Alle Beiträge von Peter Haber

Google und die Bayerische Staatsbibliothek?

Im Börsenblatt lesen wir: „Offenbar hat der Suchmaschinenbetreiber Google den ersten deutschen Partner für sein Bibliotheks-Projekt Book Search Library gefunden. Nähere Informationen wollen die Bayerische Staatsbibliothek und Google Deutschland bei einer Pressekonferenz morgen in München mitteilen. Bisher haben sich zwölf Bibliotheken dem Projekt angeschlossen; zuletzt kam die Princeton University dazu.“ Damit wäre zu ersten Mal eine Bibliothek aus dem deutschen Sprachraum beim umstrittenen grossen Digitalisierungsprojekt von Google mit dabei. Wir sind gespannt.

Die Digitalisierung der Neuen Zürcher Zeitung

Beim Versuch, eine Übersicht über aktuelle und abgeschlossene Digitalisierungsprojekte in der Schweiz zu erstellen, bin ich auf das riesige Projekt der Neuen Zürcher Zeitung gestossen, alle bisherigen Ausgaben zu digitalisieren. Das sind immerhin zwei Millionen Seiten. Das Projekt ist recht gut dokumentiert:

Natürlich interessiert vor allem die Frage, ob und zu welchen Bedingungen die Digitalisate zugänglich sind oder sein werden. Meines Wissens ist zur Zeit nichts öffentlich zugänglich – weder kostenlos noch gegen Entgelt. Wie die Pläne für die Zukunft aussehen, weiss ich natürlich nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die NZZ sich ein gutes Marketing-Konzept überlegen wird und dann das Material in der einen oder anderen Weise veröffentlichen wird.

BOA – Baden-Württembergisches Online-Archiv

Den unschätzbaren Wert der Wayback-Machine des Internet Archive dürften wohl die meisten auch online recherchierenden Historiker kennen. Nun tauchen langsam die ersten ähnlichen Archive im Netz auf, die sich spezifisch auf einen Bereich konzentrieren und zudem das Material wesentlich präziser erschliessen, als dies die mehr oder weniger automatisierten Harvester des Internet Archive tun. Ein sehr gelungenes Beispiel ist das kürzlich auf der Archivliste der Archivschule Marburg vorgestellte Baden-Württembergische Online-Archiv (BOA): «Im BOA-Projekt sichert das Landesarchiv die Netzkultur Baden-Württembergs für die Nachwelt. Ohne die Websites des Landes und seiner Bürger wird man unsere Zeit in hundert Jahren nicht mehr verstehen können. Seit Sommer 2006 werden daher derzeit 23 Internet-Auftritte von Landesbehörden und von Einrichtungen mit Landesbeteiligung archiviert.»

Neue Studie: Digitalisierung in Museen

In Inetbib gelesen: «Das Schweizerische Institut für Informationswissenschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Chur (CH) führte mit Förderung der Stiftung Datenbank Schweizerischer Kulturgüter (DSK) im Sommer 2006 eine umfassende Bestandsaufnahme zum Stand der Digitalisierung in den rund 1000 Museen der Schweiz durch. Die Ergebnisse werden in folgender Studie umfassend dargestellt: Ch. Bieber, J. Herget: Stand der Digitalisierung in den Museen der Schweiz – Internationale Referenzprojekte und Handlungsempfehlungen.» Erster Eindruck: sehr lesenswert und informativ! Und ausserdem aktuell und gut recherchiert – wie eigentlich alle Beiträge in dieser interessanten Reihe aus Chur!

Pingelig?

Eine Anekdote zwar nur, aber vielleicht lässt sich an ihr die Malaise des wissenschaftlichen Publikationswesens ein wenig aufzeigen. Ich gehöre zu derjenigen Kategorie Leser, die gerne und regelmässig nicht nur den Haupttext, sondern auch die Fussnoten und die bibliographischen Anhänge eines Textes lesen und auswerten. Es kommt sogar vor, dass ich mich zuerst durch die Fussnoten lese und erst dann mit dem Haupttext beginne. Meistens kann ich mir auf diese Weise wesentlich schneller ein Bild vom Inhalt des Textes machen, als wenn ich den Werbetext (sog. «Abstract») lesen würde.

