Archiv der Kategorie: Diverses

Adieu Wandtafel – Hello Multi-Touch-Wall?

Schon eindrücklich, wenn Jeff Hall von der New York University auf seiner Multi-Touch-Wall zeigt, was alles mit dieser Implementation möglich ist, wie er fingerfertig mehrere Fenster mit seinen zwei Händen herumschiebt, vergrössert, „manipuliert“ (So gesehen an der TED-Konferenz). Sieht so unser Büro der Zukunft aus? Oder unser Seminar-Raum? Im Hinblick auf den Trend, den etwa auch das iPhone andeutet, werden wir in Zukunft sicherlich häufiger mit Touch-Screens in Berührung kommen.

Hinsichtlich der Bedeutung für den Alltag von Forschung nd Lehre der Geschichte gilt zu bedenken, dass die Haupttätigkeiten „Lesen“ (oder „Betrachten“) und „Schreiben“ von Multi-Touch-Anwendungen nicht sonderlich profitieren. Zum Eingeben grosser Mengen von Text beispielsweise eignet sich die klassische Tastatur weitaus besser. Was aber das Durchsuchen, Organisieren und Darstellen von Materialien (Bildern, Tönen, Texten) angeht, könnte die Multi-Touch-Umgebung neue Möglichkeiten erschliessen – insbesondere auch, wenn man (wie die Demonstration zeigt) zu mehreren an einem gemeinsamen Projekt arbeitet.

Interessant auch die Einschätzung von Han auf die Frage, wann wir (wie in Science-Fiction-Filmen gerne gezeigt) in 3D-Umgebungen arbeiten werden. Han ist skeptisch, da der menschliche Körper beim Manipulieren lieber einen Widerstand (wie eine Fläche) benutze und sich beim Hantieren „in der Luft“ unwohl fühle.

Geschichtstage: Geschichtslehrbücher

Das Panel „Die Umbrüche von 1968 und 1989 in Schweizer Geschichtslehrbüchern“ ist ebenfalls bestens besucht, die Geschichtstage müssen wohl zumindest vom Interesse her als klarer Erfolg verbucht werden.

Karin Fuchs und Kurt Messmer erläutern die geschichtsdidaktische Bruchstelle von 1968 anhand der Gegenüberstellung zweier Lehrmittel: „Vom Strom der Zeit“ (1966) und WWeltgeschichte im BildW (1974). Anhand der Verwendung von Bildmaterial zeigen sie die grundlegend anderen Auffassungen von Geschichtsvermittlung und Geschichtslernen. Diese werden in den Aussagen „Wir wollen frei sein wie die Väter waren“ auf der einen und „Geschichte erforschen, heisst Fragen stellen“ auf der anderen Seite (Weltgeschichte im Bild) treffend zusammengefasst. Daran schliesst sich das Postulat an, der Geschichtsunterricht müsse auch die Geschichte der Geschichte, der Geschichtsschreibung, des Geschichtsunterrichts behandeln. Nur so werde deutlich, wie stark die Geschichtsvermittlung von gesellschaftlichen Vorstellungen von Geschichte (und von Geschichtsvermittlung) geprägt ist.
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Geschichtstage: Nationalgeschichte

Ich klinke mich nun auch in das Tagesgeschehen ein und sitze im überfüllten Raum 101 beim Panel „Die ewige Eidgenossenschaft. (Wie) Ist im 21. Jahrhundert Nationalgeschichte noch schreibbar?„, das offenbar auf ausserordentlichen Zuspruch stösst. Das Gedränge im Raum findet seine Entsprechung im dichten Programm mit wiederum sehr dichten Vorträgen. (Hier noch eine grundsätzlich Bemerkung zum Tagungsformat: der Vortrag lebt. Keine einzige Powerpoint-Folie erhellt die Wände des Seminarraums, kein Lüfter-Geräusch erschwert die Verständlichkeit der mündlich vorgetragenen Überlegungen).

