Schlagwort-Archive: Bibliothek

Geschichte des Digitalen?

Beim Bücherholen im Freihandmagazin entdeckte ich reihenweise Regale voller Publikationen, die sich „uralt“ anfühlten, weil sie einen Gegenstand beschreiben (bspw. Office 2000 oder Netscape 4.5), der bereits heute nur noch schwerlich in seiner digitalen Form aufzufinden ist. Wie ist das wohl in 50 Jahren, schoss es mir durch den Kopf. Ist dann dieses Buch (oder ein anderes) vielleicht sogar das einzige noch vorhandene Zeugnis dieser Büro-Software, bzw. dieses Web-Browsers? Ist das Buch dann überhaupt noch vorhanden, oder schon von Google Books gescannt und im Altpapier entsorgt?

Dies ist nur ein kleiner, laienhafter Gedankensplitter aus dem Wissenschaftsalltag zum grundsätzlichen Problem der Langzeitarchivierung digitaler Daten und zu den Auswirkungen des digitalen Wandels auf die Buchkultur, was beides in unserem Weblog von weitaus kundigerer Seite, nämlich durch Kollega Haber, bereits ausführlich verhandelt wurde.

JSTOR hoch 10: HathiTrust

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In wenigen Monaten werden wir nicht mehr von JSTOR reden, sondern nur noch von HathiTrust. HathiTrust nennt sich selbstbewusst das „grösste Unternehmen der Bibliotheksgeschichte“. HathiTrust wurde 2008 als Verbundprojekt von 25 US Universitätsbibliotheken lanciert. HathiTrust gibt bereits heute Zugang zu Millionen von digitalisierten Buchbeständen, ist aber nicht eine blosse Meta-Plattform, sondern eine robuste und dauerhafte Speicherinfrastruktur für die digitalen Bestände aller beteiligten Bibliotheken. HathiTrust hat ausserdem eine Langzeitarchivierungslösung und wird somit auch das weltweit grösste digitale Archiv sein.

Im Moment sind „erst“ 2.5 Mio Bände online. Ende Jahr werden es 5 Mio sein, 18 Mio sind auf Ende 2012 erwartet. HathiTrust umfasst die digitalisierten Bestände, welche die Bibliotheken zum Teil in Zusammenarbeit mit Google digitalisiert haben und umfasst unter zahlreichen anderen Unternehmen JSTOR und die Humanities Text Initiative der University of Michigan. Last not Least: HathiTrust ist ausschliesslich von den teilnehmenden Bibliotheken finanziert.

Und hier gibt es einen Podcast zum Thema: The Hathi Trust and „The Silence of the Archive“ – ein Interview mit John Price Wilkin, Executive Director, Hathi Trust.

Ansturm auf europeana.eu


Die Online-Bibliothek europeana hatte auf heute einen Relaunch ihrer Website angekündigt, wodurch der Zugriff auf 2 Millionen Dokumente (Bücher, Bilder, Töne, Zeitungen) möglich werden sollte. Im Moment ist der Server nicht erreichbar, offenbar hielt er dem Ansturm von 10 Millionen Anfragen pro Stunde nicht stand. Soll uns das freuen, weil die Nachfrage nach diesem europäischen Prestige-Anti-Google-Projekt so gross ist – oder eher nachdenklich stimmen, weil die Verantwortlichen sich bei den Zugriffszahlen verschätzt haben?

Berne se munit d’un centre pour les fonds anciens


Depuis le premier janvier de cette année, la Bibliothèque universitaire de Berne dispose d’un nouveau centre de compétence pour les collections anciennes, le Zentrum historische Bestände. C’est un des résultats de la profonde réorganisation du paysage des bibliothèques académiques de Berne et la conséquence d’une longue histoire qui implique aussi la Bibliothèque de la Bourgeoisie de Berne, propriétaire des fonds anciens. Le nouveau centre gère 260 000 imprimés et cartes, entre autres 7000 imprimés issus de la collection de l’humaniste huguenot Jacques Bongars (1554-1612) et les quelque 16 000 cartes, plans et vues géographiques de l’homme d’état bernois Johann Friedrich Ryhiner (1732-1803). Tandis que la collection de cartes a été cataloguée il y a dix ans et est accessible par Internet il en va pas de même pour les livres. Mais le recataloguage de l’ensemble du fonds ancien (des ouvrages datant de 1470 à 1900) et la mise à disposition en ligne de ce catalogue figure parmi les objectifs principaux du nouveau centre. De plus il est prévu de numériser une sélection de livres et de les mettre en ligne dans le cadre du projet e-rara.ch. Reste à savoir quels seront les ouvrages choisies et à espérer que les besoins de la gent historique seront considérées. Affaire à suivre…

Library 2.0 multiperspektivisch

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Daf man eigentlich als Nicht-Bibliothekar Bibliothekare zum Thema Library 2.0 weiterbilden? Nach einer anregenden Sitzung in Zürich zusammen mit zwanzig wissenschaftlichen Bibliothekaren finde ich: ja. Die Universität Zürich bietet neuerdings einen Master of Advanced Studies in Bibliotheks- und Informaitonswissenschaften an, und zwar in Zusammenarbeit mit der Zentralbibliothek Zürich. Und in diesem Ausbildungsgang habe ich drei Kursblöcke zum Thema «Library 2.0: Retrodigitalisierung und neue Webtechnologien für Bibliotheken» übernommen.

