Alle Beiträge von Jan Hodel

Information, Reflexion, Publikation: Was (Geschichts-) Weblogs sein können

Das Thema Weblog und seine Potentiale für die Geschichtswissenschaften – und vor allem die Frage, warum diese Potentiale nicht genutzt werden – beschäftigt uns in den letzten Wochen, im Kontext des Workshops in Basel am 12. November, wieder etwas intensiver – nachdem die Vorstellung des Nachrichtendienst für Historiker als Weblog des Monats Juni schon zu einer kurzen Auseinandersetzung über die Frage geführt hat, was ein Weblog überhaupt sei.

Hier soll ein erster Versuch gemacht werden, einige grundlegende Funktionen von Weblogs zu benennen, die für die Geschichtswissenschaften und damit für Historikerinnen und Historiker von Bedeutung sein könnten. Vielleicht kann dieser Versuch beim Ansinnen hilfreich sein, den Nutzen von Weblogs und deren Einsatzmöglichkeiten in geschichtswissenschaftlichen Arbeitszusammenhängen besser zu verstehen und entsprechende Initiativen zu entwickeln.
Kern dieser Überlegungen ist die Eigenschaft von Weblogs als „Selbstverlags-Tool“, zur persönlichen oder gruppenspezifischen Profilbildung in der Scientific Community dienen zu können. Dabei lassen sich die verschiedenen Ausprägungen dieser Profilbildung mit den Kategorien Information, Reflexion und Publikation fassen. Dabei müssen Weblogs keinesfalls nur eine oder alle dieser Kategorien abdecken; Mischformen mit Beiträgen, die mal zur einen oder anderen der genannten Kategorien gezählt werden können, sind die Regel.
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AGFNZ – Geschichtsblog des Monats November 2010

Erstaunlicherweise tauchen in den letzten Monaten immer mehr Weblogs in der Geschichtsblogosphäre auf: solche von Einzelpersonen aber auch solche von Gruppen und Institutionen. Zu letzterem zu zählen ist das im September eröffnete Weblog der Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit (AGFNZ) des deutschen Historikerverbands. Das Weblog ist Teil des Webauftritts der AGFNZ, der das Fachgebiet und die AG vorstellt und Informationen zu Studienmöglichkeiten und zur Behandlung der Epoche in der Schule anbietet. Allerdings sucht auch dieses Weblog ein wenig nach seiner Bestimmung, scheint sich also gut einzufügen in die hier auch schon behandelte Diskussion zur Frage, was Geschichtsblogs sind, sein könnten oder sein sollten.

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Nachdenken über Weblogs – oder: Nachwirkungen eines analogen Kaffeekränzchens


Kaffeekränzchen anno 1955

Nach einer Woche voller Termine (unter anderem einem Online-Gast-Vortrag in der Lehrveranstaltung „Digitale Arbeitsmethoden“ von Alexander König an der Uni Saarbrücken – schön zusammengefasst hier) hat das zurückliegende (kurze) Wochenende etwas Musse eröffnet, über den Workshop vom 12. November etwas intensiver nachzudenken. Mittlerweile sind ja freundlicherweise bereits einige bloggenden Kollegen in die Bresche gesprungen und haben Ihre Eindrücke bereits mitgeteilt (Dank an dieser Stelle an Kollega die Kolleg/innen Schneider, Sarti, Kelly, Schmalenstroer und Cornelissen).

Das Bild des „Kaffeekränzchens“, das Kollega Schneider – leicht enttäuscht, wie ich unterstelle – in seiner Reaktion auf den Workshop verwandte, hat mich ins (durchaus positive und anregende) Grübeln gebracht. In dieser Formulierung verbergen sich ja Erwartungen und Ansprüche an den Inhalt und die Form eines Diskurses, die offenbar nicht erfüllt worden sind. Weiterlesen

