Schlagwort-Archive: Collaboratory

Six Claims for Digital History

Some three months ago, in the context of the conference «Digitale Medien und Infrastrukturen für die Geschichtswissenschaften», that took place from 11 to 12 September, 2009 in Berne, we published six «Thesen zur digitalen Geschichtswissenschaft». Due to some requests from our english speaking readers, we decided to have those claims translated and to post them to our weblog.

digitalclaims

Information Literacy
Digital historians must find their bearings both in analog and in digital information spaces. Not only must they know the advantages and disadvantages of different information systems, but they must also know which information is accessible on which terms and conditions. Weiterlesen

«Docupedia Zeitgeschichte» – eine Experten-Wikipedia?

Die Deutsche Forschungsgemeineschft hat das in Berlin angesiedelte Projekt Docupedia Zeitgeschichte bewilligt:

«Mit Docupedia-Zeitgeschichte soll ein fachwissenschaftlich organisiertes, dynamisch wachsendes Repositorium von enzyklopädischen Texten für die Zeitgeschichtsschreibung entstehen. Ziel ist der Aufbau eines elektronischen Nachschlagewerkes zu den Grundbegriffen, theoretischen Konzepten, Methoden und wichtigen Debatten der zeithistorischen Forschung.
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Das Buch der Woche: Wikipedia goes Foucault!

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Aufmerksame Leser unseres Weblogs werden es ja schon gemerkt haben: Während Kollege Hodel sich immer mehr in die didaktischen Sphären der neuen Netzwelten einarbeitet, widme ich mich seit einiger Zeit vermehrt dem intermedialen Crossover – sprich: dem Medium Buch im digitalen Zeitalter.

So kam mir unlängst – nach einem längeren Streifzug durch die Freihandmagazine unserer Universitätsbibliothek – die Idee, die Rubrik «Das Buch der Woche» hier einzuführen.

Sinn und Zweck dieser neuen Rubrik soll es nicht sein, mit ausführlichen Fachrezensionen bestehende Organe wie H-Soz-u-Kult oder Sehepunkte zu konkurrieren, vielmehr möchte ich in regelmässiger Folge und in kurzer Form auf Bücher hinweisen, die etwas abseits der grossen akademischen Felder liegen, Bücher, die mir besonders gefallen oder die mich besonders aufgeregt haben, Bücher, die man leicht übersieht oder die man einfach gelesen haben muss.

Und so möchte ich mit einem kleinen Büchlein beginnen (entstanden aus einer Magisterarbeit an der TU Chemnitz), das sich Wikipedia widmet und sich dabei einem innovativen Ansatz verschrieben hat: Mit Hilfe des Diskurskonzeptes von Michel Foucault untersucht Pentzold Wikipedia als Informationsspeicher und Diskursplattform. Damit wird die von den Wikipedianern imaginierte und mit viel Aufwand immer wieder beschworene Traditionslinie zurück zur Encyclopédie von Diderot und d’Alembert bewusst ignoriert und Wikipedia gleichsam gegen den Strich gelesen. Im Mittelpunkt der Studie steht die Beschreibung von «Aushandlungsprozessen bei der Verfertigung geteilten Wissens», was an zwei Beispielen untersucht wird. Eine innovative Arbeit, die hoffentlich die etwas frischen Wind in dier verfahrene Wikipedia-Diskussion der letzten Monate bringen wird.

Pentzold, Christian: Wikipedia. Diskussionraum und Informationsspeicher im neuen Netz, München 2007 (= Internet Research; 29).

GMW 07: Tag 3 – Informelles Lernen & Geschichtswiki

gmw 07 schluss

Vorbei: GMW 07 adieu!

Der Abschluss der Tagung bringt noch einmal interessante Zugänge zum eLearning. Zum einen die Frage nach der Bedeutung von informellen Lernprozessen (und die Frage, wie stark diese von digitalen Medien unterstützt werden) und zum anderen ein konkretes Beispiel für den Einsatz von Wiki-Technologien in einer geschichtswissenschaftlichen Lehrveranstaltung (nein, nicht von Haber oder Hodel). Weiterlesen

Zur Medienkultur des Netz-Wissens

Heute fand die erste Sitzung des Seminars «Zur Medienkultur des Netz-Wissens» statt. Das wäre an sich nicht besonders interessant und auch keinen Eintrag in diesem Weblog wert, wenn nicht ein Grossteil des Seminars im eigens dafür eingerichteten Weblog auf dem Rechner des Instituts für Medienwissenschaft stattfinden würde. Dass dies überhaupt möglich ist, verdanke ich der tatkräftigen Hilfe von Oliver Hagmann vom Institut für Medienwissenschaft und von Jan Hodel. Auch an dieser Stelle sei beiden nochmals herzlich gedankt.