Vor wenigen Minuten traf in meiner Mailbox ein Text ein, den ich über Subito bestellt hatte. Im Text wurde die moderne (und äusserst leser/innen-unfreundliche) Kurzzitierweise verwendet, bei welcher Autor und Jahreszahl in Klammer im Lauftext genannt werden. Das sieht nicht nur hässlich aus, sondern zwingt mich, dauernd zwischen Haupttext und Literaturverzeichnis hin und her zu wechseln. Aber die Anekdote soll von etwas anderem erzählen: Bei den ersten fünf Literaturangaben waren bei zweien die Jahreszahlen falsch, eine Angabe war falsch geschrieben und eine fehlte vollständig in der Literaturliste. Und das Thema des Aufsatzes? Die Geschichte des wissenschaftlichen Schreibens … (das ist kein Witz!)

Ich habe keine Ahnung, ob das Literaturverwaltungsprogramm des Autors von einem Virus heimgesucht wurde oder ob der Lektor den Text im Delirium gelesen hatte – ich als Leser komme mir auf jeden Fall reichlich blöd vor, wenn mir so ein Text vorgesetzt wird. Wenn nämlich dies das Niveau des wissenschaftlichen Publizierens sein soll, kann es nicht verwundern, dass immer lauter über den Nutzen der Geisteswissenschaften nachgedacht wird (übrigens ist diese hörenswerte Sendung, auf die ich hier verlinke, leider nicht mehr als Audiodatei im Netz; ob jemand diese vielen Podcasts irgendwo sammelt …?).

Geld verdienen mit wissenschaftlichen Informationen?

Da soll noch einer behaupten, wissenschaftliche Informationen seien kein gutes Geschäft. Das Fachmagazin des deutschen Buchhandels, das Börsenblatt, berichtet, dass der niederländische Fachinformationskonzern Wolters Kluwer seinen Umsatz im vergangenen Jahr um neun Prozent, den Gewinn sogar um 16 Prozent steigern konnte. Glückwunsch! Nur: Auf wessen Kosten gehen diese immensen Gewinne? Wenn man sich den Publikationsmarkt für historische Bücher anschaut, kommen andere Gefühle auf. Eine sehr lesenswerte Publikation hat kürzlich diesen Markt analysiert und kam – wenig überraschend – zum Schluss, dass der historische Buchmarkt in einer tiefen Krise steckt. Eine assoziative Ergänzung zum Thema für Kurzentschlossene: Morgen Donnerstag findet in Bern die Frühjahrestagung der Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) zum Thema «Open Access. Vom Prinzip zur Umsetzung» statt. Mehr zum Thema Open Access gibt es übrigens hier!

secondhistory.com II

Okay, secondlife.com ist seit einigen Wochen unglaublich hype. Deshalb ist es wohl sinvoll, wenn auch wir darüber schreiben. Obgleich ja immer noch die Faustregel gelten sollte, dass man von Themen, die auf der Titelseite der Tagespresse auftauchen, lieber die Finger lassen soll, weil das Aushandeln der Definitionsmacht und die Mechanismen der medialen Präsenz nicht mehr kontrollierbar sind. Ich schlage deshalb vor, dass wir hier, in unserem kleinen, bescheidenen Weblog auch die Finger lassen von secondlife.com und dieses Thema lieber denjenigen überlassen, die da mehr Ausdauer und vielleicht auch Sachkenntnis haben. Was mich aber wirklich interessiert und was ich an dieser Stelle gerne weiterdiskutieren möchte, ist die Frage nach den Auswirkungen von secondlife.com auf die Geschichte, die Geschichtswissenschaft und das, was man landläufig das Geschichtsbewusstsein nennt. Was mir noch ein wenig unklar ist: Wie wollen wir die Sache angehen? Selber eine Veranstaltung anbieten in secondlife.com? Oder ein historisches Archiv aufbauen?