Apologies, edwired

Da haben wir vor lauter Freude über unser eigenes Jubiläum übersehen, dass das Weblog edwired von Kollega und histnet-Co-Blogger Mills Kelly ebenfalls gerade eben seinen fünften Geburtstag gefeiert hat. Deshalb an dieser Stelle ein nachträgliches „Happy Birthday“! Nur kurz nach unserem Weblog gestartet, hat Kelly in den vergangenen fünf Jahren 375 Beiträge publiziert – was gegenüber unseren eben gefeierten 1000 nach wenig ausschauen mag (zu denen Kelly übrigens 17 beigetragen hat…). Allerdings verzichtet Kelly in der Regel auf so kurze Postings wie diesem hier, sondern stellt in der Regel seine Überlegungen zu einem Thema etwas ausführlicher dar. Seine Weblog-Philosophie wird er nächste Woche am Workshop über das Verhältnis der Geschichtswissenschaften zu Web 2.0 noch eingehender erläutern (auf das hier ja bereits eingehend hingewiesen worden ist). Ein bemerkenswertes Indiz hierzu: Kelly hat mit seinen 375 Einträgen 700 Kommentare angeregt – wir mit unseren 1000 Einträge lediglich 1200…

Q History – Geschichtsblog des Monats Oktober 2010


Der Geschichtsblog dieses Monats ist ein weiterer Vertreter der Cross-Media-Blogs: Institutionen oder Redaktionen setzen sich mit historische Themen auseinander und verteilen die Produkt in verschiedenen Medien-Kanälen. Das ist beispielsweise beim BBC History Blog so gewesen. Bei Q History handelt es sich um ein Sendegefäss des Campus-Radio „Q“, eines Hochschulrundfunk-Projektes, dass seit 1999 in Münster auf Sendung ist. Radio Q ist ein Programm von Studierenden für Studierende und deckt (nebst dem Senden von Musik) verschiedene Interessen von Hochschulangehörigen ab. Hierzu gehört auch das Magazin Q History, das im Sommersemester 2009 an den Start ging und von einer fünfköpfigen, vermutlich Geschichte studierender ((leider wird das auf den einschlägigen Seiten nicht nicht näher erläutert)) Redaktion betreut wird. Begleitend zu den monatlichen Radio-Sendungen, die sich immer einem bestimmten Thema zuwenden, publiziert die Redaktion die Inhalte der Sendungen auch noch aufbereitet auf dem sendungseigenen Weblog.
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Geheimnisse der Geschichte

Das Interessante am Web und besonders am Web 2.0 ist m.E. seine Funktion als Marktplatz von Fragen und Antworten an, über und aus der Geschichte. Da sieht ein Regisseur ein Filmchen aus dem Jahre 1928, das aus dem Bonus-Material von Charlie Chaplins „Circus“ stammt, und sieht in diesen bewegten, unscharfen Schwarzweiss-Bildern eine Frau, die sich etwas ans Ohr hält und vor sich hinspricht (siehe obigen Youtube-Film). Ein Mobiltelefon? 1928? Wie kann das sein? Es gibt natürlich nur eine logische Erklärung: Weiterlesen

„Phone Home“ (by Stapferhaus)

Das hatte mich damals, 1982, seltsam berührt, als E.T. mit leuchtendem Finger „E.T. nach Hause telefonieren“ brabbelte ((im englischen Original „E.T. phone home“; aber das habe ich damals ebenso wenig mitbekommen wie das legendäre „Space – the final frontier„, das ich nur als „Der Weltraum – unendliche Weiten“ kannte; jaja, Filme oder gar Fernseh-Serien mit in Originalsprache mit Untertiteln lernte ich erst später kennen)): Ausserirdische, die Heimweh hatten – das machte das fremde Wesen doch viel weniger bedrohlich, das war ja schon fast eine vertraute menschliche Seite, die man aus eigener Schulausflug- und Pfadi-Lager-Erfahrung kannte.