Wie es sich für ein solches Thema gehört, arbeiten wir völlig transparent in unserem hauseigenen Wiki. Das hat, wie man sich denken kann, nicht nur Begeisterung ausgelöst.

Die Literaturliste ist zur Zeit noch sehr Danowski/Heller-lastig, was aber insofern kein Problem darstellt, dass die beiden Berliner Bibliothekare tatsächlich so etwas wie einen «Klassiker» zum Thema geschrieben haben – wenn der Ausdruck Klassiker gestattet ist bei einem Thema, das erst am Anlaufen ist.

Selbstverständlich sind alle Seiten (mit Ausnahme der Hauptseite, wo auch die verbindlichen Spielregeln stehen) öffentlich und kritische Beobachter – ob aus Berlin oder auch anderswo – sind höchst willkommen.

Das Buch am Ende? Am Ende das Buch!

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Die westliche Kultur ist stark geprägt vom Medium Buch. Seit dem Aufkommen des World Wide Web mehren sich jedoch Stimmen, die das Ende des Buches kommen sehen.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Medium Buch. Buchgeschichte(n) aus Basel» des Instituts für Medienwissenschaft und des Historischen Seminars diskutieren Buchexperten über Überlebenschancen des Mediums Buch in einer digitalen Gesellschaft und über Nutzen und Nachteil einer interdisziplinären Buchwissenschaft.

Diskussionsteilnehmer
Dr. Urs Breitenstein, bis Ende November Verleger des Schwabe Verlages und Präsident des Schweizer Buchhändler- und Verleger Verbandes SBVV | Hannes Hug, Direktor der Universitätsbibliothek Basel | Dr. Uwe Jochum (Konstanz), Autor zahlreicher Bücher zur Buch- und Bibliotheksgeschichte | Martin Kluge, Leiter Abteilung Wissenschaft im Schweizerischen Papiermuseum Basel und Lehrbeauftragter am Historischen Seminar der Universität Basel | Prof. Dr. Christoph Tholen, Vorsteher Institut für Medienwissenschaft der Universität Basel.

Datum
Donnerstag | 20. Dezember 2007 | 16:15 bis 18:00

Ort
Kollegiengebäude der Universität Basel | Hörsaal 119

Moderation
Dr. Peter Haber

Programm als PDF

Steinschneider reloaded

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Moritz Steinschneider gilt heute als der Begründer der wissenschaftlichen hebräischen Bibliographie. Aus Anlass seines 100. Todestages organisierte die Staatsbibliothek zu Berlin zusammen mit mehreren Forschungseinrichtungen eine dreitägige internationale Konferenz in Berlin. Das scheint auf den ersten Blick ziemlich weit weg zu sein vom Themenfeld unseres Weblogs – aber das täuscht.

Steinschneider perfektionierte vor über Hundert Jahren eine Kulturtechnik, die heute einem tiefgreifenden Wandel unterworfen ist: die Technik des Bibliographierens. Interessant dabei ist, dass es sich nicht einfach um eine Automatisierung der Arbeitsschritte handelt, sondern dass sich zur Zeit etwas ganz Grundsätzliches ändert.

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Vom Nutzen und Nachteil des Bibliographierens im digitalen Zeitalter

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Nächsten Dienstag beginnt aus Anlass des 100. Todestages von Moritz Steinschneider an der Staatsbibliothek zu Berlin die dreitägige Konferenz «Bibliographie und Kulturtransfer». Unter dem Titel «Vom Nutzen und Nachteil des Bibliographierens im digitalen Zeitalter» werde ich über aktuelle Entwicklungen im Bereich des kollaborativen Bibliographierens berichten. Das Abstract in deutscher und englischer Sprache sowie eine Literaturliste sind bereits im Netz, ebenso das zweisprachige Handout als PDF-Datei.

World Digital Library – neuster Stand

Das Projekt World Digital Library schafft es in die (vorerst nur englisch-sprachigen) Medien mit der Mitteilung, dass in Paris ein Prototyp gezeigt wurde, der 2008 öffentlich zugänglich gemacht werden soll. Das Projekt wird getragen von der Library of Congress, der Unesco und verschiedenen Partner-Bibliotheken aus Brasilien, Ägypten und Russland. Ausserdem mit dabei (das ist allerdings schon länger bekannt): Google. Die World Digital Library will nach dem Vorbild des Projekts American Memory historisch bedeutsame Dokumente aus allen Regionen der Welt digitalisieren und über das Internet zugänglich machen. Die besondere Herausforderung ist dabei die Entwicklung einer Benutzeroberfläche, die in mehreren Sprachen funktioniert und mit verschiedenen Schriftzeichen kompatibel ist. Wie das aussehen könnte, zeigt (wie gewohnt) ein Video der World Digital Library.