Thomas Maissen stellt in seinen einleitenden Bemerkungen die Vermutung, dass die Frage, ob es noch eine Nationalgeschichte brauche oder geben könne, eine typisch schweizerische Frage sei. Hat die Nationalgeschichte in der „Willensnation“ Schweiz eine besondere, rein politische Funktion, da keine kulturellen, sprachlichen oder geographischen Gemeinsamkeiten eine nationale Identität (und damit eine nationale Geschichte) legitimieren? Oder ist im Zeitalter der supranationalen Organisationen das Denken in nationalen Kategorien obsolet geworden? Oder ist im postmodernen Modus der Geschichtsschreibung das Denken in nationalen Kategorien einfach nicht mehr en vogue – zumindest nicht mehr in den Wissenschaften? Jedenfalls beklagt Maissen einerseits die Vereinnahmung der Nationalgeschichte durch nur eine Seite des politischen Spektrums und fordert eine Nationalgeschichte, die unter anderem auf „obschon“-Formulierungen verzichtet, sondern den Tatbeständen auf den Grund zu gehen und sie zu erklären versucht. („Obschon die Schweiz gegen die nationalsozialistischen Parolen immun war, erlagen doch einige den Schalmeienklängen der NSDAP“ – sinngemässes Zitat).
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Die Digitalisierung der Neuen Zürcher Zeitung

Beim Versuch, eine Übersicht über aktuelle und abgeschlossene Digitalisierungsprojekte in der Schweiz zu erstellen, bin ich auf das riesige Projekt der Neuen Zürcher Zeitung gestossen, alle bisherigen Ausgaben zu digitalisieren. Das sind immerhin zwei Millionen Seiten. Das Projekt ist recht gut dokumentiert:

Natürlich interessiert vor allem die Frage, ob und zu welchen Bedingungen die Digitalisate zugänglich sind oder sein werden. Meines Wissens ist zur Zeit nichts öffentlich zugänglich – weder kostenlos noch gegen Entgelt. Wie die Pläne für die Zukunft aussehen, weiss ich natürlich nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die NZZ sich ein gutes Marketing-Konzept überlegen wird und dann das Material in der einen oder anderen Weise veröffentlichen wird.

BOA – Baden-Württembergisches Online-Archiv

Den unschätzbaren Wert der Wayback-Machine des Internet Archive dürften wohl die meisten auch online recherchierenden Historiker kennen. Nun tauchen langsam die ersten ähnlichen Archive im Netz auf, die sich spezifisch auf einen Bereich konzentrieren und zudem das Material wesentlich präziser erschliessen, als dies die mehr oder weniger automatisierten Harvester des Internet Archive tun. Ein sehr gelungenes Beispiel ist das kürzlich auf der Archivliste der Archivschule Marburg vorgestellte Baden-Württembergische Online-Archiv (BOA): «Im BOA-Projekt sichert das Landesarchiv die Netzkultur Baden-Württembergs für die Nachwelt. Ohne die Websites des Landes und seiner Bürger wird man unsere Zeit in hundert Jahren nicht mehr verstehen können. Seit Sommer 2006 werden daher derzeit 23 Internet-Auftritte von Landesbehörden und von Einrichtungen mit Landesbeteiligung archiviert.»

Kulturwissenschafter erklärt web 2.0? Geht doch…

Wer schimpft denn hier immer gegen kulturwissenschaftliche Analysen der Neuen Medien? Stefan Weber hat da ja in seiner Abrechnung mit der Google-Copy-Paste-Gesellschaft auch die Kultur- und Medienwissenschaften an den Pranger gestellt. Ich hingegen finde beispielsweise das unten stehende Video des amerikanischen Kultur-Anthropologen Michael Wesch ein interessantes Beispiel dafür, wie man kultur- und medienwissenschafliche Konzepte (in diesem Falle: „Was ist eigentlich Web 2.0?“) auch als Kurzfilm treffend und erhellend darstellen kann (falls das eingebettete YouTube-Filmchen spinnt, hierhin klicken). Der Film kommt zwar nicht ganz ohne Worte, aber doch ohne obligaten Sprecher aus dem Off (oder die berühmten „sprechenden Köpfe“ – pardon: Interview-Partner) aus; dafür nervt (zumindest mich) der Soundtrack nach zwei Minuten – aber da kann man ja den Ton leise stellen.

Wie man es hingegen lieber nicht macht… Weiterlesen

Wikipedia: freies und unfreies Wissen?