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Die Idee mit dem Weblog kam mir, als ich sah, dass sich über 50 Studierende für das Seminar angemeldet hatten. Nun wird ein grosser Teil der eigentlich seminarinternen Kommunikation öffentlich im Weblog abgehalten werden: Literaturlisten, Sitzungsberichte, Essays – dies alles werden wir gemeinsam im Weblog einstellen. Das ist auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär und vielleicht wird es dies auch auf den zweiten Blick bleiben. Es könnte aber sein, dass mit dem Weblog eine Dynamik in die Diskussionen kommt, die wir ohne dieses Medium nicht gehabt hätten. Es sind verschiedene Szenarien vorstellbar: So könnte es sein, dass wir anfangen, in unseren Berichten immer wieder auf andere Beiträge zu verweisen und dass so eine grössere inhaltliche Kohärenz entsteht, als dies sonst bei einsemestrig geführten Seminaren der Fall ist. Es könnte auch sein, dass sich noch während des Semesters Externe in unsere Diskussionen einschalten und auf diese Weise unsere Arbeit beeinflussen. Und schliesslich ist auch nicht auszuschliessen, dass das Material – es werden am Ende des Semesters hoffentlich rund 50 wunderbare Berichte und Essays zum Thema «Wissen im Netz» auf unserem Weblog sein – eine Art von Nachleben entfaltet und das Seminar auf diese Weise sich weiterentwickelt.

HOK Lesen/Schreiben: Stuff & Stir

Ich nutze eine kleine Gelegenheit, den historischen mit dem Online-Teil bei der Historischen Online-Kompetenz zu verbinden. Via Beats Blog bin ich auf die Unterscheidung zwischen Stuff and Stir in der Online-Didaktik (=eLearning) gestossen. Die Bezeichnung wurde vermutlich von Allison Rossett geprägt. Stuff steht für vorgegebene, stoffbasierte, zuweilen auch hochkomplexe und interaktive programmierte eLearning-Szenarien (Lernumgebungen und Online-Kurse), die vor allem für individuelles Selbstlernen genutzt werden. Stir steht für informelle Umgebungen, in welchen die Teilnehmer/innen sich vor allem selber organisieren, miteinander kommunizieren und die Themen und Fragestellungen selber formulieren müssen, also gemeinschaftlich lernen.

Nun, vereinfacht gesagt geht es da um den Gegensatz von Konstruktivismus (=Stir), den die Geschichtsdidaktik seit Jahrzehnten als bevorzugten Weg zu historischem Wissen (oder zu historischen Kompetenzen) postuliert, und Instruktionismus (=Stuff), der im real existierenden Geschichtsunterricht noch immer vorherrscht.

Die Geschichtswissenschaft neigt zur Gewissheit, in der Hochschullehre herrsche ein (geschichtstheoretisch begründetes) konstruktivistisches Paradigma. Ich wage das etwas zu bezweifeln. Nur weil man den Studierenden (abgesehen von inhaltlich vollgestopften und haarscharf am Instruktionismus vorbeischrammenden Einführungskursen) kaum Anleitung bei der Erlernung des geschichtswissenschaftlichen Handwerks zu teil werden lässt, sollte man nicht auf konstruktivistische didaktische Ansätze schliessen.

Vielleicht lohnte es sich, da einmal zwei Sekunden länger darüber nachzudenken, ehe man die „Copy/Paste“-Mentalität der Studierenden beklagt (dazu mehr unter dem Stichwort „Aggregatoren“).

Um auf Stuff and Stir zurückzukommen. Wo sind die Konzepte und Ideen, ICT/Neue Medien im Sinne des „Stir“ auch in den Geschichtswissenschaften (in Lehre und Forschung) anzuwenden? Insbesondere die Komponente des „gemeinschaftlichen“ (oder auch kollaborativen) Lernens ist ja meines Erachtens noch wenig ausgelotet worden. Darin fliessen die Kompetenz-Dimensionen des Lesens und des Schreibens in der Praxis zusammen. Eine erste (noch sehr luftig-abstrakte) Idee habe ich mit dem „hist.collaboratory“ mal skizziert. (PrePrint zum Download).

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HOK Schreiben: Google eröffnet Writely

Nun ist es soweit: die Online-Textverarbeitung, die gleichzeitiges Erfassen und Bearbeiten von Text erlaubt (samt Festlegung, wer den Text bearbeiten, bzw. ihn nur ansehen darf), mit Namen Writely, die Google im März gekauft hat, ist nun (nach einer längeren Phase interner Arbeiten) zugänglich. Wer will kann sich einen Account anlegen. Der Dienst ist kostenlos – es gibt also keinen Grund, ihn nicht auszuprobieren. Allerdings gilt Writely noch als Beta, ist also noch nicht ganz fertiggestellt (und kostet dann irgendwann vielleicht doch etwas). Writely wird in der Presse weniger als Konkurrenz zu kollaborativen Texterfassungs-Systemen wie Wikis, sondern eher als Konkurrent zur Microsofts Textverarbeitung Word aufgefasst. Das heisst meines Erachtens zweierlei:

  1. Kollaboratives Schreiben ist auch mit Word möglich (mit Einschränkungen und: es ist nicht die zentrale Art der Nutzung dieser Software)
  2. Die mutmassliche Nutzung ist wohl wirklich die einer „Online-Textverarbeitung“: A schreibt einen Text und B und C schauen mal drauf und machen Anmerkungen (was mit Wikis nicht so einfach möglich ist). Einfacher, als den Text hin und her zu mailen.