Ich weiss nicht, wie das Team vom Stapferhaus auf ihren Titel gekommen ist, aber ganz offensichtlich geht es bei ihrer neusten Austellung („Home – Willkommen im digitalen Leben„), die am Freitag eröffnet wurde, auch darum, die Vertrautheit des „digitalen Heims“ zu thematisieren – und sei es nur, indem man das Fehlen einer solchen Vertrautheit feststellt, anprangert oder bedauert.
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Audiovisuelle Medien als Forschungsgegenstand und historische Quelle

Vorgestern Freitag und gestern Samstag fand in Zürich das diesjährige Memoriav-Kolloquium statt, dessen (aus der Sicht der Geschichtswissenschaft) etwas verwirrend scheinender Titel deutlich machen sollte, dass auch andere Disziplinen sich mit dem audiovisuellen Kulturgut befassen, um deren Erhalt sich Memoriav bemüht.

Das Kolloquium bot denn auch einen bunten Strauss an Projekten und theoretischen Erwägungen, die das Kulturgut „Audiovisuelles Medium“ zum Gegenstand ihres Interesses machten. Leider liess diese weit gefasste Anlage der Tagung den roten Faden etwas vermissen: Worum ging es noch einmal? Ok, um audiovisuelle Medien, als Quelle – oder als Forschungsgegenstand. Das gilt zumindest für den Freitag, den Samstag konnte ich leider nicht mitnehmen.
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1000 Artikel in 5 Jahren weblog.histnet – der Anfang vom Ende oder das Ende vom Anfang?

Was vor 5 Jahren als bescheidener Selbstversuch begonnen hat, hat vor kurzem eine beachtliche Marke erreicht. Unser Weblog, gestartet am 25. September 2005 mit dem obligaten Eröffnungspost zur Frage «warum dieser Blog?», hat gestern den 1000. Artikel publiziert – verfasst von Kollega Haber, der mich mittlerweile in punkto Publikationsfleissigkeit und Publikumsinteresse auf diesem Weblog ((in anderen Bereichen gab es nix zu überholen)) schon seit geraumer Zeit überholt hat, und sinnigerweise inhaltlich den Umstand betreffend, dass wir in den Wissenschaftsblog-Charts auf Rang vier vorgestossen sind.

Es gäbe nun verschiedene Möglichkeiten, dieses Jubiläum zu begehen: Einen Rückblick mit den herausragenden Blogposts der letzten Jahre – den längsten, den am meisten diskutierten, den schönsten, den witzigsten usw. – vielleicht ein Wettbewerb, um einen solchen Beitrag durch unsere Leserschaft küren zu lassen (Vorschläge können im Kommentar angebracht werden), Offline-Feierlichkeiten verschiedener Ausprägungen, eine Festschrift oder ein Online-Denkmal. Oder die Einstellung des Weblogs.
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N’oubliez pas le guide

Irgendwann Anfang der 80er Jahre besichtigte ich als Teenager mit Eltern und Bruder die Wehranlagen von Carcassonne. Oder, präziser: Ich nahm an einer Führung teil. Ich verstand zwar kein Wort dessen, was der „guide“ (oder die „guide“, denn es war eine Frau) uns über die historische Bedeutung der Stadtmauern mitteilen wollte, jedenfalls erinnere ich mich nicht mehr (Stichwort „Vergessen“). Woran ich mich aber erinnere war der obligate Spruch am Ende der Führung, der in Frankreich zur stehenden Redewendung geworden ist: „N’oubliez pas le guide!“ Die Aufforderung, das Nicht-Vergessen nicht zu vergessen, war nicht als Bitte gemeint, die Führung in guter Erinnerung zu behalten, sondern wollte sicherstellen, dass der Person, welche die Führung durchgeführt hatte, beim Abschied ein Trinkgeld entrichtet würde.

Die Episode fiel mir ein bei der Vorbereitung für einen Workshop, den ich an der Fachtagung „Geschichtsvermittlung am originalen Schauplatz“ moderieren soll, die am 16. und 17. Oktober im Rahmen der 700-Jahr-Feierlichkeiten des Klosters Königfelden stattfindet. Der Workshop (als einem von acht) soll sich mit der Frage befassen: „Hat Historisches Lernen am originalen Schauplatz angesichts von Wikipedia, TV-Dokumentationen und Online-Museen noch Zukunft?“ Ich meine: Ja.