Was soll man als Historiker/Historikerin von den Geschichts-Artikeln in Wikipedia halten? Der bereits von Peter Haber erwähnte Artikel von Maren Lorenz in „WerkstattGeschichte“ bringt ein wesentlichen Problem auf den Punkt. Wikipedia ist weder ein Lexikon mit klaren redaktionellen Verantwortlichkeiten noch eine offene Plattform, bei der jeder und jede mit gleichen Rechten (und Pflichten) mitwirken darf. Stattdessen bringt ein Blick hinter die Kulissen ein schwer durchschaubares Gewirr von Meritokratie, Kungelei und Gutgemeintem (noch immer das Gegenteil von gut) zu Tage. Es gibt Administratoren mit den technischen Möglichkeiten, Artikel einzufrieren, Benutzer/innen auszuschliessen, sogar Versionen zu löschen und ähnliches. Soweit so gut, doch wer wählt diese Administratoren auf Grundlage welcher Kriterien? Grundsätzlich ist das ein demokratischer Prozess, der fachliche Kompetenz (gemessen an den Beiträgen in Wikipedia) belohnt. Faktisch ist das ein undurchsichtiges „Ich wähle Dich, wenn Du mich wählst“-Prozedere eines inneren Zirkels.

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Mit BibTip auf dem Weg zum Opac 2.0?

Amazon hat es vor Jahren schon vorgemacht, jetzt folgen die Bibliotheken: Zusätzlich zu den eigentlichen Treffern einer Abfrage in einem Bibliothekskatalog sollen in Zukunft auch Empfehlungen mitgeliefert werden, was auch noch interessant sein könnte für die aktuelle Recherche. BibTip nennt sich eines dieser Angebote und es soll funktionieren, ohne dass von Seiten des Kataloganbieters die Installation zusätzlicher Software notwendig ist, wie die UB Karlsruhe, die diesen Dienst entwickelt hat, schreibt. Gefördert wurde dieses Projekt übrigens von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die schon längst zu einem der aktivsten Promotoren neuer Netzanwendungen für die Wissenschaften geworden ist. Passend zu diesem neuen Dienst übrigens der Aufsatz mit dem schlicht grandiosen Titel «Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch folgende Einleitung gelesen», den der transcript-Verlag freundlicherweise als Leseprobe ins Netz gestellt hat. Wer BibTip ausprobieren will, dem sei zum Beispiel der Katalog der UB Karlsruhe empfohlen (via Inetbib).

Collection «Le Savoir Suisse»

Heute Nachmittag bei einem Spaziergang in Genf in der Buchhandlung Payot entdeckt: Le Savoir Suisse, eine hübsch gemachte Buchreihe, die mit dem Anspruch antritt, das Wissen der Schweiz in ein paar Dutzend kleinen, handlichen Büchlein abzubilden. Natürlich mit einem Augenzwinkern. Und vielleicht – aber das ist nur eine Vermutung – mit einer stillschweigenden Referenz auf die Abenteuer der Encyclopédie der Société Typographique de Neuchâtel, die Robert Darnton so wunderbar beschrieben hat …?

HOK Reden: Über die Zeit II (Tod Web 2.0/Zotero/Ehrensenf)

In einem Eintrag bei den „Hard bloggin scientists“ bekennt Stefan Baumann, das web 2.0 habe aus ihm einen Informationsabhängigen gemacht, der sich täglich dem multimedialen RSS-Terror aussetze. Darum schrecke ihn die Aussage „das web 2.0 ist tot?“ nicht besonders. Hätte ich Zeit (…), könnte ich da mehrere Anknüpfungspunkte finden. Denn das web 2.0 ist wird ja schon seit geraumer Zeit tot gesagt (oder zum Hype deklariert), und Informationsabhängigkeit ist (glaub ich) schon eine anerkannnte Krankheit (zumindest in der Form der Internet-Sucht).

Stattdessen versuche ich das neue, vom Center for History and New Media (CHNM) vorgestellte Firefox-Plugin „Zotero“ aus seine Tauglichkeit zu testen. Zotero ist ein Bibliographie-Tool, das im Browser mitläuft und ziemlich clever Annotationen und Verlinkungen zulässt. Solange ich aber zuerst alle Bücher auch noch von Hand erfassen muss, ist mir das zu umständlich. Und nur zur Verwaltung von Websites? Ich stelle hier so eine Art Zettelkasten-Syndrom fest: Kaum hat man sich ein neues Format zugetan und alle Einträge brav eingspeisen kommt ein neues, besseres System. Dieses erforderte aber die Bearbeitung aller bisherigen Einträge. Dieser ständige Kampf mit Standards, Heterogenität und Medienbrüchen…
Aber Eindrücke und Erfahrungen mit Zotero sind jederzeit hier willkommen!!