secondhistory.com

Im nächsten Semester wird an der Uni Leipzig eine ziemlich spezielle Lehrveranstaltung stattfinden. Die Medienwissenschafterin Karin Wehn (siehe auch hier) hat vor einigen Tagen in einer Radiosendung auf SWR2 angekündigt, sie werde einen Kurs anbieten, der nicht im Hörsaal oder auf einer universitären eLearning-Plattform stattfinden wird, sondern auf www.secondlife.com. Secondlife.com ist eine dreidimensionale Simulationsplattform, die über das World Wide Web läuft und bereits über 3 Millionen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählt. – Was bedeutet dieser Schritt für die Geschichtswissenschaft? Was heisst Authentizität im Kontext von secondlife und wie lässt sich Geschichtlichkeit und Geschichtsbewusstsein in secondlife denken. Wird es in secondlife einen Ort der Geschichte geben, der bestehen kann, ohne auf die Geschichte im realen Leben zu rekurrieren, also bestehen kann ohne eine Konstruktion qua firstlife? Zugespitzt formuliert: Wird es in einer gar nicht mehr so fernen Zukunft eine Art von secondhistory.com geben? Affaire ? suivre …

Das Internet als Raum Historischen Lernens

Heute begann in Schleswig die Konferenz „Das Internet als Raum Historischen Lernens„. Organisiert wird die Veranstaltung vom Institut für Zeit- und Regionalgeschichte an der Universität Flensburg. Den Eröffnungsvortrag hielt Waldemar Grosch von der Pädagogischen Hochschule Weingarten. In seiner Bestandesaufnahme bot er einen recht informativen Überblick über den aktuellen Stand in Sachen Neue Medien im Geschichtsunterricht. Anhand von zahlreichen Beispielen zeigte er – praxisnah und sehr anschaulich – die breite Palette der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Google, Wikipedia, pastperfect.at und natürlich viele historische Lernspiele – es waren die bekannten Beispiele, aber Grosch präsentierte sie kritisch und reflektiert und mit vielen Bezügen zur Unterrichtspraxis.

Mit BibTip auf dem Weg zum Opac 2.0?

Amazon hat es vor Jahren schon vorgemacht, jetzt folgen die Bibliotheken: Zusätzlich zu den eigentlichen Treffern einer Abfrage in einem Bibliothekskatalog sollen in Zukunft auch Empfehlungen mitgeliefert werden, was auch noch interessant sein könnte für die aktuelle Recherche. BibTip nennt sich eines dieser Angebote und es soll funktionieren, ohne dass von Seiten des Kataloganbieters die Installation zusätzlicher Software notwendig ist, wie die UB Karlsruhe, die diesen Dienst entwickelt hat, schreibt. Gefördert wurde dieses Projekt übrigens von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die schon längst zu einem der aktivsten Promotoren neuer Netzanwendungen für die Wissenschaften geworden ist. Passend zu diesem neuen Dienst übrigens der Aufsatz mit dem schlicht grandiosen Titel «Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch folgende Einleitung gelesen», den der transcript-Verlag freundlicherweise als Leseprobe ins Netz gestellt hat. Wer BibTip ausprobieren will, dem sei zum Beispiel der Katalog der UB Karlsruhe empfohlen (via Inetbib).

EndNote wird mit EndNote Web netzfähig

EndNote, ein weitverbreitetes und in einigen Punkten sehr mächtiges Bibliographier-Werkzeug, geht online, wie Macworld berichtet! Eine neue Web-basierte Version von EndNote macht es möglich, die eigenen Literaturangaben online zu verwalten und mit anderen zu teilen. Die Universität Basel hat bereits eine Campus-Lizenz für alle Angehörigen der Uni erworben und hat eine gute Übersicht ins Netz gestellt, in der EndNote und EndNote Web verglichen werden. Wir müssen es – nicht einmal neidlos – zugeben: Lit-Link, das kostenlose Bibliographiertool speziell für Historikerinnen und Historiker, kann zwar viel (und auch einiges mehr als EndNote!), aber eine Web-Schnittstelle haben wir noch nicht einbauen können. Ebenfalls zugeben können wir indes, dass wir schon seit längerem ähnliche Pläne haben, allerdings fehlt uns noch das nötige Kleingeld, um die schönen Ideen auch umsetzen zu können. Wir werden EndNote Web demnächst testen und an dieser Stelle wieder berichten.