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HOK Schreiben: Neues Kollaborationstool (gekauft durch Google)

Eine Meldung, die gleich zwei frühere Einträge (Neues Kollaborationstool, Einschub zum Thema „Google“) in diesem Blog betrifft: Google kauft Writely.com. Jede und jeder kann sich selber einen Reim darauf machen, was das für die Bedeutung von Webdiensten für kollaboratives Schreiben bedeutet – und was für die Wachstumsstrategie von Google.

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HOK Schreiben: Soziale Beziehungen beim Kollaborativen Schreiben

Angesichts der zentralen Bedeutung, die Lunsford und Ede in ihrer Untersuchung über das kollaborative Schreiben den Machtverhältnissen und Hierarchien in den gemeinsam schreibenden Gruppen beimessen, wird das Potential von Wiki, oder genauer von Wikipedia deutlich.

Lunsford und Ede stellten fest, dass bei den von ihnen untersuchten kollaborativen Schreibprozessen die Machtkonstellationen unterschiedlich mit der tatsächlichen Schreibbeteiligung und der schliesslichen Kennzeichnung der Autorschaft korrelierten. Sie stellten einerseits zwei Typen der Kollaboration fest: einen hierarchischen (Der Chef strukturiert, die Unterstellten schreiben, der Chef entscheidet) und einen kollegialen (alle Beteiligten entwickeln gleichberechtigt den gemeinsamen Text).
Allerdings müsse der hierarchische Typus keineswegs immer in der (aus der Sicht der kritischen Theorie naheliegenden) ausbeuterischer Form vorliegen. Der hierarchische Modus könne auch mit geteilter Macht und Autorschaft sehr effizient zu Prozessen und schliesslich Ergebnissen führen, die für alle Beteiligten sehr zufriedenstellend seien (S. 134).

Auch bestehe kein zwingender Zusammenhang zwischen Macht und Einfluss bei der Textgestaltung und Autorschaft beim Endprodukt. Es gäbe hier verschiedene Mischformen.

Entscheidend scheint mir folgende Feststellung von Lunsford und Ede in Bezug auf das von ihnen untersuchte Sample, das vor allem aus männlichen, angelsächsischen Weissen aus Wissenschaft, Privatunternehmen und Verwaltung bestand: „The fact that collaborative writing is so readily accepted in this world may be connected to this world’s homogeneity. What, we wonder, will result when such a context changes, when the professional work scene is populated much more by women and people of color?“ (S. 138)

Auch wenn die Frage offen bleiben muss, warum zu Ende der 1980er Jahre diese Durchmischung in den USA offenbar noch nicht stattgefunden hat (oder haben soll) – interessant bleibt der Aspekt der Homogenität. Er bezieht sich auch darauf, dass die Beteiligten an kollaborativen Prozessen sich gegenseitig bekannt sind. Das heisst, es herrschen soziale Beziehungen, eventuell auch Machtgefälle zwischen den Beteiligten, die sich in den Arbeitsprozessen abbilden können. (Anmerkung: Lunsford und Ede untersuchten konventionelle Formen des kollaborativen Schreibens, ohne Unterstützung durch neue Informationstechnologien wie das Internet).

In dieser Hinsicht bietet Wikipedia eine interessante Alternative an. Hier können einander Unbekannte gemeinsam an einem Text arbeiten. Die sozialen Beziehungen zueinander werden erst im Verlaufe der Arbeit bestimmt. Dass dieser Prozess relativ unklar ist, bzw. sich zumindest nicht an etablierten Strukturen ausrichtet, sondern im Prinzip einen egalitären Ansatz verfolgt (die Schülergruppe von 15-jährigen ist genauso teilnahmeberechtigt wie gestandene Professorinnen und Professoren) trägt auch zur Verunsicherung bei, welche die Scientific Community beim Experiment Wikipedia beschleicht.

Dies ist eine soziale Konstruktion, keine technische. Denn Wikis können auch zur Erarbeitung von Texten dienen, an denen Personen beteiligt sind, die sich bekannt sind und deren Beziehung zueinander geklärt ist. Der Einfluss der Technik auf die Zusammenarbeit dürfte vergleichsweise klein sein und sich vor allem auf Effizienzsteigerung und Flexibilität beziehen.

Selbst die Aufzeichnung von Veränderungen gegenüber früheren Versionen mit Verweis auf die Autorschaft, die die Veränderung verantwortet, sowie die Archivierung aller früheren Versionen ist an sich nicht neues. Viele kennen diese Hilfsmittel vom verteilten Arbeiten mit Word-Dokumenten. Doch dass diese Aufzeichungen dem Wiki-System derart zugrunde liegen, dass das Wikipedia-Projekt mit dem Prinzip der Accountability überhaupt starten und sich entwickeln konnte, ist eine wichtige Differenzierung gegenüber früheren technischen Lösungen von Kollaborationshilfsmitteln, die entscheidenden Einfluss auf die Art der Kollaboration hat.

Literatur:
Ede, Lisa, Lunsford, Andrea: Singular texts/plural authors. Perspectives on collaborative writing, Carbondale: Southern Illinois University Press 1992

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