Interessanterweise ist Zotero auch ein Gegenbeispiel zu meiner eben geäusserten Vermutung, dass das persönliche Informationsmanagement in Zukunft webbasiert vor sich geht. Vielleicht könnten Plugins wie Zotero auch eine Brücke zwischen PC und Web-Arbeitsumgebung bilden.

Und wo wir es schon von Zeit und „Information Overload“ und Multimedia haben: Der TV-Webcast „Ehrensenf“ macht ja eigentlich seit Jahren nichts anderes, als schräge Fundstücke und kleine Juwelen aus dem Internet auf launig-witzige Art in einer 5-Minuten-Mini-Fernsehsendung zu präsentieren. Alle, die knapp in der Zeit sind, seien vor dem Anklicken gewarnt. Bei den 5 Minuten bleibt es in der Regel nicht, weil irgend ein aberwitziger oder interessanter Hinweis einen in die Fernen des Cyberspace führt. Zum Beispiel zu diesem kleinen schwarzhumorigen Animationsfilm über moderne Management-Methoden bei Gevatter Tod. Womit wir den Kreis zum Beginn des Blogeintrags wieder geschlossen hätten. Und einen neuen Anknüpfungspunkt: Hat das Web 2.0 einen Hang zur Parodie? Fehlt es der Web-Community einfach am nötigen Ernst?

Übersicht: HOK Reden

HOK: Lesen – Quellen III: Copy/Paste – Left&Right

Zur Kompetenz, Informationen aus dem Internet der Quellenkritik zu unterziehen, gehört auch das Wissen um die Rechtslage. Die digitale Medien-Gesellschaft macht das verlustlose Kopieren zur einer Frage weniger, gutplazierter Mausklicks. Die Urheber befürchten um ihren Verdienst betrogen zu werden. Die Konzerne der Unterhaltungsindustrie drohen Zehntausenden Nutzerinnen und Nutzern von Peer-to-Peer-Netzen mit happigen Strafklagen. Aber auch interessante wissenschaftliche Arbeiten sind oft kostenpflichtig. Da die Lizenzen etwa für Online-Journale ins Unermessliche steigen, können sich viele Universitäten diese Lizenzen nicht mehr leisten. Der Weg in die wissenschaftliche Zwei-Klassen-Gesellschaft ist vorgezeichnet.

Die OpenAccess, eine Initiative aus Kreisen der Bibliotheken, ist eine Reaktion auf die Probleme, die durch die Kommerzialisierung bei wissenschaftlichen Publikationen enstehen. Die kommerziellen Interessen der Verlage führen insbesondere dazu, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht frei zugänglich sind.

Aus diesem Grund hat Lawrence Lessig, auf Internet-Recht spezialisierte Professor an der Stanford Law Scholl, eine neue Form urheberrechtlicher Lizenzen, die Creative Commons (CC), vorgeschlagen. Diese gibt den Urhebern die Möglichkeit, ihre Werke für die weitere Verwendung entweder ohne oder mit gewissen Einschränkungen freizugeben. So ist etwa möglich, die weitere Verwendung mit Nennung des Autors zu erlauben, oder nur nichtgewerbliche Nutzungen oder nur Nutzungen ohne Veränderung des Originals. In der Schweiz kümmert sich die Organisation OpenLaw um die Anpassung der Creative Commons an schweizerisches Recht. In Deutschland liegt bereits eine angepasste Form der CC-Lizenzen vor, so kann man hier seine gewünscht Lizenform online zusammenstellen. da es sich nicht um freie Lizenzen (wie etwa bei Open Source Software) handelt, gibt es Probleme bei Fällen gemischter Lizenzen, da sich Open Source Lizenz (wie etwa GNU) und CC teilweise gegenseitig ausschliessen. CC-Lizenzen werden mit folgendem Bild gekennzeichnet:

Oft ganz andere Probleme bei der Frage der Urheberrechte stellen sich Lehrverantwortlichen in Schule und Universitäten: Plagiate.