr Leseverhalten zu Writern werden, einer Vermischung von Lesen und Schreiben (der Begriff wurde von George Landow erstmals verwendet: „Technology transforms readers into reader-authors or ‚wreaders'“, Landow 1994, 14). Diese Vermischung entsteht etwa beim Lesen von Hypertexten, da jedes Individuum anderen Hyperlinks in anderen Reihungen folgt und damit einen eigenen Hypertext zusammenstellt. Dieses Zusammenstellen entspricht den Suchpfaden, die ich bei den Informationsräumen beschrieben habe.

Doch wo genau hört dann der Akt des Lesens auf und wo beginnt jender des Schreibens? Beim „Wreading“ handelt es sich ja nur um eine Teil-Interaktion. Die User wählen aus bestehenden Möglichkeiten aus, sie bestimmt lediglich die Reihenfolge und die Übergänge der Informationseinheiten. Wirklich interaktiv wird das Geschehen erst, wenn die Leserinnen und Leser das Gelesene verändern oder mitgestalten können.

Hier setzt die Idee von Wiki ein, jene technische Lösung, die es einer Gruppe von Menschen erlaubt, gemeinsam mit wenig Aufwand Texte auf dem Internet zu erstellen und zu bearbeiten (es gibt auch andere Lösungen, von Foren mit ausgefeilten Texteditoren-Funktionen, netzwerkfähigen, kollaborativen Textverarbeitungen (wie SubEthaEdit oder MoonEdit) bis hin zu Web-Applikationen wie „Writely“). Dabei gilt es zwischen verschiedenen Interaktionsformen (Kommunikation, Kooperation und Kollaboration) und verschiedenen Textformen (Lauftexte und Hypertexte) zu unterscheiden.

Literatur

  • Krameritsch, Jakob: „Geschichte(n) im Hypertext. Von Prinzen, DJs und Dramaturgen“, in: Haber, Peter, Epple, Angelika (Hg.): Vom Nutzen und Nachteil des Internet für die historische Erkenntnis. Version 1.0, Zürich: Chronos 2005 (Geschichte und Informatik, Vol. 15/2004), S. 33-56
  • Landow, George P. (Hg.): Hyper text theory, Baltimore (Md.) [etc.]: The Johns Hopkins University Press 1994

Übersicht: HOK Lesen/Schreiben

HOK: Lesen – Vom Suchen und Finden VIII: Informationsräume, Pfade und Navigation

Das World Wide Web verfügt über Hypertext-Funktionalität, das ist eine wichtige Eigenschaft des Mediums. Jedoch nutzen nicht alle Autorinnen und Autoren diese Funktionalität in gleichem Masse. Und gerade bei der Informationskompetenz stellt sich hier die Frage: Handelt es sich hier um digital bereitgestellte Bücher, in denen man Volltext-Suchen durchführen kann, oder um neue Konstrukte: um Netzwerke oder Räume? (Stahl)

Wenn wir die Metapher des Raumes nutzen stellen sich gleich weitere Fragen: Wie orientieren wir uns in diesem Informationsraum? Und wie unterscheiden sich digitale (WWW-) Informationsräume von analogen Informationsräumen (also Bibliotheken beispielsweise)? (Krüger)

Hypertextuelle Verknüpfungen und fehlende Strukturierungen lassen beim Suchen im Internet sehr unterschiedliche Suchpfade entstehen. Die User müssen diese im Gedächtnis gleichsam „virtuell“ abspeichern. Der PC zeigt ja immer nur gerade die aktuellste Sicht von Informationen an. Den Pfad hat der Browser zwar gespeichert, aber für die Interpretation des gerade sichtbaren Inhalts und für die Entscheidung, was mit diesem Inhalt gemacht werden soll, bzw. welcher Hyperlink verfolgt werden soll, bleibt den Usern überlassen.

Die Fähigkeiten zur Navigation und zur Orientierung über den aktuellen „Ort“ im World Wide Web sind zentral für den Erfolg bei der Informationssuche (Edwards/Hardman). Weil die Orientierung „virtuell“ erfolgt, sind Metapher so prägend (Stahl) und lehnen sich oft an bekannten Repräsentationsformen an, vor allem am Buch (Hodel). Das gilt auch für die so genannte Bread-Crumb-Navigation, die Brotkrümel-Navigation, die in Anlehnung an – sagen wir – Orientierungskompetenz von Hänsel und Gretel jende Navigation meint, die die User immer einen Schritt zurückgehen lässt (Zurück-Knopf des Browser). Einzelne Websites bieten diese Navigation auch automatisch generiert an – allerdings nur, solange die User auf der gleichen Website unterwegs sind (wieder die räumliche Metapher…).

Interessant wären die Pfade, die beim Durchstreifen (um der Metapher gerecht zu werden) der Informationsräume entstehen. Hier sind erst wenige Untersuchungen vorgenommen worden und es gibt auch kaum Vorschläge, wie diese Pfade aufgezeichnet, reflektiert oder anderen zur Verfügung gestellt werden könnten. Denn die Pfade sind eigentlich kleine individuelle schöpferische Akte, bei denen kurzlebige virtuelle Sinneinheiten hergestellt werden.

Literatur

  • Hodel, Jan: Wie kommen wir dahin? Das Internet verlangt nach neuen Fähigkeiten bei der Aufnahme von Informationen. Verfasst für die Online-Publikation im Bereich „Reflexionen“ der Website www.pastperfect.at., 15.9. 2003. (PDF)
  • Edwards, Deborah M., Hardman, Lynda: „Lost in hyperspace: cognitive mapping and navigation in a hypertext environment“, in: McAleese, Ray (Hg.): Hypertext: theory into practice, Edinburgh: 1999, S. 90-105
  • Krüger, Stefanie: „Die Erschliessung digitaler und analoger Suchräume. Anforderungen an heuristische Verfahren“, in: Haber, Peter, Epple, Angelika (Hg.): Vom Nutzen und Nachteil des Internet für die historische Erkenntnis. Version 1.0, Zürich: Chronos 2005 (Geschichte und Informatik, Vol. 15/2004), S. 91-105
  • Stahl, Elmar: Is a hypertext a book or a space? The impact of different introductory metaphors on hypertext construction, in: Computers & Education Volume 44 , Issue 2 (February 2005) S. 115-133. (Abstract)

Aus der Welt der Blogs IV: der beste Blog der Welt

Nun ist es amtlich, eine Jury hat im Rahmen des Wettbewerbs „Best of Blog“ den besten Blog der Welt ausgezeichnet. Titel „Mehr Respekt, ich bin Deine Mutter!“ (Mas respeto, que soy tu madre!)

  • Inhalt: eine fiktive Fortsetzungeschichte aus einer argentinischen Familie.
  • Die Jury: „Eine gelungene fiktionale Mischung aus Telenovela und Komödie“.
  • Der Autor Hernan Casciari: „Ich warte sehnsüchtig darauf, dass die Leute endlich die kreative Kraft der Weblogs erkennen und etwas Neues schaffen. Derzeit schreiben 80 Prozent der Blogger ausschliesslich über sich oder über Weblogs. Unter Bloggern ist die Nabelschau leider immer noch weit verbreitet.“

Tja, trifft für diesen meinen Blog-Eintrag leider auch zu, ich nehme es zur Kenntnis…