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Internet? Zum Vergessen.

Viktor Mayer-Schönberger hat ein Buch darüber geschrieben, dass dem Internet das Vergessen beigebracht werden müsste. Zu viele private und kompromittierende Daten schwirrten durch das Internet und brächten die Leute in Schwierigkeiten, etwa wenn Leute entlassen (oder gar nicht erst eingestellt werden), weil auf Facebook freizügige Fotos der letzten Beach-Party zu sehen sind. Dass Herr Mayer-Schönberger ein (angesehener) Jurist ist, der sich mit der Rechtsetzung im Bereich der Informationstechnologie befasst, erklärt, warum er gerne eine juristische Lösung mit „Verfalldaten“ einführen würde, an denen heikle Daten im Netz automatisch gelöscht werden sollen. Wäre Herr Mayer-Schönberger Archivar, Medienwissenschaftler oder Soziologe, würde er das Problem wohl aus einer anderen Warte betrachten und entsprechend zu einem anderen Schluss kommen. Weiterlesen

Geschichtsunterricht der Zukunft?


Ist das die Schule der Zukunft? Spötter/innen würden wohl ätzen, dies sei doch eher die Gegenwart der Schule – wenn der Lehrer grade etwas an die Tafel schreibt.

Während an der Frankfurter Buchmesse die (natürlich digitale) Zukunft des Buches (wieder einmal) verhandelt wird, ((Kollega Haber ist vor Ort und wird uns sicher seine Einschätzungen mitteilen – wer nicht so lange warten mag, kann sich schon mal Frederico Heinz‘ Ausführungen in der Zeit zu Gemüte führen)) wird an anderen Orten der Unterricht der Zukunft geprobt (und damit auch die Zukunft des Geschichtsunterrichts). Konkret: in Goldau; konkreter: in einer sechsten Primar-(=Grund-)Schul-Klasse mit einem Smartphone; noch konkreter: im Rahmen eines Forschungsprojektes der Pädagogischen Hochschule Schwyz, unter der Leitung von Kollega Beat Döbeli (hier auch schon erwähnt) – so steht es in einem Artikel im heutigen Tages-Anzeiger.
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„Historikertag“ – Geschichtsblog des Monats September 2010

Schon der letzte Historikertag anno 2008 wurde von einem Weblog begleitet – und dieses hier als Geschichtsblog des Monats September 2008 vorgestellt. Das Weblog war seinerzeit das Ergebnis studentischen Engagement im Rahmen eines Seminars. Nun, 2010, wird der kommende Historikertag wieder von einem Weblog begleitet, doch dieses Mal ist der Auftritt deutlich professioneller. Zwar ist das Weblog zum Historikertag nicht integraler Bestandteil der offiziellen Website, was die ungeübten Betrachter/innen etwas verwirren mag, ist dafür aber im renommierten Wissenschafts-Blog-Netzwerk ScienceBlog integriert.
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Die Zukunft des Buches, noch eine weitere Version

The Future of the Book. from IDEO on Vimeo.

Ideo, eine Agentur für Gestaltung und Design, nutzt (wie andere auch) den aktuellen Hype um Tablets und E-books, um in einer schön aufgemachten Video-Präsentation über die Zukunft des Buches nachzudenken. Sie präsentieren drei Konzepte, wie das Buch in der Zukunft aussehen könnte. „Nelson“ betrifft vor allem Sachbücher und ihre Wirkung in der Öffentlichkeit und konzentriert sich auf die Vernetzung von Hintergrund-Informationen und öffentliche Diskurse. „Coupland“ betont den sozialen Kontext von Buchlektüre und ermöglicht den Austausch über Leseerfahrungen in einem privaten oder professionellen Netzwerk. „Alice“ spekuliert über die interaktiven Möglichkeiten der digitalen Belletristik. Werden die Bücher in 10, 15 Jahren so aussehen? Weiterlesen