Baugedächtnis Schweiz online

Wie bereits auf den einschlägigen Weblogs vermeldet, hat die ETH einige wichtige Architekturzeitschriften digitalisiert und ins Netz gestellt. «Der ETH-Bibliothek ist es gelungen, das schweizweit bisher grösste Digitalisierungsprojekt von Zeitschriften zu realisieren.» Sie macht auf diese Weise 130 Jahre bauliche und technische Entwicklung der Schweiz in Text und Bild für alle kostenlos zugänglich.

Schreiberlings Traum

Es ist nun einmal so: Wir sind und bleiben Schreibtischtäter. Wir, damit meine ich die Angehörigen der Zunft der Historiker. Der grosse Michel de Certeau, den wir hier ja auch schon erwähnt haben, sprach zwar von der «opération historiographique» und liess mich damit weniger einen hölzernen Schreibtisch als vielmehr chromblitzende Operationsinstrumente assoziieren. Aber das ist nur eine Illusion, der schöne Schein der klinischen Reinheit, den wir aber nie erreichen werden. Nein, wir sitzen am Schreibtisch, vor uns ausgebreitet die Beute aus Bibliothek und Archiv, Papierstapel, wohin man schaut und viele Bücher natürlich.
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Geschichtstage: Technikgeschichte

Monika Dommann (Uni Zürich) berichtete unter dem Titel „Von der Druckerpresse zum Wissenssystem (1960-1975)“ über die Umbrüche und Automatisierungsprozesse in der Bibliothek. In einem ersten Teil ging es um Siegfried Giedion und das Zeitalter der Mechanisierung. Giedion hat in seinem erstmal 1948 englisch erschienen Buch die Prozesse der Mechanisierung untersucht und – zu einem sehr frühen Zeitpunkt – kritisch analysiert. Der zweite Teil des Vortrages behandelte McLuhan, der 1962 in seinem vielzitierten Buch „The Gutenberg Galaxy“ das (vermeintliche) Ende der Buchkultur beschrieben hat. Den Hauptteil des Referates bildete eine Fallstudie über die Mechanisierung des Abschreibens in der Bibliothek. Dommann ging es dabei um die Frage, wie die Geschichtswissenschaft die Nutzung neuer Medien – hier des Photokopierers – untersuchen kann. Sehr anschaulich zeichnete Dommann die Durchsetzung von Kopiermaschinen im bibliothekarischen Kontext nach und spannte einen weiten Bogen hin zu den aktuellen Copyright-Diskussionen. Nur ein Beispiel: Wenn Photokopien von Aufsätzen den Sonderdruck ersetzen, dann verändert sich natürlich auch das Kommunikationsverhalten von Wissenschaftern. Fazit: Ein schönes Beispiel für den fruchtbaren Zwischenraum zwischen Technikgeschichte, Wissensgeschichte und Bibliothekswissenschaft.

P.S.: Die Tatsache, dass in diesem Panel nur drei Vorträge eingeplant waren, erwies sich als sehr angenehm! Schade, dass dies nicht Standard ist an den Geschichtstagen.

Europeana – La Grande Nation fights back!

Wir wussten es ja: Das wird sich die Grande Nation nicht bieten lassen! Die kulturelle Vorherrschaft sich von ein paar amerikanischen EDV-Schnöseln mit einem dicken Portemonnaie wegschnappen zu lassen – so nicht! Jean-Noel Jeanneney, der ebenso visionäre wie auch kampfeslustige Direktor der Bibliothèque Nationale de France, kündigte ja an, dass man das Vorpreschen von Google bei der Massendigitalisierung von historischen Büchern nicht einfach so akzeptieren werde. Nun wissen wir, wass die BNF ausgebrütet hat: Europeana.

Visualisierungen II

Da wir es heute schon einmal ausführlich vom Thema Visualisierung hatten, hier ein interessanter Hinweis aus dem Weblog des unermüdlichen Mark Buzinkay: Ausführlich stellt er ManyEyes vor, ein von IBM entwickeltes Instrument, um grosse Datenmengen zu visualisieren. Das ist nicht ganz die im vorherigen Beitrag von Jan Hodel sehr anschaulich beschriebene Brachialmethode (die m.E. eine Spielerei, aber sonst rein gar nichts ist), sondern einen Tick komplexer und hat auch nicht Quellen im Stil von Wikipedia als Grundlage.

Als Einstiegsliteratur zum Thema eigent sich übrigens folgender Aufsatz: Schwartz, Dieter: Visualisierung in digitalen Bibliotheken. Aufbereitung von Daten und ihre Darstellung in virtuellen Welten, in: B.I.T. online, 6 (2003), 4, S. 343-346. Weitere Literaturangaben finden sich in der Literaturliste meines Seminars «Im Netz des Wissens. Struktur und Chaos im World Wide Web», das im Sommersemester 2006 am Institut für Medienwissenschaft stattfand.